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So könnte die Skyline der City West bald aussehen.

© Henning Larsen

Ein neues Hochhaus für den Berliner Ku’damm: Das ist der Siegerentwurf für das Karstadt-Areal

Am Freitag wurde der prämierte Architekturentwurf für das Karstadt-Areal am Ku’damm bekannt gegeben. Ein Parteitagsbeschluss der SPD könnte für die Pläne aber zum Problem werden.

| Update:

Signa, das Immobilienunternehmen des österreichischen Milliardärs René Benko, hat den Siegerentwurf für sein Bauprojekt am Ku’damm 231 vorgestellt. Auf dem Grundstück steht heute das Karstadt-Warenhaus, an dem eine andere Signa-Tochter beteiligt ist. Das heutige Gebäude soll abgerissen werden. Bis auf das denkmalgeschützte Agrippina-Haus auf dem Grundstück wird neu gebaut.

Umgesetzt werden soll nun der Entwurf des Büros Henning Larsen aus Kopenhagen. Der Entwurf sieht zwei Hochhäuser vor. Auf dem höheren Turm soll ein öffentlicher Panoramagarten platziert sein. In seiner Grundhöhe soll er 120 Meter in den Himmel ragen, mit dem transparenten Aufbau um den Panoramagarten herum insgesamt 133 Meter. Damit würde er die Nachbarhochhäuser am Breitscheidplatz knapp überragen.

Das Büro stellt in seinem Konzept die Kultur in den Mittelpunkt: „Wir haben das kulturelle Leben Berlins so interpretiert, dass es meist in den Nischen passiert, in den kleineren Bereichen. Was wir brauchen, ist daher die Segmentierung, die Unterschiedlichkeit dieses kulturellen Lebens.“

Daher sollen in einem Kulturhof Präsentationsflächen und Werkstätten platziert werden. Eine Kulturpassage genauso wie eine Kulturterrasse durch das Quartier sollen attraktive Aufenthaltsorte werden.

Renderings und Erläuterungen zu den Entwürfen für den Kudamm 231

© Henning Larsen

Dass Signa hier Hochhäuser bauen will, steht seit geraumer Zeit in der Kritik. Timo Herzberg, CEO von Signa Real Estate, sieht sich durch das ausgewählte Konzept bestätigt: „Der Entwurf von Henning Larsen zeigt, dass vertikale Nachverdichtung mit einer urbanen Nutzungsvielfalt möglich ist und Mehrwerte für alle bietet.“ Der Entwurf gehe behutsam mit dem historischen Bestand um und schaffe neue Aufenthaltsqualitäten zwischen Ku‘damm und Los-Angeles-Platz.

Etwas skeptischer klingt der neue Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung von Charlottenburg-Wilmersdorf, Christoph Brzezinski (CDU): „Ich hoffe sehr, dass wir auf Grundlage des ausgewählten Entwurfs an diesem zentralen und hinsichtlich seiner Bedeutung für die City West herausragenden Standort einen wirklichen Mehrwert für den Bezirk schaffen können.“ Mit der angedachten Nutzungsmischung und dem öffentlich zugänglichen, begrünten Kulturhof sowie dem öffentlichen Dachgarten könne hier ein neues Stück Berlin im Herzen Charlottenburgs entstehen.

Am Mittwochabend waren bereits alle vier noch im Rennen befindlichen Entwürfe der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Wie sich schon im Vorfeld abgezeichnet hatte, sahen alle vier Teams Hochhäuser für den Standort des jetzigen Karstadt am Kurfürstendamm vor, außerdem eine enorme Baumasse mit Bruttogeschossflächen zwischen 130.000 und 146.000 Quadratmetern. Am höchsten würde der eine der beiden von David Chipperfield Architects geplanten Türme in den Himmel ragen: Mit 137 Metern hätte dieser Entwurf deutlich über die beiden bestehenden Hochhäuser Upper West und Zoofenster am Breitscheidplatz hinausgereicht. Wie zwei der anderen drei Büros auch, sieht Chipperfield insgesamt zwei Türme vor, der zweite wäre mit 109 Metern Höhe etwas niedriger.

Renderings und Erläuterungen zu den Entwürfen für den Kudamm 231

© dca

Alle vier Büros wollen die typischen Blockränder der Straßenzüge fortführen und schließen. Bei Chipperfield werden diese von Schneisen unterbrochen, durch die man zu Fuß vom Ku’damm zur Rankestraße laufen kann. Im Inneren des Areals stößt man dann auf die beiden nah beieinander stehenden Türme, in deren Mitte ein kleiner Platz mit Grüninseln vorgesehen ist, „eine neue Plaza als Mittelpunkt“, wie Martin Reichert vom Büro Chipperfield sagt. Wie sehr eine solche Plaza, zugig eingeklemmt zwischen Hochhaustürmen und mit einem überwiegend gepflasterten Boden, tatsächlich zum Aufenthalt einlädt, ist fraglich.

