Bilanz der Jahrhundert-Sturmflut: turmflut2000 Menschen an der Ostsee evakuiert – Schäden in Millionenhöhe
Nach der Jahrhundert-Sturmflut kündigt der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins Daniel Günther staatliche Hilfen an. Allein die Stadt Kiel spricht von Schäden in Millionenhöhe.
| Update:
Eine heftige Sturmflut hat in der Nacht zu Samstag an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste gewütet und schwere Schäden hinterlassen.
Rund 2000 Menschen mussten evakuiert werden, eine Frau auf Fehmarn wurde in ihrem Auto von einem umstürzenden Baum erschlagen, zwei Einsatzkräfte wurden leicht verletzt, so die Bilanz der Landesfeuerwehr Schleswig-Holstein.
Am Sonntag waren die Aufräumarbeiten in vollem Gange. Die Schäden gehen in die Millionen. In Städten wie Flensburg, Schleswig und Eckernförde wurden ganze Straßenzüge überschwemmt. Der Strom war abgestellt, mehrere Deiche brachen, zahlreiche in Häfen liegende Boote gingen in den Fluten unter oder wurden an Land gespült.
Im Verlauf des Samstagvormittags sanken die Pegelstände wieder - das Zurückziehen des Wassers ließ die Zerstörungen in vollem Umfang sichtbar werden.
Günther kündigt staatliche Hilfe für Sturmflut-Opfer an
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach von „ganz erheblichen Schäden“ und kündigte staatliche Hilfen für die Betroffenen an.
Dies solle „schnell und unbürokratisch“ geschehen, sagte Landesinnenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) im NDR. Der Katastrophenalarm wurde am Samstag wieder aufgehoben.
Jahrhundert-Sturmflut: Pegel in Flensburg bei 2,30 Meter
Die höchsten Wasserstände waren gegen Mitternacht verzeichnet worden: In Flensburg etwa lag der Pegel laut Feuerwehr knapp 2,30 Meter über Normal - ein Wert, den es dort seit fast 120 Jahren nicht mehr gab. Auch andere Orte seien „von den Wassermassen mit voller Wucht getroffen“ worden, erklärte die schleswig-holsteinische Feuerwehr.
Allein in Maasholm, einem kleinen Ort an der Schleimündung, hätten 400 Menschen aus Sicherheitsgründen wegen eines Deichbruchs evakuiert werden müssen. Insgesamt habe es drei Deichbrüche im Kreis Schleswig-Flensburg gegeben.
Millionenschäden in Kiel: „Es ist ein Desaster“
Im Olympiahafen Schilksee hat die Sturmflut nach Einschätzung der Stadt Kiel Schäden in Millionenhöhe verursacht. „Es ist ein Desaster“, sagte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) am Sonntag. Mehr als 35 Boote seien gesunken, viele weitere beschädigt.
Uns stehen die Tränen in den Augen, wenn wir die Gewalt des Hochwassers und die angerichteten Schäden sehen.
Philipp Mühlenhardt, Sporthafen Kiel
Am Hafen, an den Stegen und an der Mole haben Sturm und Wasser seinen Angaben zufolge erhebliche Schäden verursacht. Mit den Aufräumarbeiten sei unmittelbar begonnen worden.
„Uns stehen die Tränen in den Augen, wenn wir die Gewalt des Hochwassers und die angerichteten Schäden sehen“, sagte der Geschäftsführer der Sporthafen GmbH, Philipp Mühlenhardt.
Auch die Steilküste sei von den Folgen des Sturms wurde schwer getroffen. Zahlreiche Unterspülungen, Erdabrutsche am Ufer und eine große Menge abgeknickter Bäume böten ein Bild der Zerstörung.
Sturm fordert Todesopfer auf Insel Fehmarn
Auf der schleswig-holsteinischen Ostseeinsel Fehmarn kam eine 33-jährige Frau in ihrem Auto ums Leben, das von einem im Sturm umgestürzten Baum getroffen wurde. Das Unglück im Kreis Ostholstein ereignete sich am Freitagnachmittag, wie ein Sprecher der Polizei sagte. Die Frau lebte auf der Insel.
