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Ab Ende 2020 erhalten Landesbeschäftigte ein gratis BVG-Ticket für den AB-Bereich.

© Daniel Naupold/dpa

Update

Landeshaushalt bis 2021: Kostenloses BVG-Ticket für Beschäftigte der Berliner Verwaltung

Der Senat hat am Dienstag den neuen Doppelhaushalt beschlossen. Die Personalkosten steigen enorm, die Investitionen stagnieren und die Zinsen bleiben billig.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Beschäftigten der Berliner Verwaltung erhalten ab Herbst 2020 ein kostenloses Ticket für den AB-Bereich, außerdem eine ergänzende Barleistung. Optional können die Bediensteten eine monatliche Gehaltsaufbesserung von 150 Euro brutto in Anspruch nehmen.

Das ist Bestandteil des Landeshaushalts für 2020 und 2021, dessen Entwurf am Dienstag vom Senat beschlossen wurde, und lehnt sich an ähnliche Modelle in Hessen und in München an. Der Haushalt wird dadurch mit jährlich 234 Millionen Euro (im Jahr 2021) belastet.

Diese Kombi-Lösung für mehr als 120.000 Mitarbeiter in der Haupt- und Bezirksverwaltung des Landes Berlin geht auf einen Parteitagsbeschluss der Berliner SPD für eine „Ballungsraumzulage“ zurück, wurde aber auf Drängen der Grünen in ein „Optionsmodell“ umgewandelt. Das kommt auch den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) entgegen, die wegen erheblicher Gehaltserhöhungen mit einer Finanzlücke von fast 100 Millionen Euro kämpfen. Wenn auch nur ein Teil der öffentlich Beschäftigten sich für das Nahverkehrs-Ticket anstatt der „Cash-Zahlung“ entscheidet, fließt ein hoher zweistelliger Millionenbetrag als rechtskonformer Landeszuschuss in die BVG-Kasse.

Für die neue Wohltat zugunsten der Landesbeschäftigten muss noch ein Gesetz erarbeitet werden. Der SPD wäre es recht, wenn die neue Regelung nicht erst im November 2020, sondern vielleicht schon im Mai nächsten Jahres in Kraft tritt. Es ist auch daran gedacht, den Berliner Landesunternehmen zu erlauben, ihren Mitarbeitern das neue „Optionsmodell“ zukommen zu lassen. Die Unternehmen müssen es dann aber aus eigener Kraft finanzieren.

3300 Seiten umfasst der Doppelhaushalt

Die Berliner Grünen sehen diese Einigung im Rahmen des neuen Berliner Haushalts als ihren Erfolg. Das kostenfreie BVG-Landesticket plus Barleistung entlaste die Landesbediensteten und erreiche außerdem, „dass mehr Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen", sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop dem Tagesspiegel.

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Auch der SPD-Fraktionschef Raed Saleh sieht Grund zur Freude. Mit der „Ballungsraumzulage“ von 150 Euro – das BVG-Ticket erwähnt er nicht – werde die „wirtschaftliche Basis der Menschen in Berlin gestärkt“. Damit komme der Senat dem Ziel, die Stadt für alle bezahlbar zu halten, einen riesigen Schritt näher.

Mehrere Stunden haben sich die Senatsmitglieder am Dienstag über das 3300 Seiten umfassende Zahlenwerk für die nächsten zwei Jahre gebeugt. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) sprach von „sehr komplexen Haushaltsberatungen“. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse für Bund und Länder ab 2020 musste auch für Berlin landesgesetzlich festgeschrieben werden. Der reformierte Länderfinanzausgleich schlägt sich ab nächstem Jahr ebenfalls im neuen Doppeletat nieder.

Die Landesbediensteten sollen in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln können

Im nächsten Jahr will das Land Berlin 30,5 Milliarden Euro ausgeben, 2021 sogar 31,9 Milliarden Euro. Besonders auffällig ist der starke Anstieg der Personalausgaben (14,3 Prozent in zwei Jahren). Darin widerspiegeln sich die jüngsten Tarifabschlüsse und das Ziel des Senats, auch die Gehälter der Beamten bis 2021 an den Durchschnitt der übrigen Bundesländer anzupassen.

Investieren und konsolidieren, das ist die Leitlinie des Finanzsenators Matthias Kollatz (SPD).
Investieren und konsolidieren, das ist die Leitlinie des Finanzsenators Matthias Kollatz (SPD).

© Jörg Carstensen / dpa

Die neue „Ballungsraumzulage“ wird darauf angerechnet, bestätigte Senator Kollatz am Dienstag. Zudem benötigt die wachsende Stadt Berlin mehr öffentliches Personal. 2020 kommen 1899 Stellen hinzu, im Folgejahr weitere 2204 Stellen. Davon profitieren vor allem Polizei und Feuerwehr, aber auch Schulen und Finanzämter, Gerichte, Staatsanwaltschaften und Haftanstalten.

Außerdem will der Senat den Landesbediensteten anbieten, in die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln. Das kommt Mitarbeitern entgegen, die Kinder haben oder nicht so gut verdienen. Dafür muss im Landeshaushalt eine „pauschale Beihilfe zu einer Krankenvollversicherung“ eingeplant werden.

Für die Schuldentilgung bleiben 2019 nur noch 221 Millionen Euro übrig

Ab 2020 schlägt auch das schon beschlossene kostenlose Schülerticket für den Nahverkehr und das kostenfreie Schulessen mit jährlich 130 Millionen Euro zu Buche. Für die Schulbausanierung werden in den nächsten beiden Jahren insgesamt 1,3 Milliarden Euro ausgegeben, auch für Hochschulverträge, Wohnungsbauförderung und Sozialausgaben – um nur einige Beispiele zu nennen – steht deutlich mehr Geld zur Verfügung. Für die Berliner Schulbauoffensive wurde ein landeseigenes Sondervermögen gegründet.

Die öffentlichen Ausgaben für die Informations- und Kommunikationstechnik des Landes Berlin erhöht sich von 324 Millionen Euro (2019) auf 441 Millionen Euro (2020), im darauffolgenden Jahr stehen 482 Millionen Euro zur Verfügung. Außerdem hat Finanzsenator Kollatz im Rahmen des landeseigenen Investitionsfonds Siwana einen neuen Sparstrumpf gestrickt. Denn er rechnet für das laufende Jahr wieder mit einem enorm hohen Jahresüberschuss. Die Prognose liegt bei 1,7 Milliarden Euro. Davon sollen 370 Millionen in „Siwana VI“ fließen.

Unter anderem gibt es Geld für den Kitaausbau, für Schulmodulbauten, den dritten Bauabschnitt der Alice-Salomon-Fachhochschule, für die Sanierung des Rathauses Schöneberg und andere Bezirksprojekte. Dazu zählt auch der künftige Wissenschaftscampus Siemensstadt. In den neuen Schulbaufinanzierungsfonds fließen aus dem Überschuss 600 Millionen Euro, weitere 700 Millionen Euro werden in eine „allgemeine Rücklage“ für das Jahr 2021 gesteckt. Da bleiben für die Schuldentilgung 2019 nur noch 221 Millionen Euro (statt geplanter 450 Millionen Euro) übrig. Kollatz hofft, dass dies nicht das letzte Wort ist.

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