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Test bestanden: Der "Enviro 500" der Firma Alexander Dennis 2015 vor der britischen Botschaft.

© Mike Wolff

Trotz Fahrverboten in Berlin: BVG kauft 200 neue Diesel-Doppeldecker

Fahrverbote hin oder her: Im Nahverkehr kommen weiter Diesel zum Einsatz – es gibt noch keine Doppeldecker mit Elektroantrieb. Die Kosten: 220 Millionen Euro.

Ein Hauch von Schottland kommt jetzt nach Berlin: Die BVG beschafft nach Tagesspiegel-Informationen erstmals Doppeldecker des schottischen Herstellers Alexander Dennis. Nach den aktuellen Plänen, denen am Donnerstag der Aufsichtsrat zugestimmt hat, sollen bis zu 200 neue Doppeldecker beschafft werden – vorläufig mit modernem Euro-6-Dieselmotor. Aber ein Umstellen auf Elektroantrieb soll möglich sein.

Zunächst sollen zwei Busse gebaut werden, die die BVG dann ausgiebig testen wolle, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Intern rechnet man damit, dass der erste Bus etwa 2020 geliefert werden kann. Bewähren sich die Probebusse, wolle man zunächst 70 Busse fest bestellen. Bis zu 200 sieht der Rahmenvertrag laut BVG vor.

Derzeit hat das Unternehmen 397 einsatzfähige Doppeldecker; 250 von ihnen werden nach und nach nochmals von Grund auf erneuert. Vor allem Rost hat ihnen zugesetzt. 416 waren 2005 bis 2010 beschafft worden. Einige waren aber bereits nicht mehr zu reparieren. Auch einen Brandschaden hatte es gegeben. Hersteller war MAN, den Innenausbau hatten die Werkstätten der BVG übernommen. Glücklich war die BVG mit diesen Typen nicht. Sie sind sehr schwer und sie sind Spritschlucker. Versuche mit leichteren – und kürzeren – Typen brachten aber keine Lösung.

Nur wenige Unternehmen bauen Doppeldecker

Alexander Dennis war von Anfang an Favorit auf dem sehr engen Markt. Nur wenige Unternehmen bieten den Bau von Doppeldeckern an. Das Angebot von Alexander Dennis ist sehr flexibel: Die Busse gibt es wahlweise mit zwei oder drei Achsen, mit zwei oder drei Türen und mit Varianten beim Zugang zum Oberdeck. Für welchen Typ sich die BVG entschieden hat, ist noch nicht bekannt, denn sie will den Gewinner der europaweiten Ausschreibung offiziell erst nennen, wenn die vorgeschriebene Wartefrist verstrichen ist.

Einen Bus von Alexander Dennis hatte die BVG bereits 2015 getestet. Damals war ihr aber vor allem der Preis zu hoch. Die jetzt vom Aufsichtsrat freigegebene Investitionssumme beträgt nach Angaben der BVG bis zu 220 Millionen Euro. Die BVG muss den Kauf aus eigener Kraft finanzieren.

Für Doppeldecker gibt es noch keinen E-Antrieb. Sobald es ein serienreifes Angebot gebe, werde man nur noch elektrisch angetriebene Fahrzeuge beschaffen, teilte die BVG mit. Der Beschluss zum Kauf sei auch ein Aufruf an die Industrie, die Nachfrage nach elektrisch betriebenen Doppeldeckern zu erfüllen.

Vorübergehend hatte die BVG auch erwogen, wegen der hohen Kosten ganz auf Doppeldecker zu verzichten, sich dann aber doch entschlossen, ungefähr ein Drittel der Flotte weiter doppelstöckig fahren zu lassen.

Immer mehr Fahrgäste

In der wachsenden Stadt steigt auch die Zahl der Fahrgäste im Nahverkehr. Der Doppeldecker hat den Vorteil, dass er auch mehr Sitzplätze bietet als ein üblicher Gelenkbus, der vor allem mit stehenden Fahrgästen gefüllt wird. Zudem ist die Aussicht von oben vor allem bei Touristen beliebt. Und einen Großteil des Verkehrs müssen auch in Zukunft Busse übernehmen. Nur besonders nachfragestarke Verbindungen sollen durch den Bau neuer Straßenbahn-Strecken ersetzt werden – wie auf der Route Alexanderplatz–Potsdamer Platz–Rathaus Steglitz.

Die BVG kauft aber nicht nur bei Alexander Dennis ein. Mit Mercedes Benz hat sie einen Rahmenvertrag zum Kauf von maximal 600 Gelenkbussen und 350 kürzeren Eindeckern abgeschlossen. Die erste Marge soll im nächsten Jahr ausgeliefert werden. Auch diese Fahrzeuge haben noch einen Dieselmotor. Bei ihnen soll aber ebenfalls ein Umrüsten auf den E-Antrieb erfolgen, sobald er serienreif ist. Ab 2030 will die BVG Busse nur noch ohne fossilen Kraftstoff einsetzen.

30 Elektrobusse hat sie bereits in Auftrag gegeben. Jeweils 15 stellen Mercedes Benz und das polnische Unternehmen Solaris her. Auch elektrisch fahrende Gelenkbusse stehen auf der Einkaufsliste.

Zwischen den Bahnhöfen Südkreuz und Zoo hat die BVG vier E-Busse im Testbetrieb laufen lassen. Nach anfänglichen Problemen lief der Betrieb zufriedenstellend, heißt es. Nur das berührungslose Laden nach dem Prinzip einer elektrischen Zahnbürste habe sich in der Praxis nicht bewährt.

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