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Herbstputz im Garten Dr. Hanisch Haus.

© Miriam Dahlinger

Aktionstage Gemeinsame Sache 2018: Friedrichshain-Kreuzberg putzt sich heraus

Im Dr. Harnisch Haus wurde am Freitag geschrubbt bis alles glänzte. Im nächsten Sommer gibt es dann Obst aus dem eigenen Garten.

Irene Soparth ist voller Tatendrang. Die 78-jährige hat zwei Gummihandschuhe und einen Eimer mit heißem Wasser in der Hand. Die Rentnerin hat in der Zeitung von der “Gemeinsamen Sache” gelesen und beteiligt sich am Herbstputz im Garten des Dr. Harnisch Haus. Das Haus liegt in einer ruhigen Seitenstraße mitten in Berlin-Friedrichshain, nur eine Minute zu Fuß vom U-Bahnhof Frankfurter Tor entfernt. Hier finden 182 pflegebedürftige Menschen in 158 Einzel- und 12 Doppelzimmern ein Zuhause. 

„Auch in meinem Alter will ich mit anpacken“, erklärt sie. Jetzt müsse sie aber wirklich mit der Arbeit loslegen. Im idyllischen Hof tropfen schwere Regentropfen von den bunten Wimpelketten, in der Ecke sitzt ein Bewohner und spielt Mundharmonika. Außerdem soll neben dem Hühnergehege, in dem fünf Hennen nach Körnern picken eine „Naschecke“ entstehen. Nächsten Sommer können die Bewohner direkt aus dem Rollstuhl Himbeeren, Johannisbeeren und Brombeeren pflücken.

Der Markt der Akteure

Was früher einmal ein farbenfrohes Sommerkleid war, flattert jetzt als bunte Wimpelkette durch den Wind. Im MehrGenerationenHaus Wasserwerk in der Wassertorstraße 48 basteln Eltern und Kinder gemeinsam Dekorationen für den "Markt der Akteure", der am Samstag in der Wassertorstraße stattfinden wird. Das heutige Motto ist Upcycling: also aus Abfallprodukten Dekorationen basteln. So wird das Innere der Kaffeepackung schwuppsdiwupps zum Goldpapier.

Eine Mutter hilft ihrer Tochter dabei, einen Schmetterling auszuschneiden, während ein Junge mit Filzstiften ein lachendes Gesicht in einen gelben Kreis malt. “Ist das eine lachende Sonne?” fragt seine Mutter. “Nein, ein Emoji!” Im MehrGenerationenHaus lernt Jung von Alt. Aber eben auch andersrum.

Dekorationen für den Markt der Akteure in der Wassertorstrasse in Friedrichshain Kreuzberg
Dekorationen für den Markt der Akteure in der Wassertorstrasse in Friedrichshain Kreuzberg

© Miriam Dahlinger

Tag der offenen Tür im Betreuungswerk

Ein bisschen enttäuscht ist Jan Salzwedel schon, das Betreuungswerk Berlin hat nun seit einer Dreiviertelstunde seine Türen in der  Gürtelstraße 29a/30 für Interessierte geöffnet - nur bisher ist noch niemand gekommen. Das Betreuungswerk Berlin - KBW e.V. informiert im Rahmen der „Gemeinsamen Sache“ über die die Arbeit von rechtlichen Betreuungen. „Es fehlt definitiv an ehrenamtlichen Helfern“, sagt Salzwedel.

Dabei sei gerade die rechtliche Hilfe so wichtig. Denn ehrenamtliche Betreuer helfen mit Wohnungsangelegenheiten, Fragen zur Gesundheitssorge oder zu Regelungen in finanziellen Angelegenheiten. Und unterstützen Menschen, wieder selbstbestimmt am Leben in der Gesellschaft teilzunehmen. Das Betreuungswerk biete auch Fortbildungen an. Zukünftige Ehrenamtliche könnten sich so in Fragen des Arbeitslosenrecht und Rentenbescheide weiterbilden, ergänzt Salzwedel. „Also kommt zu uns!“, sagt er. Seine Türe bleibt jedenfalls offen.

