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Mehr als heiße Luft? Die Berliner SPD will im Osten wieder punkten.

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Für bessere Wahlergebnisse: Hauptstadt-SPD plant neue Strategie für Ostberlin

Berlins Sozialdemokraten wollen ihre Schwäche in Linken-Hochburgen überwinden. Gesucht: Personal mit „gelebter Ostbiografie“.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner SPD will im Osten der Stadt neue Stärke zeigen. Ohne eine Verbesserung der Wahlergebnisse in den östlichen Stadtregionen „verlieren wir unsere Mehrheitsfähigkeit“, steht im Schlussbericht einer parteiinternen Kommission, der dem Tagesspiegel vorliegt. Rechtzeitig vor der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 sollten „Lösungsansätze“ erarbeitet werden, um wieder mehr Präsenz zu zeigen und personell und finanziell kampagnenfähig zu werden.

Bei der Bundestagswahl vor einem Jahr kamen die Sozialdemokraten in Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg nur noch auf Ergebnisse unter 15 Prozent, im gesamten Berliner Osten waren es 15,1 Prozent, fast fünf Prozent weniger als im Westen der Stadt. Der einzige Bürgermeister in den östlichen Bezirken mit SPD-Parteibuch ist Oliver Igel in Treptow-Köpenick. Künftig solle ein „Beauftragter für strukturschwache Kreise“, so wird im Bericht gefordert, sich um die schwierige Lage der Ost-Genossen kümmern. Ob diese Ideen tatsächlich umgesetzt werden, wird der SPD-Landesparteitag am 17. November entscheiden.

Eine innerparteiliche Arbeitsgruppe, die der „Organisationspolitischen Kommission“ in den vergangenen Monaten zugearbeitet hat, sparte nicht mit deutlichen Worten: „Das Bild ist ernüchternd.“ Im Osten Berlins verlaufe die Entwicklung wie im Osten Deutschlands, „die Vergleichsgröße ist nicht mehr Charlottenburg, sondern eher Quedlinburg“, wird analysiert. Während die Wähler der Linken ihrer Partei im östlichen Teil Berlins „seit Jahren treu bleiben und so verlässliche Wahlsiege sichern“, fehle es der SPD dort an Stammwählern.

Führungspersonal und Wahlbewerber mit „gelebten Ostbiografien“

Deshalb sei es wichtig, in Zukunft mehr Führungspersonal und Wahlbewerber mit „gelebten Ostbiografien“ zu aktivieren. „Von unseren fast 20 Senatoren und Staatssekretären hat nur der Innensenator Andreas Geisel eine solche.“ Außerdem müsse die SPD mit passenden politischen Themen auftreten. „Eine einheitliche Kampagne in einer Stadt mit fast vier Millionen Einwohnern scheint nicht mehr möglich zu sein“, steht im Papier der Arbeitsgruppe.

Gefordert werden außerdem für künftige Wahlen erfolgversprechende Listenplätze für strukturschwache Parteigliederungen. Ein Pool von Freiwilligen, genannt „Solidargruppe“, solle Aktionen und Veranstaltungen unterstützen. Nicht alle diese Vorschläge wurden von der zentralen SPD-Kommission aufgegriffen. Deren 14-seitiger Bericht, der als Antrag auf dem Parteitag im November zur Abstimmung steht, beschäftigt sich auch noch mit anderen Themen – unter der Überschrift: „Für eine starke SPD in Berlin, SPD organisatorisch erneuern.“

In der Einleitung wird der Anspruch formuliert, dass sich die Berliner Sozialdemokraten „neuen gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen und für ihre Mitglieder attraktivere Beteiligungsverfahren und moderne innerparteiliche Strukturen“ anbieten müsse. Die Diskussionslust und das ausgeprägte Demokratieverständnis der Landes-SPD soll darunter nicht leiden. „Die Meinungs- und Willensbildung innerhalb der Partei muss auch künftig fair und transparent von unten nach oben organisiert werden.“

Grundvoraussetzung für eine starke SPD, so formuliert es die Kommission, sei ein „attraktives, begeisterndes und glaubwürdiges Politikangebot“. Es dürften keine  leeren Versprechungen gemacht werden, die Partei müsse mit verständlicher Sprache sprechen, mit der Zivilgesellschaft kooperieren „sowie gut und wirksam regieren“.

Sonntagsfrage von Civey (bitte Grafik anklicken zum Vergrößern).
Sonntagsfrage von Civey (bitte Grafik anklicken zum Vergrößern).

© Tsp/Bartel

Momentan klappt es noch nicht so mit der Verwirklichung dieser hohen Erwartungen. In einer repräsentativen Civey-Umfrage des Tagesspiegel liegt die SPD derzeit bei 17,6 Prozent. Knapp hinter den Koalitionspartnern Linken und Grünen. Vorn liegt die CDU mit 18,9 Prozent. Und der Regierende Bürgermeister und SPD-Landeschef Michael Müller ist in einer Forsa-Umfrage Anfang September im Beliebtheitsvergleich der elf Senatsmitglieder auf den siebten Platz abgerutscht. Am 26. Mai 2019 wird das Europaparlament neu gewählt. Manche Genossen befürchten, dass die SPD im Osten Berlins bei dieser Wahl im einstelligen Bereich landen könnte.

Freuen kann sich die Parteispitze darüber, dass die Zahl der Mitglieder nach wie vor bei 21.000 liegt. Davon aber nur ein knappes Viertel in den östlichen Parteigliederungen. Für die neuen Genossen schlägt die SPD-Kommission ein „Starter-Paket“ vor, zu dem Einstiegsseminare in die Parteiarbeit, Fortbildungsangebote zum SPD-Statut oder Schulungen über die Beteiligungsmöglichkeiten in Ortsverbänden, Foren und Fachausschüssen gehören. Sitzungen sollen in der Regel nicht länger als zwei Stunden dauern und das digitale Angebot soll ausgebaut werden. Außerdem wird empfohlen, die SPD-Spitzenkandidatur für das Amt des Regierenden Bürgermeisters obligatorisch per Mitgliederentscheid zu ermitteln, wenn mehr als eine Bewerbung vorliegt.

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