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In ihrem Meeresaquarium in Shanghai sind Little White und Little Grey unter den Namen Xiao Bai und Xiao Hui bekannt.

© Aaron Chown/dpa

Von China nach Island: Wenn Wale fliegen müssen

Wie gelangen zwei Beluga-Wale von China nach Island? Mit sehr viel Vorbereitung.

Noch schwimmen die beiden Beluga-Wale Little White und Little Grey in einem Meeresaquarium in Shanghai. Doch nicht mehr lange. Mitte April geht es nach Island. Dort will die Umweltschutz-Stiftung Sea Life Trust in einer Bucht vor der Insel Heimaey das erste Schutzgebiet für Beluga-Wale eröffnen. Die beiden Tiere haben eine lange Reise vor sich: 30 Stunden werden sie für die gut 10.000 Kilometer unterwegs sein.

Den Großteil der Strecke legen sie an Bord eines Frachtfliegers der luxemburgischen Cargolux zurück: „Die Vorbereitungen sind abgeschlossen“, sagte der dortige Spezialist für Tiertransporte, Marc Roveri. Zwar hat das Flugunternehmen durchaus Erfahrung mit nichtmenschlichen Passagieren, normalerweise sind das jedoch vor allem Pferde auf dem Weg zu Wettkämpfen. Auch Giraffen, Tiger und Nashörner gehörten schon zu den Fluggästen. Ein spezielles Ventilationssystem simuliert dann die Klimabedingungen unter denen die Tiere in der Wildnis leben.

In der Boeing 747, mit der die Wal-Damen von China nach Island fliegen, ist die Logistik noch ein bisschen komplizierter: In Matten hängend werden die beiden Belugas in spezielle Container gehoben, die rund einen halben Meter voll Wasser sind. Vorab musste unter anderem geklärt werden, wie der Druckausgleich für die Tiere geregelt werden kann. Mit an Bord ist ein Team aus Tierärzten und Technikern, damit es den Walen an nichts fehlt.

Die zwölf Jahre alten Belugas kamen 2011 nach Shanghai, wo sie im Changfeng Ocean World Aquarium Besucher mit Kunststücken unterhielten. 2012 übernahm Merlin Entertainments den Meerespark. Der Konzern hinter den weltweiten Sea Life Centers lehnt Wale in seinen Parks ab. Schnell begann deshalb die Suche nach einem artgerechten Refugium für die beiden Meeressäuger. Die neue Anlage sei nun bis zu zehn Meter tief mit einer Fläche von 32 000 Quadratmetern – so groß wie fünf Fußballfelder. „Belugas sind sehr intelligent, mobil und sozial und eignen sich nicht, in Betonbecken zu leben und Menschen zu unterhalten“, sagt Rob Lott von der Tierschutzorganisation Whale and Dolphin Conservation (WDC), die das Projekt unterstützt. Das Schutzgebiet soll in den nächsten Jahren weitere Belugas aufnehmen. Es gebe Platz für zehn bis zwölf Tiere. Weltweit lebten 300 bis 400 Belugas in Gefangenschaft. „Das ändert man nicht über Nacht.“

Die Wale sind in Russland gefangen worden

Ursprünglich wurden die beiden Wale vor zehn Jahren im Weißmeer im Nordwesten Russlands gefangen. Nach Angaben des WDC ist Russland das einzige Land, das noch Belugas für die Haltung in Delphinarien fängt. Zuletzt schien die Unterstützung dafür im Land abzuflauen. Im November hätten sich zuständige Experten dagegen ausgesprochen, die Fangquoten im Ochotskischen Meer vor der Ostküste des Landes zu erneuern. Parallel entwickelte sich ein sogenanntes Wal-Gefängnis nahe Wladiwostok auch innerhalb Russlands zum Skandal. Dort würden rund 100 Wale in kleinen Becken gehalten – vermutlich für den Verkauf nach China. Laut Greenpeace sind bereits mehrere der Tiere gestorben. Selbst Präsident Wladimir Putin hat sich mittlerweile eingeschaltet. Über seinen Kremlsprecher forderte er im Februar, das Leid der Tiere müsse gestoppt werden.

Auf dem Flugzeug, das Little White und Little Grey nach Island bringt, prangen bereits Fotos der beiden Belugas. Seit Monaten werden die Wale auf ihren Umzug vorbereitet: Sie lernen, die Luft länger anzuhalten, um tiefer tauchen zu können. Experten senkten die Wassertemperatur in ihrem Becken, um sie auf isländische Meeresbedingungen einzustimmen. Und eine dickere Speckschicht durften sich die Wale auch zulegen. Dass sie eines Tages ganz ausgewildert werden können, glauben die Tierschützer derzeit nicht. „Dafür waren sie zu lange in Gefangenschaft“, sagte Lott. Nach der Ankunft kommen die Belugas ein paar Wochen in Quarantäne, bevor sie ins Meer schwimmen. Zu sehen sein werden sie nur noch aus der Ferne: von einem Besucherzentrum aus, das über das Projekt informiert. (Tsp/dpa)

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