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Studiert Theater in Berlin und fährt mit der ARD über die Donau: Daniel Küblböck.

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13 Jahre nach DSDS: Die nächste Karriere des Daniel Küblböck

"DSDS"-Star mit 18 – und plötzlich 31. Eine Begegnung mit Daniel Küblböck, der jetzt in der ARD-Dokusoap "Verrückt nach Fluss" auftritt.

Es gibt da eine kindliche Erfahrung. Kam die Tante zu Besuch, setzte es einen furchtbar feuchten Kuss, garniert mit dem Ausruf: „Was bist du groß geworden!“ Scheußlich. Umso seltsamer ist es, wenn Erwachsene diesen Impuls Jahrzehnte später in sich selbst verspüren. Denn kaum hat sich ein naher Verwandter vieler Fernsehzuschauer wie aus dem Nichts in einem Hamburger Hotel materialisiert, um seine Rückkehr auf den Bildschirm zu bewerben, da möchte man diesen Mann drücken und ihm zurufen, wie groß er doch geworden sei. Erwachsen. Seriös! Bei Daniel Küblböck klingen derlei Attribute fast nach Vergreisung.

Schließlich läuft die Vorurteilsmaschine bei schierer Nennung seines Namens bereits auf Hochtouren: Vor 13 Jahren war der Kinderpfleger ins Leitmedium galoppiert und hat es im Glanz seiner Androgynität eine Weile nicht verlassen. Als schillerndster Kandidat der Premiere von „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) konnte der Hauptschüler aus Hutthurm zwar nicht singen. Dies jedoch tat er mit einer solch hinreißenden Naivität, dass dem Halbfinal-Aus neben vier Top-Hits mit gerade mal 18 Jahren eine Autobiografie nebst Boulevardgebrüll und Feuilleton-Gespött folgte.

Da saß er nun mit all dem Ruhm und Spott, dem schnellen Geld und noch schnellerem Hass im Vorgestern: nach rasantem Gipfelsturm tief im Tal abgedankter B-Promis wie im „Dschungelcamp“, ein Fossil des Trash-TV im Teenageralter. Und nun? Sitzt er mit all den guten wie schlechten Erfahrungen, den flüchtigen Beliebtheitswerten und noch flüchtigeren Geldreserven im Heute, stellt sich als Stargast der harmlosen ARD-Dokusoap „Verrückt nach Fluss“ vor und wirkt dabei erstaunlich aufgeräumt. „Natürlich hätte ich manches anders gemacht“, kommentiert er die DSDS-Etappe, „aber alles hat dazu beigetragen, was für ein Mensch ich heute bin.“

Kurzer Abzweig zur ARD

Ein sehr geerdeter offenbar. Mit 31 studiert Küblböck an der Europäischen Theaterschule in Berlin Schauspiel und lässt die Zeit von der Bohlen-Protektion bis zur Tingelei durch zusehends kleinere Säle exakt so weit hinter sich, wie er selbst es will. Seinen Objekt-Status von damals reflektiert er selbstkritisch und ordnet die aktuellen Chancen als Subjekt so hoffnungsfroh wie realistisch ein.

„Funktionierende Medienfiguren sind immer Objekte, sogar Opfer“, sagt er im gewohnt hohen, nur etwas reiferen Singsang. „Aber wenn ich jetzt auf die Bühne will, ist es nicht das Rampenlicht, sondern echtes Theater.“ Der Abstecher ins Nachmittagsprogramm sei daher weder Hauptstraße noch Ausfahrt, sondern „kurzer Abzweig“. Dafür habe ihm sein Direktor einige Drehtage freigegeben, „aber nur, weil es die ARD ist und nicht RTL“. Ob das öffentlich-rechtliche Programm ihn allerdings weniger ausnutzt als der Privatsender, wenn es ihn auf seiner Donaukreuzfahrt als „eine der schrillsten Figuren des jungen Jahrtausends“ begrüßt? „Da hatten die wohl ein Klischee im Hinterkopf“, sagt er und fügt gelassen „so rein marketingtechnisch“ hinzu.

Ob Küblböck auf seinem Pfad in die Normalität noch etwas an Dieter Bohlen loswerden wolle? „Nö“, sagt er. „Wir haben uns auf einer reinen Geschäftsebene getroffen, von der wir beide profitiert haben.“ Rache liegt ihm ebenso fern wie Reue. Warum auch – ist fast so lang her wie die nassen Küsse einer Tante.

„Verrückt nach Fluss“, ARD, Mittwoch, 16 Uhr 10

Jan Freitag

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