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Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch.

© Tobias SCHWARZ / AFP

Reaktionen auf Berlin-Wahl: „...dann wird die SPD nicht an uns vorbeikommen“

SPD und Grüne liefern sich bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Lesen Sie hier erste Reaktionen.

Alles offen in Berlin – das ist das Urteil, das man unmittelbar nach Schließung der Wahllokale um 18 Uhr fällen konnte. Bei der ARD (infratest dimap) lag nach einer ersten Prognose zur Berliner Abgeordnetenhauswahl die SPD knapp vor den Grünen, beim ZDF (Forschungsgruppe Wahlen) ist es umgekehrt.

Die Zahlen der ARD sehen wie folgt aus: Grüne 23,5 Prozent, SPD 21,5 Prozent, CDU 15,0 Prozent, Linke 14,5 Prozent, FDP 7,5 Prozent, AfD 7,0 Prozent, Andere 11,0 Prozent. Beim ZDF lautet die erste Prognose: SPD 23,0 Prozent, Grüne 22,0 Prozent, CDU 17,0 Prozent, Linke 14,0 Prozent, FDP 8,0 Prozent, AfD 6,5 Prozent, Andere 9,5 Prozent.

Jarasch: "Ich bin völlig überwältigt"

Die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen, Bettina Jarasch, stellt sich nach Prognosen zur Wahl des Abgeordnetenhauses auf eine lange Nacht ein. Sie hätten bis zum endgültigen Ergebnis eine lange Nacht vor sich und würde sehr wenig schlafen, aber das werde es wert sein, sagte sie am Sonntagabend auf der Wahlparty ihrer Partei in Berlin. Die Grünen hätten eine Aufholjagd ohnegleichen hingelegt. „Ich bin völlig überwältigt“, sagte Jarasch.

„Die Berlinerinnen und Berliner sind veränderungsbereit.“ Gemeinsam mit ihnen hätten sie es geschafft, die Wahl in Berlin zur Klimawahl zu machen. „Die Grünen müssen hier Regierungsverantwortung übernehmen“, sagte Jarasch. „Es braucht eine Regierung mit den Grünen in Berlin.“ Wenn sich die Zahlen bewahrheiteten, seien sie gestärkt. Derzeit regiert in Berlin die SPD mit den Linken und den Grünen.

Bettina Jarasch sieht die Grünen in einer Position, dass es nur eine Regierung mit den Grünen geben kann. Im ZDF-Interview sagt sie: Wenn die Zahlen sich stabilisieren und bewahrheiten würden, "dann wird die SPD nicht an uns vorbeikommen". Tatsächlich ist auch ein Sieg der Grünen möglich.

[Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus liefern sich SPD und Grüne ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Lesen Sie hier alle Ergebnisse zur Berlin-Wahl.]

Die Berliner Grünen sehen sich nach den Prognosen zur Abgeordnetenhauswahl weiterhin als Regierungspartei. Ohne die Grünen sei voraussichtlich „keine stabile Mehrheit“ möglich, sagte der Landesvorsitzende Werner Graf am Sonntagabend im Sender RBB. Allerdings müsse man aufpassen, weil die Prognosezahlen kurz nach 18.00 Uhr „noch nicht fest“ seien. Es sei zu früh, einen Sieger zu erklären. Nach Prognosen von RBB und ZDF lagen SPD und Grüne nahezu gleichauf. Die SPD kam demnach auf 21,5 bis 23 Prozent. Die Grünen erreichten 22 bis 23,5 Prozent.

Giffey: "Wir sind an einem Punkt, wo alles rauskommen kann"

SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey zeigte sich nach den Prognosen zur Abgeordnetenhauswahl optimistisch. „Wir sind an einem Punkt, wo alles rauskommen kann“, sagte die SPD-Landesvorsitzende am Sonntag vor Parteianhängern in Berlin. Mit Raed Saleh habe sie und wolle weiterhin für sozialdemokratische Werte kämpfen, sagte Giffey an der Seite ihres Co-Vorsitzenden.

Saleh feierte die Zahlen seiner Partei als "Erfolg" von Franziska Giffey – bejubelt von der SPD-Anhängern auf der Wahlparty. Dabei ist es verdammt eng, alles offen. Saleh sagte deshalb auch: "Ich glaube, dieser Wahlabend wird sehr, sehr lang."

Berlins Innensenator Andreas Geisel warnte vor voreiligen Schlüssen nach den Prognosen zum Ausgang der Abgeordnetenhauswahl. „Das wird eine sehr, sehr lange Nacht“, sagte Geisel am Sonntag im RBB. Die Prognosenzahlen zwischen 21,5 und 23 Prozent würden dem Wirken der SPD in der vergangenen Wahlperiode nicht gerecht, die Partei sei damit unterbewertet.

CDU: "Kein Ergebnis, auf das man fünf Jahre hingearbeitet hat"

Die Berliner CDU hat nach Prognosen zur Abgeordnetenhauswahl eine schwere Niederlage eingeräumt. „Es ist kein Ergebnis, auf das man fünf Jahre hingearbeitet hat. Es ist kein Ergebnis, mit dem man persönlich zufrieden ist“, sagte der Berliner CDU-Generalsekretär Stefan Evers. Auch der Bundestrend habe Probleme bereitet und „gelegentlich Orkanstärke“ erreicht als „Wind, der uns ins Gesicht blies“. Für die Berliner CDU sprachen sich laut den Prognosen von RBB und ZDF 15 bis 17 Prozent der Wählerinnen und Wähler aus.

