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Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP, l.) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) geben erste Ergebnisse ihrer Klausurtagung bekannt.

© dpa/Roland Schlager

Österreich: Geld gibt es für Inländer

Österreichs neue Regierung verkündet erste Maßnahmen: Ausländische Arbeitnehmer erhalten weniger Kindergeld, niemand darf Asylbewerber privat unterbringen.

Ungeschickt ist er nicht, der junge Kanzler. Noch bevor er nach der ersten Regierungsklausur erste Ergebnisse bekannt gab, rief Sebastian Kurz, 31, den zur Pressekonferenz angetretenen Journalisten das Wahlergebnis in Erinnerungen: Diese Regierung stütze sich auf fast sechzig Prozent des österreichischen Wahlvolks – und man habe in der Kampagne ja immer gesagt, was man vorhabe.

Das stimmt. Weder die traditionelle Rechtspartei FPÖ noch die auf rechtspopulistischen Kurs eingeschwenkte Kurz-ÖVP hatten je vorgegeben, ein Herz für Flüchtlinge zu haben oder dem Thema soziale Gerechtigkeit allzu viel Bedeutung beizumessen. Große Symbolkraft hatte daher die erste Maßnahme, die auf dieser Klausur besiegelt wurde: Ausländischen Arbeitskräften wird das Kindergeld gekürzt – und zwar auf das Einkommensniveau des jeweiligen Herkunftslandes. Am stärksten betroffen sind davon Arbeitskräfte aus den EU-Staaten Ungarn, Slowakei und Polen, die bisher – je nach Alter des Kindes – zwischen 114 und 165 Euro monatlich an staatlicher Beihilfe bekamen.

Die meisten aus Österreichs östlichen Nachbarstaaten stammenden Beschäftigten sind im Gastgewerbe, am Bau, vor allem aber in Gesundheitsberufen tätig: Ein beträchtlicher Teil der Altenpflege wird von rund 60.000 Slowakinnen und Rumäninnen geleistet, die im Wechseldienst jeweils zwei Wochen lang im Haus oder in der Wohnung der Pfleglinge 24-Stunden- Dienst schieben. Die durchschnittlich 140 Euro Familienbeihilfe gingen meist für die Betreuung des zurückgelassenen Kindes drauf. Damit ist nun Schluss.

Österreich ist damit in der EU Vorreiter. Zwar haben Deutschland und Dänemark ähnliche Maßnahmen angedacht, hatten aber darauf verzichtet, als die EU-Kommission signalisierte, dies sei mit dem europäischen Recht völlig unvereinbar. Frankreich verlor einen Musterprozess.

Die FPÖ steuert Markiges bei

Österreichs Kanzler will es dennoch ausfechten: Er habe gute Argumente, schließlich habe die Kommission selbst für EU-Beamte regionale Staffeln eingezogen. Kritiker glauben, Sebastian Kurz lege es bewusst auf einen Konflikt mit Brüssel an, das komme bei einem bestimmten Wählersegment immer gut.

Mit bitterer Ironie kommentierte der frühere Finanzminister Hannes Androsch (SPÖ), 80, die Maßnahme: Ob jetzt auch alle Österreicher um Beihilfen und Pensionen fürchten müssen, die sich in der ungarischen Grenzstadt Sopron billig das Gebiss reparieren lassen, um anschließend ihre Einkaufswagen zu füllen?

Androschs Partei wurde auf der ersten Klausur der neuen Rechtsregierung zusätzlich gereizt: Die von SPÖ-Kanzler Christian Kern im vergangenen Sommer ins Leben gerufene „Aktion 20.000“ – ein Förderprogramm für Betriebe, die ältere Langzeitarbeitslose einstellen – wurde beendet, bevor sie noch recht in Kraft getreten war. Begründung der Regierung: Die Konjunktur brumme ohnehin, da werde es auch entsprechende Jobs geben. Nicht für Ältere, halten Wirtschaftsforscher dagegen. Geld gibt es für Inländer: Wer weniger als 1900 Euro verdient, muss künftig weniger Arbeitslosenversicherung zahlen. Davon haben die Wenigst-Verdiener nichts: Wer brutto unter der 1400-Euro- Grenze bleibt, bezahlte schon bisher keine Versicherung.

Die FPÖ steuert inzwischen Markiges bei: Niemand darf Asylbewerber künftig in Privatquartieren unterbringen. Allein in Wien leben 13.000 Flüchtlinge privat. Organisiert wird das oft von NGOs, wie Caritas und Diakonie. Den ungeliebten Helfern will man die Sache nun aus der Hand nehmen. FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus vom Rechtsaußen-Flügel dachte laut über „Lager an der Stadtgrenze“ nach, Vizekanzler Strache schwebten Kasernen vor. Auch ein nächtliches Ausgangsverbot für Asylbewerber wurde bereits in Erwägung gezogen.

Herbert Lackner

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