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Von der Hamas entführte Israelis: Berliner Polizei entfernt Geisel-Plakate von Litfaßsäule

Eine Plakataktion soll auf das Schicksal der von der Hamas entführten Geiseln aufmerksam machen. Doch an einer Litfaßsäule in Friedrichshain durften die Zettel nicht hängenbleiben.

| Update:

Ein Video eines Polizeieinsatzes in Berlin hat in den Sozialen Medien Empörung ausgelöst. Darauf ist zu sehen, wie Einsatzkräfte der Berliner Polizei Plakate von einer Litfaßsäule entfernen. Die Plakate zeigen Bilder der von der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober aus Israel verschleppten Geiseln. Über den Fotos steht in großen Buchstaben „Entführt“, zu jeder Person gibt es weitere Informationen.

Am Abend äußerte sich Polizeipräsidentin Barbara Slowik auf der Plattform X zu dem Vorfall: „Für mich ist absolut nachvollziehbar, dass durch dieses Abnehmen der Plakate Gefühle, insbesondere von Menschen der israelisch/jüdischen Community, aber auch der Angehörigen der Geiseln, verletzt wurden. Das macht mich betroffen und ich bedauere das außerordentlich.“

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Auf X hatten Nutzer empört auf das Video reagiert. „Ekelhaft“, „Beschämend“ oder „Unglaublich, spinnen die?“ waren einige der Kommentare. Andere verteidigten das Vorgehen der Polizei und bezeichneten die Plakataktion als „Vandalismus“ oder „Sachbeschädigung“.

Am Morgen hatte die Polizei dem Tagesspiegel noch auf Nachfrage lediglich mitgeteilt, der Vorgang sei bekannt und werde geprüft. Am Mittag erklärte sich die Polizei Berlin dann in einem Post auf X. Das Video zeige einen Einsatz in Friedrichshain, der sich bereits am vergangenen Donnerstag ereignet habe, hieß es dort.

Aufgrund des „Verdachts unberechtigter Plakatierung“ hätten die Einsatzkräfte die Plakate entfernt. Eine abschließende Bewertung der Generalstaatsanwaltschaft stehe noch aus.

Die Pressestelle der Polizei Berlin spielt Bullshit-Bingo.

Jörn Badendick, Sprecher des Polizei-Berufsverbandes „Unabhängige“

Dem „B.Z.“-Reporter Axel Lier teilte die Polizei darüber hinaus mit, dass die Besatzung eines Streifenwagens die Plakate auf der Kreuzung Sonntagstraße/Lenbachstraße festgestellt habe. Die Zettel hätten „kein Impressum im Sinne des Pressegesetzes“ gehabt. Es seien Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Pressegesetz sowie des Verdachts der Sachbeschädigung eingeleitet worden. Die Antwort der Polizei hatte der Reporter ebenfalls bei X veröffentlicht.

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Auf Tagesspiegel-Nachfrage sagte eine Polizeisprecherin, das Vorgehen der Beamten beruhe auf „eigenen Feststellungen“ der Sachbeschädigung und des mutmaßlichen Verstoßes gegen die Impressumspflicht. Demnach hat es keine Anzeige und keinen Strafantrag des Eigentümers der Litfaßsäule gegeben. Sachbeschädigung ist allerdings ein sogenanntes Antragsdelikt.

Der Anwalt Patrick Heinemann kritisierte das Vorgehen der Polizei. Er hatte das Aufstellen eines Panzerwracks aus der Ukraine vor der russischen Botschaft gegen den Bezirk Berlin-Mitte gerichtlich durchgesetzt. Am Dienstag sagte er: „Es wäre der erste mir bekannte Fall, dass die Polizei auf Grundlage der polizeirechtlichen Impressumspflicht einschreitet. Obendrein ist der Verstoß gegen die Impressumspflicht nur eine Ordnungswidrigkeit.“

Weiter sagte der Jurist: „Es ist schon zweifelhaft, ob unerlaubtes Plakatieren überhaupt die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Selbst wenn man das unterstellt, ist das Abreißen der Plakate unzweckmäßig. Denn die Gefahr wird damit nicht beseitigt, weil die ursprünglichen Plakate ja nicht unbeschädigt wieder zum Vorschein kommen.“

Kritik kam auch aus der Politik. Alexander J. Herrmann, rechtspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, erklärte: „Angesichts zahlreicher illegaler Plakate ohne Impressum in der Stadt und auch mit Blick auf das bestehende Ermessen der Beamten überzeugt mich der Begründungsversuch der Polizei Berlin nicht.“

Der Sprecher des Polizei-Berufsverbandes „Unabhängige“, Jörn Badendick, sagte: „Die Pressestelle der Polizei Berlin spielt Bullshit-Bingo. Eine Erklärung, dass eine Fehleinschätzung vorlag, wäre ausreichend. In der aufgeheizten Stimmung zum Nahostkonflikt mag jemand befürchtet haben, dass sich jemand von den Plakaten provoziert fühlt. Das macht die Maßnahme aber nicht rechtmäßig. Doch mit ihrem Statement macht die Behörde alles nur noch schlimmer.“ Angesichts des Herumlavierens von Polizeipräsidentin Barbara Slowik, ob es No-go-Areas für erkennbare Juden und Israelis in Berlin gibt,reiht sich der neue Vorfall in eine Reihe von Fehleinschätzungen ein“.

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