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Bei der Mini-Wahlparty der CDU Berlin im Abgeordnetenhaus - wegen Corona durften nicht viele Menschen kommen - waren konsternierte Blicke hinter den Masken zu sehen, als auf den aufgebauten Bildschirmen die ersten Prognosen von 15 Prozent auftauchten. Spitzenkandidat Kai Wegner wurde kurz danach mit lang anhaltenden Applaus begrüßt.

Wegner: "Gänsehautmomente"

"Das sind immer diese Gänsehautmomente", sagte Kai Wegner als erstes, nachdem er auf der kleinen Bühne das Wort ergriffen hatte. Viele Monate habe man leidenschaftlich gekämpft, das habe er noch nie erlebt. "Wie haben uns mehr Rückenwind erhofft", sagte er auch.

Er kritisierte den noch amtierenden Senat: "Der Wahlabend hat exemplarisch gezeigt, dass Rot-Rot-Grün es nicht kann." Die aktuelle Regierung könne noch nicht einmal ordentlich eine Wahl organisieren. Weiter sagte er: "Wir sind angetreten, diesen Senat abzulösen, und das bleibt weiter unser Ziel." Man sei den Weg bis hierhin in großer Geschlossenheit gegangen, und das werde man auch weiter tun.

Lederer für Fortsetzung von Rot-Rot-Grün

Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer sprach sich für eine Fortsetzung der seit 2016 regierenden rot-rot-grünen Koalition in Berlin aus. Aus den ersten Prognosen ergebe sich eine klare Mehrheit für ein solches Bündnis aus SPD, Grünen und Linken, sagte er am Sonntagabend im RBB. In den vergangenen fünf Jahren hätten die drei Partner gemeinsam viel erreicht. „Wenn es nach uns geht, machen wir das auch weiter.“

Nach den Prognosen von ARD und ZDF rangierte die Linke hinter der CDU mit 14 bis 14,5 Prozent auf Platz vier. Lederer sagte, mit dem vorausgesagten Ergebnis für seine Partei könne er umgehen. Linken-Fraktionschefin Anne Helm sprach im RBB von einem „stabilen Ergebnis“.

Czaja: Zweitbestes FDP-Ergebnis seit der Wiedervereinigung

FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja zeigte sich nach den Prognosen von RBB und ZDF zufrieden mit dem Abschneiden der Liberalen bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin. Die FDP habe vermutlich das zweitbeste Ergebnis seit der Wiedervereinigung erreicht, sagte Czaja am Sonntag im RBB. Laut den Prognosen erreichte die FDP 7,5 bis 8 Prozent. Das beste Ergebnis seit 1990 hatte die FDP im Jahr 2001 mit 9,9 Prozent erreicht.

Der FDP-Landesvorsitzende Christoph Meyer sagte im RBB, die FDP habe es „traditionell etwas schwieriger in Berlin“ als in anderen Bundesländern. Aber man sei zufrieden mit dem Ergebnis. Einen Regierungsbildungsauftrag habe man anhand der Zahlen noch nicht erkennen können.

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Man werde mal darauf warten, „wer uns anruft“. Damit meinte Meyer die Sondierungsgespräche, für die traditionell der Wahlsieger einladen wird. Es wird erwartet, dass diese bereits in der kommenden Woche beginnen werden.

Brinker hofft nach Prognosen noch auf besseres Wahlergebnis für AfD

AfD-Spitzenkandidatin Kristin Brinker hofft nach den Prognosen für ihre Partei bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus noch auf ein besseres Ergebnis. „Ob dies schon das Ergebnis ist, da warten wir mal noch ab“, sagte sie am frühen Sonntagabend im RBB zu den Prognosen, nach denen die Partei ihr Resultat von 2016 von 14,2 Prozent dieses Mal praktisch halbiert hat. „Wir sind noch optimistisch, dass sich das noch deutlich nach oben entwickeln wird“, sagte Brinker. Denn im Wahlkampf habe die AfD „wirklich viel Zuspruch bekommen“. Egal wie es komme: „Wir machen das Beste draus, wir werden auf jeden Fall eine starke Oppositionspartei bleiben.“

Brandenburgs Regierungschef Woidke mahnt Grüne zu Rücksicht auf Pendler

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) mahnte am Sonntagabend angesichts einer möglichen Grün-regierten Regierung im Nachbarland Berlin, Berlin müsse in der Verkehrspolitik Rücksicht auf Zehntausende Pendler aus der Mark zu nehmen. „Klimaschutz zu Lasten sozial Schwächerer ist ein Irrweg. Der wird nicht funktionieren“, sagte Woidke in Potsdam, nachdem erste Hochrechnungen zur Abgeordnetenhauswahl die Grünen in Führung sahen.

„Die Interessen der Menschen, die einen längeren Arbeitsweg haben, die im ländlichen Raum leben, müssen mit gespiegelt werden", sagte Woidke. Er sei fest davon überzeugt, dass Klimapolitik per Verbot nicht richtig sei, weil diese weltweit keine Nachahmer finden würde. Bisher habe er noch persönlichen keinen Draht zu Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch. Für Brandenburg sei wichtig, dass es eine stabile Regierung in Berlin gebe, sagte Woidke. "Das ist unser erstes Interesse."

Noch keine Zahlen zum Ausgang des Berliner Volksentscheids

Kalle Kunkel vom Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co enteignen" erwartet, dass alle demokratisch gewählten Parteien den Ausgang des Volksentscheides respektieren müssten. Noch liegen keine Zahlen vor. Erst werden die Stimmzettel zum Bundestag, dann zur Abgeordnetenhauswahl und Bezirksverordnetenversammlung ausgezählt. (dpa/Tsp)

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