Astier de Villatte: Die Pariser Wunderkammer
Das Duo Astier de Villatte hat in Paris einen Designkosmos geschaffen, der zwischen altmodisch und modern changiert.
In einer der nobelsten Straßen von Paris, der Rue Saint Honoré, haben Benoît Astier de Villatte und Ivan Pericoli ihr Reich. Sie wecken damit eine verloren geglaubte Welt, die der Wunderkammer. Nur, dass sie selbst für diese Wunder sorgen.
Sie lernten sich vor fast vierzig Jahren an der Pariser Kunsthochschule kennen und beschlossen, sich dem Schönen in all seiner Vielfalt zu widmen. Dieser Eklektizismus ist selten geworden, in einer Zeit, in der sich jede Marke auf das spezialisiert, was sie erkennbar macht. „Wenn wir den Laden nicht eröffnet hätten, würden wir vielleicht in unserem Atelier sitzen und Keramik machen“, sagt Benoît Astier de Villatte.
Dieser Laden hat eine lange Geschichte. Die Beiden vermuten, dass es ihn schon im 18. Jahrhundert gab und er damals ein Bazar mit Möbeln, Silber und Parfüm war. Deshalb wollten sie auch ihre eigenen Düfte verkaufen. Dafür haben sie mit einer Parfüm-Historikerin zusammengearbeitet.
Mit ihr und dem Parfümeur Dominique Ropion entwickelten sie ein Parfüm nach einem Rezept aus dem alten Ägypten, eines, das bei den Römern beliebt war und ein drittes, das aus den Resten eines Parfums vom Boden eines Flakons aus dem 19. Jahrhundert rekonstruiert wurde.
„Es ist unglaublich, Dominique Ropion hat es geschafft!“ Ivan Pericoli ist ehrlich begeistert von der Könnerschaft seiner Mitstreitenden. In ihrer Pariser Keramikwerkstatt sind sie umgeben von tibetanischen Mönchen, die mit besonderer Hingabe Tassen und Teller formen. Im Mai stellten sie die Parfüms in Berlin bei Melanie Dal Canton in der Knaackstraße vor.
Bei ihr gibt es auch die Schwarz-Keramik der Beiden. Schon an der Kunsthochschule brachte sie ein Bildhauer mit dem dunklen Ton in Kontakt. Da er weiß glasiert wird, schimmert beim fertigen Produkt etwas Dunkles an die Oberfläche.
Auf den ersten Blick wirken viele Dinge von Astier de Villatte, wie immer schon dagewesen. Ob dies nun gepolsterte Sessel, Lampenschirme in Form von Blütenblättern oder Notizbücher mit Goldschnitt sind. Auf den zweiten Blick offenbaren sie etwas Modernes, dass das Bild ein wenig schief und damit interessant werden lässt.
Diese Modernität drückt sich nicht dadurch aus, dass die Ecken und Kanten der Produkte gerade gezogen wurden, sondern sie ihre Unregelmäßigkeiten behalten durften – wie bei den Gläsern, in denen Luftbläschen eingeschlossen sind. Es ist so, als würden sie Dinge aus der Vergangenheit, die nie existiert haben, neu erfinden.
Auch wenn sie ein Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden führen, lassen sie sich nicht vorschreiben, womit sie sich als Nächstes beschäftigen. „Wir hören nicht so sehr auf den Markt, sondern auf unser Gefühl. Vielleicht verkaufen wir demnächst Cracker“, sagt Ivan Pericoli. Dann weiß man, wie das 18. Jahrhundert geschmeckt haben könnte.
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