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Unbedingt probieren: den Carrot Cake.

© Sabrina Markutzyk

Kolumne: Imbisstest: Junge Leute aus aller Welt, die unter sich bleiben?!

Espresso und Streetfood vs. Diesel und Benzin: Vor der Kulisse drum herum schützt einen hier in der Rixbox nichts.

Kein guter Ort für eine Fressbude. An einem Platz, benannt nach Alfred Scholz, den keiner kennt, einst Neuköllner Bürgermeister, lange tot, Karl-Marx-Straße, ewige Baustelle, Backshop an Backshop, der Geruch von Döner übertüncht alles, in einer feinstaubgeschwängerten Melange aus Diesel und Benzin mit einem Hauch von China-Imbiss. Außer der Rixbox – „Espresso & Food“ – gibt es auf dem Alfred-Scholz-Platz nichts.

Aus den Lautsprechern tönt „Sittin’ in the morning sun … “, Otis Redding – einer, der auch lange tot ist, aber seine Songs kennt jeder. Dienstag, 14 Uhr, und während die einen noch den ersten Cappuccino schlürfen, nippen die anderen am ersten bis dritten Drink. Gin Tonic mit Kumquats, einer greift zum Pale Ale. Die Sonne gibt schließlich ihr Bestes, und die Woche hat noch ein paar Tage. Sieht die Obdachlosenzeitungsverkäuferin, die vorbeikommt, wohl genauso und zieht den Rest aus dem herrenlosen Glas am Nachbartisch.

Stellt sich da gerade ein Gefühl von Entspannung ein?

„Sandwich!“, ruft es aus dem Fenster der Box, der Duft von Chicken Masala (4 Euro) verdrängt kurz den Diesel. Für den deftigen Hunger empfiehlt sich Chilirind oder -tofu an Kartoffelstampf (4 Euro), schmeckt nach zu Hause, bei Muttern am Küchentisch. Dazu passt die Hauslimo (2,50 Euro) – Zitrone, Zucker, kein Schnickschnack, nur erfrischend. Und wer Karottenkuchen eigentlich nicht mag, sollte diesen probieren. Der saftigste von allen. Für einen Euro.

„I’m sittin’ on the dock of the bay ...“ Stellt sich da gerade ein Gefühl von Entspannung ein? An dem braunen Containerklotz kann’s nicht liegen. Davor zwei zu Stehtischen umfunktionierte Mülltonnen, die niemals Behälter, sondern immer nur Streetstyle-Möbelstück waren. Tische und Bänke aus Holz, keine Lehnen. Vor dem Himmel schützt ein dunkelgrüner Sonnenschirm.

Vor der Kulisse drum herum schützt nichts. Sparkasse, Schnäppchen, im Rücken „Berlins größtes Bräunungscenter“. Leere Ladenzeilen, „zu vermieten“, und „Tabakwaren, Raucherbedarf, Selbstverteidigungsartikel“. Den Späti kennt hier jeder, Waffen und Bongs eben. Dem, der schnell wegwill, weist ein Schild den Weg: 300 Meter zum Rathaus, Puppentheater 200. Lieber noch einen Americano, „starke Bohne“ (milde gibts auch), schmeckt wie sie heißt, jeder Schluck beamt einen an bessere Orte. „I’ll be sittin’ when the evenin’ comes ...“, tönt es. Junge Leute aus aller Welt, die unter sich bleiben?! Unbedingt. Und Otis Redding.

Adresse  Richardstraße 2, Neukölln

Geöffnet Mo–Sa 8–21, So 12–18 Uhr

Im Netz rixbox.de

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