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Stillen bei der Arbeit: Das Model Mara Martin zeigte auf dem Laufsteg Bademoden - und ihre Tochter.

© imago/ZUMA Press

Babynahrung: Das stillende Model und die Muttermilchfrage

Model Mara Martin stillte ihre Tochter auf dem Catwalk – und kommentierte damit auf ungewöhnliche Art ein Thema, das auch politisch brisant ist. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Die Tochter habe plötzlich, noch hinter den Kulissen der „Sports Illustrated“-Modenschau, Hunger bekommen, erzählte Mara Martin hinterher, darum habe sie sich spontan entschlossen, sie auf dem Laufsteg zu stillen, quasi mitten in der Arbeit. Und so spazierte das Model im goldglitzernden Bikini, das fünf Monate alte Mädchen an der Brust, vor die Kameras der Modebranche. Das große mediale Echo quittierte sie mit der Bemerkung, sie könne nicht verstehen, wieso das Natürlichste der Welt so eine Aufregung erzeuge, es sei offenbar nötig, das Stillen aufzuwerten.

Eine Bemerkung, die wie ein Kommentar zum Streit um eine Resolution der Weltgesundheitsorganisation WHO über das Stillen klingt, über den die „New York Times“ jetzt berichtete. Auf Initiative von Ecuador sollte bereits im Mai die Resolution Muttermilch als gesündeste Art der Babynahrung benennen. Die Reaktion der USA war nach Angaben der Zeitung eine unverblümte Drohung:  Ecuador sollte die Resolution zurückziehen oder man werde militärische Hilfe und Handel begrenzen.

Geht es um die Interessen der Babynahrungsindustrie?

Die Wissenschaftlerin und Pulitzerpreisträgerin Laurie Garrett nannte die Aktion „Trumps Kampf gegen das Stillen“, mit dem er die 70 Milliarden Dollar schwere US-amerikanische Babynahrungsindustrie verteidige. Schon als 1981 als Reaktion auf weltweit sinkende Zahlen stillender Mütter ein „Internationaler Kodex zur Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten“ von der WHO verabschiedet wurde, hatten die USA dagegengestimmt.

Während Fragen zum Stillen in entwickelten Ländern heute häufig ein Lifestylethema sind und die Absatzzahlen für Babynahrung stagnieren, kommt ihnen in weniger entwickelten Ländern eine essentielle Rolle zu. Babynahrung kommt in Pulverform und muss mit Wasser angerührt werden, so dass die Qualität des verfügbaren Wassers oft das Hauptproblem ist. In seinem Buch „Am Tropf von Big Food“ hat der Journalist Thomas Kruchem 2017 zudem das aggressive Marketing der Babynahrungshersteller vor allem in China dargestellt, die gegen den Kodex verstießen, um Mütter von den Vorteilen ihrer Produkte im Vergleich zur Muttermilch zu überzeugen.

Die WHO-Resolution wurde laut „New York Times“ trotz der US-Intervention verabschiedet. Anstelle von Ecuador, das dem Druck aus Washington nachgab, habe Russland sie initiiert – ohne dass es neuerliche Drohungen gegeben habe.

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