Feuerwehr-Chef kritisiert Katastrophentouristen
Die Feuerwehr meldete landesweit rund 2000 unwetterbedingte Einsätze. Die Aufräumarbeiten, Reparaturen und Wiederaufbauarbeiten würden „wohl noch längere Zeit in Anspruch nehmen“, erklärte die Feuerwehr.
Verärgert zeigte sich der Kieler Feuerwehr-Chef Thomas Hinz über den Leichtsinn einiger Menschen. „Leider hatten wir öfter mit sogenannten Hochwassertouristen zu tun, die auf der Suche nach dem spektakulärsten Foto zu dicht an das Hochwasser getreten sind.“ Dies habe mehrere Einsätze ausgelöst.
Habeck besucht nach Sturmflut Flensburg
Der Oberbürgermeister der besonders betroffenen Stadt Flensburg, Fabian Geyer, sprach am Samstag von einem „extremen Hochwasser“. Das Schlimmste sei aber überstanden: „Heute wird es ans Aufräumen gehen.“
Der Leiter des schleswig-holsteinischen Katastrophenschutzstabs, Dirk Hundertmark, zeigte sich im NDR überrascht vom Ausmaß der Sturmflut: „Wir haben erlebt, dass das Hochwasser deutlich höher war und deutlich schneller kam als prognostiziert.“
Die Straßen am Flensburger Hafen standen unter Wasser. Die Stadtwerke Flensburg hatten am Abend in Teilen des Hafens den Strom abgestellt, um Kurzschlüsse oder Brände in den Verteileranlagen zu vermeiden.
„Was die Menschen an der Ostseeküste und speziell ganz im Norden in den letzten Tagen erleben mussten, ist furchtbar“, sagte der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Samstag aus Flensburg. Seine Gedanken seien bei den vielen vom Hochwasser betroffenen Menschen und er dankte allen Einsatzkräften.
Im 600-Einwohner-Ort Maasholm im Kreis Schleswig-Flensburg musste die Einsatzkräfte den Deich wegen des massiven Hochwassers aufgegeben. In der Schleistadt Arnis, die mit gerade einmal 300 Einwohnern als die kleinste Stadt Deutschlands gilt, seien zwei Deiche gebrochen, wie ein Sprecher sagte.
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Zeitweise Katastrophenalarm in Eckernförde
Der Kreis Rendsburg-Eckernförde hatte am Freitagabend bis Samstagmittag sogar den Katastrophenalarm ausgelöst. Die Rettungsleitstellen zählten insgesamt mehr als 1700 Einsätze. In der Küstenstadt überschritt der Pegelstand laut Tabelle des Umweltministeriums und Angaben des BSH gegen 22 Uhr mit 2,15 die Zwei-Meter-Marke deutlich.
In der Altstadt von Eckernförde gab es freiwillige Evakuierungen aus Teilen der Altstadt, wie eine Sprecherin des Innenministeriums am Samstagmorgen sagte. Auch in weiteren Orten wie Brodersby brachten Hilfskräfte Bewohner in Sicherheit.
Die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt gab mittlerweile Entwarnung. „Kiel ist im Vergleich glimpflich davon gekommen“, erklärte der Amtsleiter der Kieler Feuerwehr, Thomas Hinz. Menschen seien nicht verletzt worden; die Sachschäden beschränkten sich laut Hinz auf „gekenterte Boote, vergessene Strandkörbe und wenige Gebäudeschäden“.
Sturmflut wütete auch in Nordeuropa
Der Sturm an der Ostsee hat auch Schäden im nördlichen Europa angerichtet. In Dänemark kam es an mehreren Orten zu Überschwemmungen, mancherorts habe das Wasser zwei Meter höher gestanden als üblich, meldete die Nachrichtenagentur Ritzau am Samstag.
Dem dänischen Rundfunksender DR zufolge wurden beispielsweise am Hafen von Rødvig mehrere Häuser beschädigt. Am Flughafen Kopenhagen wurden wegen des Sturms 77 Flüge gestrichen.
In Norwegen hatten tausende Menschen zeitweise keinen Strom. Der Nachrichtenagentur NTB zufolge waren am Samstagmorgen rund 21.000 Leute betroffen. Den Rettungskräften seien unter anderem umgestürzte Bäume gemeldet worden, es sei zu Problemen auf Straßen und Zugstrecken gekommen.