Jan Salzwedel beim Tag der offenen Tür im Betreuungswerk Berlin - KBW e.V.
Jan Salzwedel beim Tag der offenen Tür im Betreuungswerk Berlin - KBW e.V.

© Miriam Dahlinger

Gerettete Lebensmittel fürs Foodsharing

In der Küche des AWO-Begegnungszentrum in der Adalbertstraße 23a blubbert das Apfelmus in großen Kochtöpfen, aus dem Backofen dringt der verführerisch Duft von frischem Pflaumenkuchen und vom Garten schwingt ein fröhliches Stimmengewirr aus deutsch, türkisch, polnisch, spanisch und arabischen Gesprächsfetzen herüber. 

Die „Aktion Buntes Kreuzberg“ verarbeitet im Rahmen der Berliner Freiwilligentage Kistenweise Fallobstspenden zu Marmelade, Kompott und Kuchen. „Unser Ziel ist es die Nachbarschaft zusammenzubringen und gleichzeitig für Lebensmittelverschwendung zu sensibilisieren“ erklärt Filiz Müller-Lenhartz von der AWO Gemeinwesenarbeit, die den Nachmittag gemeinsam mit Susanne Koch vom AWO Migrantensozialdienst und Gülcan Witsch von Yesil Cember -ökologisch interkulturell organisiert hat. Das ist den drei Frauen sichtlich gelungen, denn im Begegnungszentrum sitzen Dutzende Menschen aus verschiedenen Kulturen und Generationen in einem großen interkulturellen Kaffeeklatsch zusammen.

Buntes Kreuzberg Aktion - Leckereien aus Fallobst.
Buntes Kreuzberg Aktion - Leckereien aus Fallobst.

© Miriam Dahlinger

Subbotnik mit anschließendem Picknick 

Es sei höchste Zeit, dass in Sachen Stadtteil- und Seniorenzentrum endlich etwas passiere, finden zwei Rentnerinnen von der Volkssolidarität Friedrichshain-Kreuzberg. Deswegen seien sie nun gemeinsam mit rund einem Dutzend weiteren Menschen zwischen 60 und 90 im Hof der Friedensstraße 32 zusammengekommen - bewaffnet mit Besen und Kehrschaufel. 

Die Friedensstraße soll der Standort für ein neues Stadtteilzentrum werden. „Die Eröffnung ist für 2021 angesetzt“, sagt der 39-jährige Johannes Dumpe von openBerlin. Obwohl der Altersdurchschnitt in Friedrichshain hoch sei, gäbe es kaum mehr soziale Angebote für Ältere. Auch die beiden Damen sind stolze 76 und 79 Jahre alt. „Wenn sich nichts tut, erleben wir die Eröffnung nicht mehr“, sagt eine von ihnen. Dabei hätten gerade die Älteren ein Stadtteilzentrum dringend nötig: „zum Schwatzen, zum Beisammensein - und für das Tanzangebot“.

Aktion "Subbotnik" mit anschließendem Picknick in Friedrichshain-Kreuzberg.
Aktion "Subbotnik" mit anschließendem Picknick in Friedrichshain-Kreuzberg.

© Miriam Dahlinger

Schöner Marheinekeplatz

An diesem Freitagabend scheint der Marheinekeplatz ein Ort zu sein, der für alle da ist: plaudernde Anwohner, spielenden Kinder und junge Menschen, die mit einem Bier aus dem Späti auf das Wochenende anstoßen, genauso wie Wohnungslose, die hier ihr Nachtlager aufschlagen.

