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Die Berliner dürfen ihre Wohnung künftig für bis zu 60 Tage im Jahr weitervermieten.

© Britta Pedersen/dpa

Zweckentfremdungsverbot in Berlin: Neue Regeln für Ferienwohnungen greifen nicht

Seit Mai darf jeder Berliner seine Wohnung zeitweise als Ferienwohnung vermieten – sofern man sich registrieren lässt. Doch es gibt nur wenige Anträge.

Knapp einen Monat, nachdem der Senat das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen zum zweiten Mal überarbeitet hat, reagieren die Vermieter von Ferienwohnungen nur vereinzelt auf die Regelungen und die neu ins Gesetz verankerte Registrierungspflicht. Dies ergab eine Tagesspiegel-Umfrage unter allen Berliner Bezirken.

Obwohl sich jeder Berliner registrieren lassen muss, wenn er seine vier Wände als Ferienwohnung vermieten will, gab es bisher nur etwa 70 konkrete Anmeldungen bei den Wohnungsämtern. Diese befürchten aufgrund der der Gesetzesnovelle dennoch vor allem einen zusätzlichen Arbeitsaufwand und beklagen die möglichen Tricks zur Umgehung des neuen Gesetzes.

Noch gilt eine Schonfrist

Seit Mai darf jeder Berliner seine Wohnung vermieten sofern er sich registrieren lässt. Außerdem muss er über seine Vermietungen Buch führen und diese einmal jährlich melden. Derzeit besteht allerdings noch eine Schonfrist, die erst zum 1. August ausläuft. Spätestens dann aber muss jeder diesen kleinen Zuverdienst durch Weitervermietung in seinem Bezirk angemeldet haben.

Damit, dass diese Frist noch läuft, erklären viele Wohnungsämter auch das bisher eher geringe Interesse der Berliner an den Neuregelungen. Ein weiterer Grund kommt hinzu: Aus Kreuzberg und Pankow ist außerdem zu hören, dass die Ämter weiterhin nur schwer auf illegale Vermieter zugreifen können.

Denn der wichtigste Online-Vermittler von Ferienwohnungen, die Plattform Airbnb, verschleiere die Adressen der Wohnungen, gebe an die Behörden keine Daten seiner Kunden heraus, und weil die Firma ihren Firmensitz in Dublin hat, sei dieser auch mit deutschen Rechtsmitteln nicht beizukommen.

Dabei hat die Akzeptanz des Geschäftsmodells mit privaten Ferienwohnungen unter Berlins Einwohnern offenbar deutlich abgenommen. In besonders stark vom Rollkoffertourismus betroffenen Bezirken wie Mitte heißt es: „Die Menschen regen sich über Ferienwohnungen auf und können oftmals nicht verstehen, warum quasi nichts passiert.“

Das sagt etwa Mittes Bezirksstadträtin für Bürgerdienste Sandra Obermeyer. In ihrem Stadtteil gibt es besonders viele Ferienwohnungen. Einige Vermieter betrieben dort schon lange vor der Einführung des Verbotes im Jahr 2014 ihr damals noch legales Geschäft. Und weil einige Gerichte in Einzelfällen zugunsten der Vermieter urteilten, liegt der Streit nun zur Klärung beim Bundesverfassungsgericht. Deshalb ruhen auch viele Verfahren zur „rechtswidrigen Nutzung“ von Wohnungen, heißt es in Mitte.

Bußgelder in Millionenhöhe

Sicher vor Entdeckung und Sanktionierung sollten sich Vermieter von Ferienwohnungen trotzdem nicht fühlen: Allein im vergangenen Jahr erhoben Berliner Bezirke Bußgelder in Höhe von zusammen rund 2,6 Millionen Euro, meldet die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Zu den Vorkämpfern gegen die Zweckentfremdung zählt der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, dessen Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) dem Partytourismus, der wegen der Lautstärke und der zurückbleibenden Müllberge umstritten ist, schon mal mit einem „Verhaltenkodex“ beikommen wollte.

Allein in den ersten Monaten dieses Jahres flossen knapp 125.000 Euro Bußgelder aus den Taschen uneinsichtiger Vermieter von Ferienwohnungen in die Kassen dieses Bezirks. Trotzdem beklagen die Verantwortlichen in Friedrichshain-Kreuzberg, dass die Novelle eine „Aufweichung“ des Gesetzes zur Bekämpfung der Zweckentfremdung darstelle.

Die Wohnungsnot verschärft sich

Denn aus Sicht des grün regierten Bezirks und des rot-rot-grün regierten Landes Berlin verschärft jede illegal genutzte Ferienwohnung zusätzlich die ohnehin bestehende Wohnungsnot in der deutschen Hauptstadt. Nach einer Aufstellung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist die Bekämpfung der illegalen Vermietung dennoch ein Erfolg, weil dadurch fast 8000 Wohnungen wieder „dem regulären Wohnungsmarkt zugeführt“ worden seien.

Nach einer Studie des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes gibt es in Berlin 10.000 bis 25.000 Ferienwohnungen. Allerdings bestreitet der Interessenverein der Berliner Privatvermieter, der professionelle Anbieter von Ferienwohnungen repräsentiert, diese Zahl.

Dort spricht man von „2500 bis 3500 aktiv vermieteten Ferienwohnungen in ganz Berlin.“ Für die Hotel- und Gaststättenbetreiber sind Ferienwohnungen eine unlautere Konkurrenz, weil sie nicht den Regulierungen des Gewerbes unterliegen und teils an der Steuer vorbei wirtschaften.

In einer früheren Version dieses Beitrags stand fälschlicherweise, dass Wohnungen 60 Tage im Jahr vermietet werden dürfen. Diese Regelung wurde vor Verabschiedung des Gesetzes aus diesem gestrichen. Wir bitten um Entschuldigung für diesen Fehler.

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