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Palästinenserpräsident Mahmud Abbas spricht vor der UN-Generalversammlung im September 2015.

© AFP

Gewaltwelle in Israel: Abbas hat Hass gesät und wird Elend ernten

Seit Wochen werden Menschen in Israel von arabischen Attentätern ermordet. Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, liefert ihnen die ideologische Munition. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Johannes C. Bockenheimer

Was haben Regentropfen, Hagelkörner und Schneeflocken mit Terroristen gemeinsam? Sie alle fallen vom Himmel - unvermittelt, einfach so. Das zumindest versucht Mahmud Abbas, Präsident der palästinensischen Autonomiebehörden derzeit der Welt weiszumachen. Leider mit Erfolg.

Seit vier Wochen werden auf israelischen Straßen Menschen attackiert - mit Schusswaffen, Messern und Schraubenziehern. Dutzende Menschen wurden bislang von arabischen Attentätern getötet, Dutzende mehr wurden verletzt. Erschreckend: Unter den Steinewerfern und Messerstechern finden sich auch Jugendliche. Abbas seinerseits mimt den unschuldigen Jungen, der - trotz Kuchenkrümel an der Oberlippe - darauf besteht, das Gebäck nicht angerührt zu haben. Er habe nichts ausgefressen, die jüngste Gewaltwelle nicht initiiert, ließ Abbas vor einer Woche die Welt wissen.

Worte und Waffen

Wahr ist, dass Abbas weder Messer schleift, noch Schusswaffen ausgibt. Richtig ist aber auch, dass er mit Worten schießt und den Attentätern ihre ideologische Munition liefert. „Wir preisen jeden Tropfen Blut, der für Jerusalem geflossen ist“, dröhnte Abbas Mitte September. Einen Tag zuvor hatten junge Männer in Jerusalem Steine auf das Auto von Alexander Levlovitz geschleudert. Der 64-Jährige raste gegen einen Strommast und starb.

Das Problem ist doch, dass die ewig " gestrigen " immer noch die Politik Israels und Palästinas bestimmen. Alte Männer (nicht respektlos gemeint) die immer noch in der Vergangenheit leben, Konflikte immer wieder auf den Tisch bringen die Jahrzehnte zurückliegen...

schreibt NutzerIn samycat

Als Aufhänger für die jüngste, die dritte Intifada muss erneut der Tempelberg herhalten. „Die Al-Aqsa Moschee gehört uns”, sagte Abbas vor vier Wochen und machte im nächsten Atemzug deutlich, dass er verhindern werde, dass die Juden sie mit ihren „schmutzigen Füßen entweihen“. Er verschwieg gleichwohl, dass israelische Polizisten bei einer Razzia in der Moschee zuvor Dinge gefunden hatten, die man im Club-Zentrum der Hells Angels, nicht aber in einem frommen Gotteshaus vermutet: Feuerwerkskörper, Schlagstöcke und Rohrbomben.

Abbas legt Feuer

Abbas hätte die Umwidmung des Gebetshauses zur Waffenkammer brandmarken und die Extremisten aus dem Verkehr ziehen können. Doch das tat er nicht; er legte lieber Feuer. Israel schmiede einen geheimen Plan, um das muslimische Heiligtum in Jerusalem an sich zu reißen, tönte er nach dem Polizeieinsatz – dabei wird auch ihm nicht entgangen sein, dass sich am Status quo dort seit 1919 nicht viel verändert hat.

Damals, lange vor der israelischen Staatsgründung, wurde zwischen Zionisten und Arabern im Faisal-Weizmann-Abkommen verabredet, dass der Tempelberg unter muslimischer Kontrolle stehen solle. Die Israelis haben sich an diese Vereinbarung gehalten, als sie nach dem Sechstagekrieg 1967 die Kontrolle über das Gebiet in Jerusalem übernahmen: Bis heute verwaltet die islamische Waqf-Behörde die Bauten auf dem Tempelberg. Unterstellt ist sie dem palästinensischen Ministerium für religiöse Angelegenheiten und damit niemand anderem als Abbas selbst.

Ein gescheiterter Präsident

Was also treibt Abbas an? Es ist sein Wissen über das eigene Scheitern. Nach zehn Jahren Amtszeit (lediglich vier davon mit Wählervotum) sieht Abbas’ Regierungsbilanz dürftig aus: Vor dem UN-Hauptgebäude in New York flattert seit einigen Wochen zwar die palästinensische Flagge. Zu Hause aber, in Ramallah, Nablus und Jenin, herrschen Korruption, Gewalt und Chaos – genau so wie vor seinem Amtsantritt.

Abbas weiß, dass die Uhr für ihn tickt und es scheint, als habe er sich angesichts seines absehbar miserablen politischen Vermächtnisses die Worte von Fußballlegende Rolf Rüssmann zu Herzen genommen: „Wenn wir hier nicht gewinnen, dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt“, hatte der Vorstopper aus Gelsenkirchen einmal gesagt.

Fatal an Abbas’ Taktik ist, dass er einerseits nicht mit Bällen, sondern mit Menschenleben spielt. Und andererseits nicht nur den Rasen der Gegner, sondern auch den eigenen ramponiert. Mit seinen giftigen Worten hatte Abbas eine neue Generation von jungen Menschen herangezogen, die sich statt dem Aufbau einer friedlichen palästinensischen Zivilgesellschaft, dem Terror und der Revolte hingibt. Abbas hat Hass gesät und wird Elend ernten. Das ist bitter.

Vom Autor erschien am 12. Oktober im Pantheon-Verlag das Buch "Chuzpe, Anarchie und koschere Muslime - Meine Versuche, Israel zu verstehen". Mehr Infos gibt es auf der Webseite des Verlages.

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