“Normalerweise ist das anders, dann möchte man sich hier gar nicht aufhalten: überall Sperrmüll, überquellende Mülleimer und leere Flaschen”, sagt Susanne Schuricht. Sie trägt eine orangene Weste auf der “Kehrmeister” steht. Gemeinsam mit ihrer Nachbarin Silvia Liebenau hat sie deshalb im Rahmen der “gemeinsamen Sache” eine Entmüllungsaktion gestartet. Besonders den Kindern gefällt's. Fleißig wird gerecht, gefegt und sich um die Müllzangen gestritten. Der Wunsch von Schuricht und Liebenau sei es, einen Akzent zu setzen, “räumt euren Dreck weg und haltet den Platz sauber, dann können sich alle gemeinsam wohlfühlen”.

Aktion für einen schönen Marheinekeplatz in Friedrichshain-Kreuzberg.
Aktion für einen schönen Marheinekeplatz in Friedrichshain-Kreuzberg.

© Miriam Dahlinger

Ein leuchtender Engel

Der Engel soll wieder über dem Engelbecken leuchten. Dies ist wahrscheinlich die höchste und möglicherweise waghalsigste Aktion von Gemeinsame Sache. Wieland Giebel und Enno Lenze vom Berlin Story Bunker, hier unterwegs für den Bürgerverein Luisenstadt, installieren erfolgreich zwei neue Strahler auf der Michaelkirche. Wieland Giebel

Wieland Giebel und Enno Lenze vom Berlin Story Bunker auf der Michaelkirche.
Wieland Giebel und Enno Lenze vom Berlin Story Bunker auf der Michaelkirche.

© Enno Lenze

The Böcklerpark Clean Up

Um herauszufinden, welcher Park in Berlin der dreckigste ist, machte Lubomila Jordanova eine Umfrage auf der Internetplattform quora.  Die häufigste Antwort: der Böcklerpark. Deshalb machte sie sich an diesem Samstag, unterstützt von 90 Mitstreitern, daran, den Park zu reinigen. 

Jordanova ist Gründerin des Berliner Startup Plan A. Die Firma entwickelt einen Algorithmus, der vorhersagen soll, wo der Klimawandel am härtesten zuschlägt.  Der Name Plan A steht für die Überzeugung des Startups: für den Planeten gibt es keinen Plan B. Das Ergebnis des heutigen Tages habe Jordanova erschreckt. „Wir haben sehr viele Spritzen und leere Vodkaflaschen gefunden“, sagt sie und deutet zum Beweis auf dutzende prallgefüllte Müllsäcke. Für jetzt ist der Böcklerpark aber dank der Aktion aber erst einmal sauber. mda

Fotos von der Aktion "The Böcklerpark - Clean Up" in Friedrichshain-Kreuzberg.
Fotos von der Aktion "The Böcklerpark - Clean Up" in Friedrichshain-Kreuzberg.

© Plan A.

Malworkshop mit Acrylfarben

Ein Mann aus dem Malkurs von Hamid Mahmud im Pflegewohnheim „Am Kreuzberg“ habe zwei linke Hände gehabt. Also malte Mahmud die Hände einfach mit bunten Fingerfarben an. Jetzt hängen die Abdrücke neben anderen Kunstwerken der Malgruppe im Saal des Pflegewohnheims. Dort fand an diesem Samstagnachmittag die Mitmachaktion „Malworkshop mit Acrylfarben auf Leinwand“ statt.

Malen sei gerade für ältere Menschen toll, weil es die Senioren an früher erinnere, sagt Mahmud. Aber nicht nur. Denn Malen verbindet auch die Generationen. So wie heute: neben den Bewohnern des Wohnheims seien auch jede Menge Besucher von außerhalb gekommen, um selbst zum Pinsel zu greifen. mda

Aktion "Malworkshop mit Acrylfarben auf Leinwand" in Friedrichshain-Kreuzberg
Aktion "Malworkshop mit Acrylfarben auf Leinwand" in Friedrichshain-Kreuzberg

© Miriam Dahlinger

Alle Berichte zur Gemeinsamen Sache finden Sie auf unserer Themenseite: www.tagesspiegel.de/gemeinsamesache

Miriam Dahlinger

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