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Nils Melzer und Niklas Harder wollen auf dem Lötschbergdreieck in Biesdorf einen sogenannten Dirttrail zum BMX-Fahren anlegen

© Sven Darmer

Und täglich grüßt die Zauneidechse: Neues Freizeitgelände im Osten Berlins

In Biesdorf sollen ein Hundeauslaufgebiet, ein Gemeinschaftsgarte und ein BMX-Parcours auf einer Brachfläche entstehen. Doch ein Gutachten sieht Gefahr für Flora und Fauna.

Von Johanna Treblin

Straße nein, Schule vielleicht, Fahrräder – muss das sein und Hunde: bitte nicht. Der im März 2022 beauftrage Sachverständige hat sein Artenschutzgutachten für das Lötschbergdreieck vorgelegt. Dort will eine Initiative von Nachbar:innen einen naturnahen BMX-Parcours, einen Hundeauslaufplatz und einen Gemeinschaftsgarten mit Hochbeeten einrichten. Seit mehr als einem Jahr wartet die Gruppe darauf, die rund 17.000 Quadratmeter große Brachfläche zwischen Lötschberg- und Weißenhöher Straße in Biesdorf nutzen zu können.

Ab 2026 sollen auf der Fläche, die der städtischen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) gehört, Maschinen und Baumaterial für den Straßenbau der Tangentialen Verbindung Ost (TVO) abgestellt werden. Anschließend ist ein Schulbau vorgesehen.

Doch nun sieht es erst einmal so aus, als bremse das Gutachten alle Pläne aus. Im Grunde wäre es dem Sachverständigen nach mehrmaligen Besuchen auf dem Grundstück am liebsten, die Fläche würde als Brache beibehalten, auf der sich Tier- und Pflanzenwelt ausgebreitet hat.

Geschütze Tiere wie Zauneidechse und Fledermäuse leben hier

Der Sachverständige berichtet von einem Reh, einem Fuchsbau und schließt nicht aus, dass auch Steinmarder und Mauswiesel auf dem Grundstück leben. Auch diverse Nagetiere könnten auf der Fläche beheimatet sein. Drei Fledermausarten habe er „als Nahrungsgäste“ auf dem Grundstück gefunden, die auf der Roten Liste stünden. Ob sie dort auch ihr Quartier haben, konnte er nicht feststellen.

Zudem beobachtete er zwei Weibchen und zwei Jungtiere der geschützten Zauneidechse, die häufigste Echsenart in Berlin, die schon mehrere Bauprojekte in Berlin ausgebremst hat. Für ein Wohnungsbauprojekt in Lichterfelde-Süd wurden sie zuletzt umgesiedelt. Der Gutachter geht von einem hohen Vorkommen auf er Brache aus. Gartenabfälle, die auf dem Grundstück lagerten, bildeten „hervorragende Sonn- und Versteckplätze“ für die Tiere. Auf dem Lötschbergdreieck beobachtete der Gutachter zwei Weibchen und zwei Jungtiere.

Die geplante Straßen-TVO wäre ein schwerer Schaden.

Artenschutzgutachten Lötschbergdreieck

Sein Fazit: „Die geplante Straßen-TVO wäre bau-, anlage- und betriebsbedingt, zumal im Klimawandel, ein großer räumlich-ökologisch schwerer Schaden.“ Auch einen Schulbau sieht er kritisch. Einen naturnahen Garten hält er für besser geeignet als einen Gemeinschaftsgarten, ohne näher auszuführen, warum sich beides ausschließen sollte.

Für den BMX-Parcours könnte aus Sicht des Gutachters ein „artenschutzrechtlicher Ausgleich erforderlich sein“. Für das Hundeauslaufgebiet macht er keine Empfehlung, schreibt aber: „Hier wäre nur noch eine Tierart im Fokus: der oder die Hunde. Alle anderen Arten würden mehr oder weniger stark gestört werden und zum Teil verschwinden.“

Ist das eine Familie? Lebt die da? Oder sind die da nur mal spielen gegangen?

Martina Harder

Für die Lötschberg-Initiative sieht es nun schlecht aus. Bei einem Treffen mit Bezirksamt erklärte ein BIM-Vertreter, unter den Voraussetzungen könne er keinen vorläufigen Vertrag unterzeichnen. Noch steht allerdings die Auswertung durch das Umweltamt aus.

Martina Harder und Denise Melzer, deren Söhne Nils und Niklas den BMX-Parcours planen, zweifeln an der Aussagekraft des Gutachtens. „Da steht viel Könnte und Würde drin“, sagt Harder dem Tagesspiegel. Der Sachverständige nenne Funde von Tieren, aber nicht, wo genau er sie beobachtet hat und ob die „ein oder zwei Vögel“ dort dauerhaft lebten oder nur mal „vorbeigeschaut“ hätten. Und die Zauneidechsen: „Ist das eine Familie? Lebt die da? Oder sind die da nur mal spielen gegangen?“

„Die Jungs sind sehr enttäuscht“, sagt Melzer am Telefon. „Eineinhalb Jahre wurden vertrödelt. Mein Sohn schreibt diesen Sommer Abitur und geht dann in die Lehre. Er weiß nicht, ob es es dann noch schafft, sich weiter um den Dirttrail zu kümmern.“

Der Vertreter der BIM schlug zwei Alternativstandorte vor. Einer ist am Elsterwerdaer Platz neben einem Supermarkt für Tiefkühlnahrung. Ein zweiter an der Köpenicker/Weißenhöher Straße soll nun geprüft werden. Beide sind allerdings nur ein Bruchteil so groß wie das Lötschbergdreieck. „Das ist deutlich zu wenig“, sagt Melzer. Stadträtin Witt hingegen meint: besser als nichts und rät der Initiative zuzugreifen.

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