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Wie eine Wolke. Die Klanginstallation mit dem Titel „Für zwei Nachtigallen, zwei Amseln und eine Taube“ ist von der Straße aus leicht zu übersehen.

© Stephan Hüsch

Da klingt doch was: Was es mit der Klangskulptur im Berliner Sophienkirchhof auf sich hat

Eine gut getarnte Kunstinstallation an der Sophienkirche mischt Vogelstimmen in den Großstadtlärm – sie sind leicht zu überhören.

Manchmal muss Kunst gefunden werden wollen. Nicht nur das künstlerische in einem Gegenstand, sondern auch das Objekt an sich. Selbst mit genauen Wegangaben scheint sich die Klangskulptur von Stephan Hüsch im Sophienkirchhof in Berlin-Mitte zu verstecken.

Kommend von der Großen Hamburger Straße, vorbei am Eingang der Sophienkirche, verschwimmt das übergroße Mobilée mit der weißen Häuserwand auf der anderen Straßenseite. Erst vom Eingang an der Sophienstraße deuten ein Plakat und Infokarten auf die Kunst mitten in der Stadt hin.

Seit Juni hängt dort zwischen den Bäumen, über alten Grabsteinen, das weiße Gebilde namens „Für zwei Nachtigallen, zwei Amseln und eine Taube“. Es mutet wie ein großes Knäuel aus Schleifenband an, mit Fantasie sind es vielleicht auch Wolken oder Blumen.

Der Name weckt beim Betrachtenden möglicherweise den Wunsch, Vögel hineinzuinterpretieren. Verweilt man einen Moment, hört man, neben dem Lärm der Stadt, das Klarinettenspiel, komponiert von Stephan Hüsch und Ulrich Hackenbruch.

Auf den ersten Lauscher könnte man meinen, die Klänge kämen aus dem Musikunterricht des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn nebenan. Doch eine Taube scheint die Komposition zu verstehen und antwortet gurrend aus einem Baum. Der tierische Name und die Klarinette rufen Assoziationen mit Sergei Prokofjews „Peter und der Wolf“ hervor. Wobei dort die Klarinette die Katze darstellt und die Querflöte dem Vogel eine Stimme gibt.

Einige Passant:innen lässt die Skulptur gänzlich fragend zurück

Bildhauer und Multimediakünstler Stephan Hüsch arbeitet oft mit Klanginstallationen und Mobilées. So verbindet auch „Für zwei Nachtigallen, zwei Amseln und eine Taube“ die schwebende Kunst mit versteckten Lautsprechern. Während dieses Gebilde deutlich zu den abstrakten Werken von Hüsch gehört, arbeitet der Künstler auch figurativ.

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Wissenschaftlich-konkrete Arbeiten des UDK-Absolventen finden sich beispielsweise im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden. Die Klanginstallation bei der Sophienkirche jedoch ist uneindeutig. Man schaut beinahe durch sie hindurch, obwohl sie direkt vor einem hängt. Einige Passant:innen lässt die Skulptur gänzlich fragend zurück, bevor sie sich ihren Weg in die vollen Straßen Berlins bahnen, ohne eine Antwort bekommen zu haben.

Eine Erklärung findet sich versteckt auf Postkarten an der Pforte des Kirchhofs bei der Sophienstraße. Die Arbeit soll darauf aufmerksam machen, was man nicht (mehr) höre und rücke das Verhältnis von Stille und Klang in den Mittelpunkt, heißt es dort. So schaffe sie einen Zwischenraum: räumlich und akustisch.

Deutlicher wird das bei dem Video, welches online ergänzend zu finden ist. Hier hört man auch die Musik besser vernehmbar als vor Ort und die Skulptur steht im Vordergrund, ohne dass Umwelteinflüsse ablenken. Auf der beiliegenden Postkarte ist die Skulptur digital visualisiert und erinnert an Hüschs Werk „My Private Island.mp3 – Waiheke“. Ein Gemälde aus Acryl und Sand hinter Glass, das gesprochene Worte wellenförmig visualisiert. Der Schall scheint aus einem der Kirchenfenster zu dringen und in den Sommertag hinaus zu entfliehen. Vielleicht eine Anspielung auf einen historischen Gast der Kirche.

Die Installation ist noch bis Ende September täglich zu sehen und zu hören, Sophienkirche, Große Hamburger Str. 29-30 (oder Eingang Sophienstraße) in Mitte.

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