Auch in Schweden und in Großbritannien gab es Unwetteralarm. Mehrere Fährverbindungen über die Ostsee wurden vorübergehend unterbrochen - etwa zwischen Deutschland und Schweden sowie Schweden und Polen. In England war der Zugverkehr wegen Sturmböen und starken Regenfalls zeitweise erheblich gestört.
Massive Schäden auch in Mecklenburg-Vorpommern
An der Küste Mecklenburg-Vorpommerns wurde nach der Sturmflut weitgehend Entwarnung gegeben.
Am Darß, wo am Samstag ein Damm zur Boddenseite an zwei Stellen vom Wasser durchbrochen worden war, seien 85 Feuerwehrleute gleichzeitig im Einsatz gewesen, sagte eine Sprecherin. Menschen kamen den Angaben zufolge bislang nicht zu Schaden.
Auf den Inseln wird das Ausmaß der Flut nun zunehmend sichtbar. So wurde der Promenadenweg in Sassnitz zu großen Teilen von den gewaltigen Wassermassen zerstört. Selbst massive Steinblöcke wurden verschoben. Der Schaden geht ersten Schätzungen zufolge in die Millionen.
In Stahlbrode zwischen Stralsund und Greifswald richtete die Sturmflut massive Schäden an den Hafenanlagen und den dort liegenden Schiffen an.
In einer ersten Bilanz am Samstag hatte der zuständige Umweltminister Till Backhaus festgestellt, dass die Auswirkungen im Vergleich zu Schleswig-Holstein und Süd-Dänemark merklich geringer gewesen seien. Doch wurde auch in Mecklenburg-Vorpommern viel Sand von den Stränden und Dünen ins Meer gespült. Zum Teil seien gefährliche Abbruchkanten entstanden.
Zeitweise Katastrophenalarm in Eckernförde
Der Kreis Rendsburg-Eckernförde hatte am Freitagabend bis Samstagmittag sogar den Katastrophenalarm ausgelöst. Die Rettungsleitstellen zählten insgesamt mehr als 1700 Einsätze. In der Küstenstadt überschritt der Pegelstand laut Tabelle des Umweltministeriums und Angaben des BSH gegen 22 Uhr mit 2,15 die Zwei-Meter-Marke deutlich.
In der Altstadt von Eckernförde gab es freiwillige Evakuierungen aus Teilen der Altstadt, wie eine Sprecherin des Innenministeriums am Samstagmorgen sagte. Auch in weiteren Orten wie Brodersby brachten Hilfskräfte Bewohner in Sicherheit.
Die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt gab mittlerweile Entwarnung. „Kiel ist im Vergleich glimpflich davon gekommen“, erklärte der Amtsleiter der Kieler Feuerwehr, Thomas Hinz. Menschen seien nicht verletzt worden; die Sachschäden beschränkten sich laut Hinz auf „gekenterte Boote, vergessene Strandkörbe und wenige Gebäudeschäden“.
Nach Sturmflut: Ministerpräsident Günther dankte Helfern
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther dankte allen Helfern. „Das ist eine herausfordernde Situation, und ich bin allen Helferinnen und Helfern sehr dankbar, die zurzeit im Einsatz sind“, teilte der CDU-Politiker mit.
„Polizei, Feuerwehr, THW und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Landesbetrieb für Küstenschutz setzen sich dafür ein, die Situation im Griff zu behalten, und das gelingt ihnen auch.“ In Kiel nahm der Katastrophenschutzstab des Innenministeriums die Arbeit auf.
Die Ostsee-Küste wird immer wieder von verheerenden Sturmfluten heimgesucht. Bei der schwersten Sturmflut an der südwestlichen Ostseeküste starben 1872 etwa 275 Menschen. Betroffen waren zahlreiche Orte an der dänischen und deutschen Küste.
Hochwasser an Ostsee, Niedrigwasser an Nordsee
Das Sturmtief sorgt aktuell an der Ostseeküste für Hochwasser und an der Nordseeküste für Niedrigwasser.
Der Grund für die Wasserstandveränderungen ist starker Ostwind, der das Wasser aus dem küstennahen Wattenmeer in die offene Nordsee treibt. Gleichzeitig wird das Wasser aus östlicher Richtung gegen die schleswig-holsteinische Küste geschoben und sorgt dort für Hochwasser. (Tsp, Agenturen)
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