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Hier können die letzten Fleischesser des Bezirks sündigen.

© Julia Prosinger

Berliner Imbisse im Test: Hier können selbst wursterfahrene Berliner noch etwas lernen

Ketels Grill wirbt mit der „lecker Bratwurst von happy Pigs“. Die Schlange ist länger als im veganisierten Berlin-Mitte erwartet.

Von Julia Prosinger

Was diese Stadt braucht: einen neuen Flughafen, sichere Radwege und bezahlbaren Wohnraum. Was diese Stadt nicht braucht: eine weitere Wurstbude. Schon gar keine, die behauptet, Berlins beste Currywurst anzufertigen. Im Glaubenskrieg zwischen Konnopke und Curry 36, zwischen mit und ohne Darm, extra- und superscharf, zwischen 1,20-billig und Neuland-Fleisch kann es keine Gewinner geben.

Niko hat dennoch Würste nach Berlin getragen – an die Brache Invaliden-/Ackerstraße, wo er aus einem Imbissanhänger heraus Ketels Grill (ein Wortspiel mit seinem Nachnamen, den er nicht verraten will) betreibt. Natürlich ist auch er überzeugt, dass seine Curry (2,80 Euro) alle anderen übertrifft. Weil er weiß, wo seine Wurst aufgewachsen ist. Und weil er sie grillt und nicht, wie es sonst oft geschieht, frittiert. Das werden hier nur Pommes, drei Mal sogar, bis sie knusprig genug sind und mit viel Mut zum Paprikasalz gewürzt werden.

Bereits gänzlich wurstmüde stellt man sich also in die Schlange, die länger ist als im veganisierten Berlin-Mitte erwartet, um gemeinsam mit den letzten Fleischessern des Bezirks, Schülern, Touristen und widerständlerischen Startupplern, an zwei Stehtischen und zwei Holzbänken zu sündigen.

Für die Wildbratwurst plündert ein Freund auf Rügen seine Jagdgründe

Tatsächlich – hier können selbst die Berliner noch etwas lernen: Die „lecker Bratwurst von happy Pigs“, mit der Niko wirbt, stammt von einem kleinen Brandenburger Hof an der Grenze zu Sachsen, mit eigener Schlachterei. Der Rest ist Betriebsgeheimnis. Sie schmeckt als Currywurst genauso frisch wie als gebrühte Bärlauchvariante. Für die wunderbar majoranige, grobe Wildbratwurst plündert ein Freund von Niko auf Gut Kartzitz auf Rügen seine Jagdgründe, und die Käsekrainer, die Wurst, die zu Unrecht nicht zum Standardrepertoire der Hauptstadt-Buden gehört, gelingt perfekt: knackige Haut, würziger Emmentaler, dazu Bautz’ner Senf.

Es geht um die Wurst. Curry, grobe Wildbratwurst und die perfekte Käsekrainer.
Es geht um die Wurst. Curry, grobe Wildbratwurst und die perfekte Käsekrainer.

© Julia Prosinger

Im Winter verkauft Niko, rund um die Wurst und ein Lagerfeuer, Nordmanntannen, Glühwein und Wild für den Weihnachtsbraten in einer Jurte, dem Knusperhäuschen. Auch jetzt mahnen die aufgestapelten Holzscheite vor dem Wagen, den Sommer zu genießen. Solange er währt.

Adresse Invalidenstraße 5 / Ackerstraße, Mitte
Internet facebook.com/KetelsGrill

Geöffnet  Di–Sa, 12–21 Uhr

Interessanter Nachbar „Les Patisseries de Sebastien“, Invalidenstraße 157, dort gibt es die besten Eclaires.

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