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Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD).

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Update

Lobbyismus: SPD vermittelt Minister offenbar für Geld

Verstoßen die Sozialdemokraten gegen das Parteiengesetz? Wie das ZDF berichtet, bietet eine SPD-eigene Agentur Treffen mit Spitzenpolitikern für mehrere tausend Euro an.

Zwischen 3000 und 7000 kostet ein Treffen mit einem SPD-Minister. Unternehmen und Lobbygruppen können gegen Zahlungen Staatssekretäre und Parteifunktionäre buchen. Das berichtet das ZDF-Magazin "Frontal21" unter Berufung auf vorliegende Angebote und einen Kostenvoranschlag. Die Praxis könnte rechtliche Folgen haben, da damit möglicherweise gegen die Regeln der Parteienfinanzierung verstoßen wurde. Das ZDF-Magazin wird am heutigen Dienstag um 21 Uhr ausgestrahlt.

Organisiert werden die Termine mit SPD-Spitzenpolitikern demnach über die SPD-Tochterfirma Network Media GmbH (NWMD). Teilnehmer dieser sogenannten „vorwärts-Gespräche“ waren nach Informationen des Magazins Justizminister Heiko Maas, Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks, Familienministerin Manuela Schwesig, der Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann, Generalsekretärin Katarina Barley, der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Matthias Machnig und der Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil.

Dem Magazin zufolge soll Heiko Maas beispielsweise zum Thema Datenschutz in der digitalen Welt gesprochen haben. Sponsor war demnach die niederländische Bank ING-DiBa. Er habe von einem Sponsoring nichts gewusst, sagte Maas "Frontal21". "Die Frage, wie solch eine Veranstaltung zustande kommt, wer teilnimmt, wer sie organisiert und wer sie finanziert, ist jetzt nicht das Thema für mich." Zweck des Treffens sei ein Kennenlernen gewesen, teilt die Bank mit. Eine Gegenleistung des Ministers erwarte man nicht.  

Die SPD-Agentur bestätigte auf ZDF-Anfrage zwar, dass gesponserte Gespräche mit SPD-Spitzenpolitikern stattgefunden hätten. Allerdings habe man keine Gesprächstermine mit Entscheidern verkauft, sondern lediglich „Partner“ gesucht, „die jene Kosten tragen, die mit einer solchen Veranstaltung verbunden sind“. Eine genau Zahl wollte die Agentur nicht nennen. Im Schnitt weniger als zehn Gespräche habe es pro Jahr gegeben.

Eine Kommunikationsagentur des SPD-Parteimagazins „Vorwärts“ hat den Verdacht einer verdeckten Parteienfinanzierung gegenüber der Deutschen Presseagentur zurückgewiesen. Es würden zwar Gespräche und Auftritte von SPD-Politikern gegen Geld vermittelt, erklärte die Agentur NWMD am Dienstag in Berlin. Der „Vorwärts“-Gruppe seien aus der entsprechenden Gesprächsreihe in den von Wirtschaftsprüfern kontrollierten Jahren 2012 bis 2015 aber keine Gewinne entstanden, und sie habe keine Gewinne an die SPD-eigene Druck- und Verlagsgesellschaft ddvg abgeführt.

Die SPD äußerte sich bis Dienstagnachmittag nicht. Die Agentur NWMD erklärte, die Behauptung des ZDF, Treffen mit SPD-Ministern, Staatssekretären und Parteifunktionären könnten gebucht werden, unterstelle eine besondere Exklusivität. Die Zahl der Teilnehmer liege bei bis zu 20 Personen. Die Teilnehmer würden nicht vom Sponsor bestimmt. Die Reihe „Vorwärtsgespräche“ bestehe sowohl aus gesponsorten als auch sponsoringfreien Veranstaltungen.

Jetzt muss die Führungsriege der SPD reagieren und die Partei-eigene Agentur dazu veranlassen, die Gelder zurück zu zahlen. [...] Der Anschein, dass auch SPD Politiker/innen sich in Hände von Lobbyisten begeben, ist gelinde gesagt eine Schweinerei.

schreibt NutzerIn ubbu

"Frontal 21" zitiert den Strafrechtler Frank Salinger, Professor in München: "Es liegt der Anfangsverdacht vor, dass hier gegen das Parteienrecht verstoßen worden ist."

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erklärte gegenüber "Frontal 21", er wisse nichts von solchen gesponserten Gesprächen. Er habe daran nie teilgenommen. Der Vorgang erinnert an die "Rent-a-Rüttgers-Affäre". 2010 war öffentlich geworden, dass die CDU in Nordrhein-Westfalen Unternehmen gegen Geld exklusive Gespräche mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers anbot. Diese Praxis kritisierte der SPD-Vorsitzende scharf. "Wir verkaufen keine Amtsträger und auch nicht die Partei an andere Leute, die genug Geld haben", sagte Gabriel damals. "Das gilt für die deutsche Sozialdemokratie." (rok, dpa)

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