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Rot-Rot: Büchereien sollen auch sonntags öffnen

Die Berliner Regierung will das Arbeitszeitgesetz ändern. Finanzieren müssten die Sonntagsöffnung allerdings die Bezirke. Diese sehen derzeit wenig Spielraum.

Wer sonntags ein bisschen lesen will, zu Hause aber schon jedes Buch im Regal kennt, der kann bisher allenfalls auf Fachliteratur zugreifen. Nur wissenschaftliche Präsenzbibliotheken dürfen auch am Sonntag öffnen, andere öffentliche Büchereien sind geschlossen. Die rot-rote Koalition möchte das ändern. Mit einem entsprechenden Antrag wollen die Fraktionen von SPD und Linken am heutigen Donnerstag im Abgeordnetenhaus eine freiwillige Sonntagsöffnung von Bibliotheken ermöglichen und dazu eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes in die Wege leiten.

Bibliotheken seien heute schließlich längst nicht mehr bloße „Ausleihstandorte“ von Büchern, sondern Orte kultureller Kommunikation und Bildung, lautet die Begründung. Als solche sollen sie deshalb, ebenso wie Opern, Museen und Theater, auch am Sonntag öffnen können, erklärt der Linken-Abgeordnete Wolfgang Brauer.

Unterstützung findet der Antrag auch beim Deutschen Bibliotheksverband. Seine Vorstandsvorsitzende Monika Ziller hält die derzeitige Regelung für überaltert und eine Sonntagsöffnung für alle Bibliotheken für dringend notwendig. Torsten Wöhlert, Sprecher der Senatskanzlei, legt Wert darauf, dass die rot-rote Initiative Bibliotheken lediglich die Möglichkeit zur Sonntagsöffnung bietet, aber diese nicht verpflichtend regeln will. So könne sich jede Bibliothek dem Nutzerverhalten der Besucher anpassen und selbst entscheiden, wann sie geöffnet habe, sagt Wöhlert.

Kritischer sieht die Gewerkschaft den Vorstoß. Kleinere Bibliotheken würden sonntags wohl auch dann nicht aufmachen, wenn dies rechtlich möglich sei, erwartet Cornelia Haß, Sprecherin des Bundesvorstandes der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Denn derzeit seien viele öffentliche Bibliotheken nicht einmal in der Lage, einen Sechs-Tage-Betrieb zu finanzieren. Deswegen ist die Gewerkschaft gegen die Sonntagsöffnung. Zudem soll der Sonntag ein arbeitsfreier Tag bleiben, meint Haß. Seit Jahren versucht der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) eine derartige Initiative voranzutreiben, scheiterte aber bis jetzt vor allem an der Frage der Sonntagsarbeit, sagt Claudia Lux, Generaldirektorin der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin. Für die ehemalige DBV-Vorsitzende ist ein unbeschwerter Zugang zu Bildungseinrichtungen aber extrem wichtig. Daher begrüßt sie die Initiative.

In Berlin sind die Bezirke für die Bibliotheken zuständig. Sie müssten die Sonntagsöffnung personell und finanziell stemmen. Wie aber sollen die notorisch klammen Bezirke das leisten? Linken-Politiker Brauer meint, das Personal könne an besucherschwachen Tagen in der Woche abgezogen und auf die Sonntage verteilt werden. Auch Monika Ziller vom DBV ist sich der Finanzprobleme der Bibliotheken bewusst. Wichtig sei zunächst aber, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Sonntagsöffnung zu schaffen. Eine derartige Neuregelung würde auch Jeanette Lamble, Sprecherin der Staatsbibliothek zu Berlin, begrüßen. Dass den Lesern die Türen zu den Büchereien dann am Sonntag auch tatsächlich offen stehen, hält sie angesichts der gegenwärtigen Finanzsituation aber für unwahrscheinlich.

Jenny Zeidler

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