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Fähren spielen im Berliner Verkehr bislang eine untergeordnete Rolle. Es gibt nur eine Autofähre, die privat betrieben wird.

© imago/Jürgen Ritter

Berliner Verkehrswende: Senat prüft neue Fährverbindung im Südosten

Verkehrssenatorin Regine Günther lässt die Machbarkeit einer Fähre am Spreetunnel prüfen. Grüne wollen eine Autofähre statt neuer Brücke in Grünau

Eine Überfahrt mit dem Auto kostet 1,40 Euro (Zehnerkarte), Radfahrer zahlen einen Euro, Fußgänger 60 Cent. Die Tarife der privaten Havel-Fähre zwischen Tegelort und Hakenfelde im Nordwesten der Stadt sind erschwinglich, sogar deutlich günstiger als BVG-Einzeltickets für die Fähren auf Spree und Wannsee. Wobei man mit den Fahrscheinen für die Fähren der Familie Burchardi natürlich nicht in Bussen und Bahnen der BVG weiterfahren kann.

Dennoch, das Beispiel Burchardi zeigt: Autofähren lassen sich in Berlin wirtschaftlich betreiben. „Wir leben vom Berufsverkehr“, sagt Juniorchef Andreas Burchardi. Viele Pendler seien Stammkunden, sie sparten sich gerne den Umweg über die zugestauten Brücken weiter südlich. Und eine solche Autofähre wünschen sich jetzt auch die Grünen im Südosten der Stadt, auf der Dahme zwischen Grünau und Wendenschloß in Treptow-Köpenick. Dort verkehrt zwar schon die BVG- Fähre F12 für Radfahrer und Fußgänger. Und in der vergangenen Woche stimmte die BVV- Treptow-Köpenick mehrheitlich für den Bau einer Brücke an dieser Stelle, aber selbst einigen Abgeordneten der AfD, die sonst gerne nach neuen Straßen ruft, erschien die Idee der Grünen mit der Autofähre sympathisch – zumindest als kurzfristige Lösung.

Mögliche neue Fährverbindungen (Grafik anklicken zum Vergrößern).
Mögliche neue Fährverbindungen (Grafik anklicken zum Vergrößern).

© Tsp/Böttcher

BVV Treptow-Köpenick favorisiert eine Brücke

Eine Brücke würde dazu führen, so argumentierte Grünen-Fraktionschef Jacob Zellmer, dass die schmale Wendenschloßstraße, bisher quasi eine langgestreckte Sackgasse, zur Durchfahrtstraße wird und Autofahrer aus ganz Köpenick anlockt. Eine Fähre dagegen mit einer Kapazität von vielleicht 200 Fahrzeugen pro Stunde wäre allenfalls für die Anwohner des Stadtteils Wendenschloß attraktiv. Ein weiterer Vorteil der Fähre wäre, dass sie ohne größeren Aufwand an den Start gehen könnte, im Gegensatz zu einer Brücke, die einen langwierigen Planungsvorlauf hat. Derzeit sind die Bauingenieure der Senatsverwaltung vollauf mit Ersatz und Sanierung schon vorhandener Brücken beschäftigt.

Fähren haben in Berlin keine große Lobby. In der Verkehrsverwaltung gelten sie seit jeher als Randphänomen – zu teuer, zu langsam und zu wenig Beförderungskapazität. Doch mit dem neuen Mobilitätsgesetz, das Rot-Rot-Grün beschlossen hat, sind die Chancen für das Verkehrsmittel wieder gestiegen. Fähren, zumal die neuen Solarfähren der BVG, sind umweltfreundlich und barrierefrei. Außerdem fördern sie den Radtourismus, weil sie abseits der großen Verkehrsachsen operieren.

Fähre soll für eine barrierefreie Spreequerung sorgen

Verkehrssenatorin Regine Günther (für Grüne) hat deshalb sogar eine neue Fährverbindung ins Spiel gebracht, für die Querung der Spree in Friedrichshagen – dort, wo der Fluss den Müggelsee verlässt. Seit 1927 unterquert an dieserStelle ein Fußgängertunnel die Spree, den auch Radfahrer nutzen können, doch für Rollstuhlfahrer und Menschen mit Gehschwächen gibt es keine Rampen. Das Manko lässt sich wegen der engen Bauweise und des Denkmalschutzes auch nicht beheben. Daher fordert der Bürgerverein Friedrichshagen seit Langem eine Fährverbindung, erhielt von der Verwaltung allerdings die immergleiche Antwort: Nicht nötig, da es ausreichend Alternativangebote mit Bus und Bahn gebe.

Günther hat nun zugesagt, die Machbarkeit einer neuen Fährverbindung prüfen zu lassen. Dafür hat sich auch die gesamte BVV ausgesprochen. Mit einer Fähre als Alternative zum Spreetunnel würde auch die Attraktivität Friedrichshagens als Ausflugsziel steigen. Die Solarfähren F11,12,21 und 23 kosten den Senat nach eigenen Angaben 800 000 Euro im Jahr. Welche Einnahmen die Fähren aus Ticketverkäufen erzielen, werde nicht erhoben. Laut BVG sind die Einnahmen „eher gering“. Fähren seien immer ein Zuschussgeschäft, erklärt die Verkehrsverwaltung. Warum das bei privaten Betreibern anders ist, hat offenbar bislang niemanden interessiert.

F 11 in Treptow wird bis Ende 2019 verlängert

Der Fortbestand der F 11 zwischen Baumschulenweg und Schöneweide ist für ein weiteres Jahr gesichert, bis Ende 2019 sei die Fähre bei der BVG bestellt, sagt Günthers Sprecher Matthias Tang. Zuletzt hatte es geheißen, der Fährbetrieb sei wegen hoher Kosten – laut Senat rund 250 000 Euro – und einer parallel verlaufenden Buslinie über die Minna-Todenhagen-Brücke nicht mehr zu rechtfertigen. Eine Initiative kämpft für den dauerhaften Weiterbetrieb der F11.

Vielleicht hat Unternehmer Burchardi Interesse, in den Südosten zu expandieren? „Nee“, sagt der Juniorchef. Dafür müssten neue Fährschiffe angeschafft werden, das sei mit den derzeitigen Preisen nicht zu finanzieren. Das Geschäft sei ohnehin knapp kalkuliert „Wir warten unsere Fähren selbst, sind ein Familienbetrieb.“ Die Fahrpreise lege man zudem nicht selber fest, sondern der Senat.

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