zum Hauptinhalt
Zwei Generationen, zwei Welten: Detective Sergeant Dodds (Jason Watkins) geht für Recherchen noch in die Bibliothek, seine neue Vorgesetzte Lauren McDonald (Tala Gouveia) ist mit ihrem Smartphone verwachsen.

© ZDF und Jon Hall

„McDonald & Dodds“ im ZDF: Ein seltsames Pärchen

Die Krimi-Reihe „McDonald & Dodds“ spielt mit dem Gegensatz von analoger und digitaler Welt. An „Inspector Barnaby“ oder „Lewis" reicht sie nicht heran.

Gegensätzlicher könnten sie nicht sein: Er ist irgendwo in den Fünfzigern, Haarkranz, Stirnglatze, Brille, trägt meist Hemd mit Krawatte und darüber einen grauen Pullunder, das Ganze wird gekrönt durch einen beigefarbenen Mantel mit Taschen und Kapuze. Tapsig und tölpelig bewegt er sich durch Stadt und Land. Ein aus der Zeit Gefallener. Unscheinbar, kauzig – und analog. Man übersieht ihn leicht. Sie kommt gerade aus London hier in der Provinz an, ist jung, irgendwo in den frühen Dreißigern, ein People of Colour, stets im dunklen Anzug gekleidet – und völlig humorfrei. Sie kommt mit Tablet an den Tatort, ist mit dem Smartphone verwachsen und kann nicht nachvollziehen, warum er in die Bibliothek geht, um in Büchern zu recherchieren. Saß er die letzten elf Jahre am Schreibtisch und ermittelt nun erstmals wieder draußen an der Front, einem Fossil gleich, hat sie nichts anderes im Sinn, als ihre Karriere anzutreiben. Nicht selten rückversichert sie sich: „Ich weiß es!“ „Hab ich recht?“.

Mit dem langsam betulichen Detective Sergeant Dodds (Jason Watkins, „The Crown“) und der nasskalt forschen DCI Lauren McDonald (Tala Gouveia, „Cold Feet“) haben sich zwei neue Ermittler gefunden, die sich wahrlich nicht gesucht haben. Sie sind wie Feuer und Eis. Sie passen überhaupt nicht zueinander.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können ]

Ort der neuen britischen, in losen 90-Minütern gehaltenen Krimi-Reihe „McDonald & Dodds“ ist das westenglische Städtchen Bath in Somerset. Er ist hier schon immer heimisch, sie wurde gerade aus der Metropole London dorthin versetzt. Sie ist nun seine neue Vorgesetzte und beide wiederum sind dem überaus glatten, alerten Chief Superintendent John Houseman (James Murray) unterstellt. Es ist alles andere als ein guter Anfang.

Eine Premiere mit prosaischem Titel

Der erste Fall des so ungleichen Ermittler-Paars, das sich bei jeder Kleinigkeit in die Wolle kriegt, trägt den eher prosaischen Titel „Der Tote nahm den Hut“. Dieser namenlose Tote, den offenbar niemand zu kennen scheint, liegt eines schönen Tages im weitläufigen Treppenhaus des feudalen Landsitzes von Unternehmer Max Crockett (Robert Lindsay), als dieser mit seiner hochschwangeren französischen Frau Mathilde (Natalie Mendoza) aus London zurückkommt. Beide sind sie entsetzt. Allerdings wird den Zuschauern auch gezeigt, wie der kernige Lebemann Crockett rasch, bevor die Polizei eintrifft, das alte Handy des Unbekannten an sich nimmt, Spuren verwischt und das Glas einer Seitentür von außen eintritt. Ob der reiche und im beschaulichen Bath sehr einflussreiche Unternehmer Crockett den Toten, dessen Hut hübsch dekoriert auf dem Marmorboden liegt, vielleicht doch kennt?

[„McDonald & Dodds“, Sonntag, ZDF, 22 Uhr 15]

„McDonald & Dodds“ – von Autor Robert Murphy, der auch die Drehbücher schrieb, erdacht – ist eine weitere neue Produktion des Senders ITV, dem es an Eigenproduktionen bekanntlich nicht mangelt. Zunächst wirkt der Reihen-Auftakt ziemlich unspannend und unoriginell und nimmt erst ganz allmählich Fahrt auf. Das Aufeinanderprallen der beiden antagonistischen Welten, in denen McDonald und Dodds leben, dem Analogen und dem Digitalen, wird weidlich thematisiert und immer wieder für kleine Einlagen bemüht. Doch wenn Dodds zum x-ten Mal nach seiner Brille sucht, die zum x-ten Mal auf seinem Kopf ruht, und die stets hippelige McDonald genervt die Augen verdreht und flucht, dann ist das einfach nur noch dröge. Auch ist die visuelle Ästhetik der Reihe glatt poliert, mainstreamig, ohne Kamerafahrten und Kameraeinstellungen, die auch nur einen Moment überraschen würden.

Verschroben trifft Unterkühlt

Nun könnte man lange eingeführten britischen Reihen wie etwa dem Longtime-Hit „Inspector Barnaby“ oder „Lewis“ – beides auch ITV-Produktionen – Selbiges auch vorwerfen, doch diese sind originell, haben Witz und Charme. Immerhin, die zweite Hälfte dieses 90-Minüters ist besser als die erste, und wenngleich da auch noch deutlich Luft nach oben ist – weitere Filme sind offenbar in Planung, ein zweiter, „Die Leiche hing am Wasserrohr“ läuft demnächst (Sonntag, 8. November) –, dann werden der verschrobene Dodds und die unterkühlte McDonald vielleicht doch noch miteinander warm. Und die Zuschauer mit ihnen.

Ganz am Ende des ersten Falls um den vermeintlich ominösen Toten, der seinen Hut nahm, stehen diese beiden so Ungleichen in der grünen englischen Landschaft nebeneinander, und ihr Blick schweift in die Ferne. Da schenkt McDonald Dodds ein Brillenband. Nun muss er die Brille nicht länger suchen. Es ist wohl das erste Mal, dass die junge Frau aus London lächelt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false