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Aufklärern dürfen keine Nachteile entstehen, dafür müsse sich NDR-Intendant Joachim Knuth verbürgen, fordert der DJV Nord.

© NDR/Thomas Pritschet

Krise im NDR: Aus Angst Mut machen

Wie lassen sich Vorfälle wie in Kiel verhindern? Der DJV hat dazu einen interessanten Vorschlag.

Der DJV Nord fordert eine lückenlose und transparente Aufklärung der Vorwürfe gegen redaktionelle Führungskräfte des NDR-Landesstudios Kiel. „Darum muss sich der NDR nun wirklich kümmern“, sagte Stefan Endter, Geschäftsführer des DJV-Landesverbandes Nord Hamburg und Schleswig-Holstein, dem Tagesspiegel. Dies sei möglich, wenn Intendant, Senderleitung und Kontrollgremien auch gegenüber den Redakteuren und Redakteurinnen unmissverständlich klar machen, dass sie die Aufklärung wollen und niemand, der an der Aufklärung mitarbeitet, Nachteile zu befürchten hat. „Wir würden es ausdrücklich begrüßen, wenn sich Intendant Joachim Knuth hier sehr klar äußern würde.“

Knuth hatte am Donnerstag gesagt, für ihn sei in den vergangenen Tagen sehr deutlich geworden, dass im Landesfunkhaus in Kiel „nicht nur aufgeklärt werden muss, sondern auch Dinge geändert werden müssen.“ Man stoße für die Gestaltung der Zukunft nun einen Prozess an, um künftig ein „Klima des Muts“ zu etablieren.

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„Das Neue beim NDR ist die systemische Problematik“, betont Endter. Im Landesfunkhaus in Kiel sei es zu journalistisch wenig begründbaren Entscheidungen gekommen. Es geht um Medienberichte von „Business Insider“ und „Stern“ über „politische Filter“, unterdrückte Recherchen und andere Formen der Einflussnahme auf die Berichterstattung. „Die Kollegen und Kolleginnen sprechen von einem Klima der Angst“, so der DJV-Mann. Wenn davon auf einer so breiten Basis berichtet wird, sei das sehr ernst zu nehmen. „Das geht weit über einen Einzelfall-Konflikt hinaus.“

Um Vorfälle wie im Funkhaus Kiel künftig zu verhindern, schlägt Endter ein Rotationsmodell vor, wie es das bei Auslandskorrespondenten gibt. So könne verhindert werden, dass sich Dinge einschleifen und eine zu große Nähe zum Objekt der Berichterstattung entsteht. Zudem spricht er sich dafür aus, die Redaktionsausschüsse zu stärken, um die Kontrollfunktion besser ausüben zu können.

Dimension in „keiner Weise absehbar“

Auch für die Journalistengewerkschaft kamen die Enthüllungen überraschend: „Wir hatten Einzelfallprobleme, gegen die wir auch zu Gericht gezogen sind. Aber ein Skandal in der jetzt bekannt gewordenen Dimension, das war für uns in keiner Weise absehbar.“

„Diese Dimension, die hier beim NDR in Kiel sichtbar wurde, hat eine neue Qualität.“ Weil hier der Kernbereich der öffentlich-rechtlichen Arbeit berührt ist – also das Vertrauen in den unabhängigen Qualitätsjournalismus – ist der Schaden für die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks immens groß. Genau wie im Fall Schlesinger über den NDR hinaus“, befürchtet Endter.

Am Donnerstag hatte Landesfunkhausdirektor Volker Thormählen bekannt gegeben, dass er für einen Monat unbezahlten Urlaub nimmt. Bereits am Mittwoch hatten der Chefredakteur am Standort Kiel, Norbert Lorentzen, und die Politik-Verantwortliche Julia Stein darum gebeten, sie bis auf weiteres von ihren bisherigen Aufgaben zu entbinden. Lorentzen und auch der NDR hatten den Vorwurf von politischer Einflussnahme zurückgewiesen.

Ebenso wie im RBB tun die Journalisten im NDR nach Endters Ansicht nun das, was unabhängiger Journalismus fordert: sie setzen sich kritisch-recherchierend mit den Fehlentwicklungen in ihrem Sender auseinander. Endter verweist auf die beispielslose Protestaktion der Redaktion des „Schleswig-Holstein Magazin“ und die jüngste Ausgabe des Medienmagazins „Zapp“.

Gleichwohl könnte die Einrichtung eines speziellen Rechercheteams wie beim RBB sinnvoll sein. „Das könnte in der Außenwirkung auch für den NDR ein wichtiger Schritt sein, darum kann man das dem NDR nur raten.“ Kurt Sagatz

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