Fallwinde ausbremsen

Mehr Aufenthaltsqualität im Inneren des Blocks dürften die anderen Entwürfe bieten: Sie rücken die geplanten Türme ein wenig mehr auseinander. Das Kopenhagener Büro Cobe plant gleich drei Türme, die dafür niedriger sind und die Höhen der Hochhäuser vom Breitscheidplatz stufenweise in die gründerzeitliche Umgebung überbrücken. Die anwesenden Vertreterinnen von Cobe geben an, dass sie die wahrscheinlichen Luftströme berechnet haben: „Die Terrassierung der Häuser nimmt die Fallwinde auf, und die grünen Fassaden und Terrassen sorgen für eine gute Durchlüftung.“ Auch ein Regenwasserbecken in einer Art Stadtplatz im Inneren könnte für kühle Luft oder Füße sorgen.

Renderings und Erläuterungen zu den Entwürfen für den Kudamm 231

© Cobe

Das Berliner Büro Mäcklerarchitekten präsentierte einen Entwurf mit sechs Höfen, von denen nur einer der Öffentlichkeit zugänglich sein soll. Zwei sollen überdacht dem Warenhaus zugeordnet sein, einer vollständig privat dem Wohnen. Zum Ku’damm hin soll die Fassade in mehrere Gebäude unterteilt sein, um eine stärkere Kleinteiligkeit zu erzielen.

Renderings und Erläuterungen zu den Entwürfen für den Kudamm 231

© Maeckler Sowatorini

Anmerkungen konnten die Gäste vor allem über Klebezettel auf Stellwänden platzieren oder im direkten Gespräch mit den Teams, Rückfragen vor dem gesammelten Publikum unmittelbar nach den Präsentationen waren nicht vorgesehen. Die Anmerkungen auf den Klebezetteln betrafen dabei auch generelle Entscheidungen, die sich dem Einfluss der Planungsteams entziehen: Die Baumasse bei allen Entwürfen sei zu groß. Zur Tatsache, dass hier Hochhäuser entstehen sollen, waren die Kommentare auf den Klebezetteln kontrovers: Es gab Lob wie auch grundsätzliche Ablehnung.

Eine Herausforderung für die weitere Arbeit an den Hochhausplänen dürfte allerdings ein Beschluss sein, den der SPD-Landesparteitag unter der Überschrift „Hermannplatz und City West nicht den Investoren überlassen – keine Geschäfte mit Signa/Benko!“ vor einer Woche einstimmig gefasst hat: Demnach werden „die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat und Abgeordnetenhaus“ aufgefordert, sich in der City West und am Hermannplatz für eine sich in „die Umgebung integrierende und städtebaulich verträgliche Planung einzusetzen.“

Die gestern vorgestellten Bauhöhen stehen alle dem einstimmigen Parteitagsbeschluss entgegen.

Mathias Schulz, Sprecher für Stadtentwicklung in der SPD-Fraktion

Für die City West präzisiert der Beschluss: „Den Bau von Hochpunkten an dem betreffenden Standort in der City West lehnen wir ab.“ Für den Standort Hermannplatz lehnt der Parteitag einen Neubau ab, mit der Ergänzung: „Sonstige bauliche Veränderungen an diesem Standort dürfen keine negativen Auswirkungen auf das umliegende Gewerbe und das Mietpreisniveau im Umfeld haben.“

Der Stadtentwicklungsexperte der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Mathias Schulz, sagte dem Tagesspiegel dazu: „Die gestern vorgestellten Bauhöhen stehen alle dem einstimmigen Parteitagsbeschluss entgegen. Jetzt müssen wir darüber sprechen, in welcher Form der Beschluss der SPD ins laufende Verfahren Eingang finden kann.“

Da die Stadtentwicklungsverwaltung in den Händen der SPD liegt, richtet sich die beschlossene Aufforderung direkt an deren Senator Christian Gaebler. Eine Tagesspiegel-Anfrage, welche Auswirkungen der Parteitagsbeschluss auf das Verfahren am Ku’damm haben wird, beantwortete Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung, nicht. Beim Verfahren zum Hermannplatz sehe er keinen Widerspruch zwischen Parteitagsbeschluss und dem laufenden Verfahren: „Wir haben immer gesagt, dass es uns um die städtebauliche Entwicklung und die Stärkung der jeweiligen Einzelhandelsstandorte geht. Wir haben in erster Linie die nachhaltige Entwicklung der gesamten Stadt im Blick, nicht die Realisierung singulärer Bauprojekte.“

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