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Das Haus der Berliner Festspiele.

© Adam Janisch

Haus der Berliner Festspiele: Bühne frei für das Volk

Im Mai 1963 wurde das von Fritz Bornemann entworfene Haus in der Schaperstraße eröffnet. Ein Erinnerungstusch.

Ein Kommentar von Rüdiger Schaper

Für das Volk kann es gar nicht genug Bühnen geben. Berlin hatte immerhin mal zwei: die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und die Freie Volksbühne. Eine dramatische Ost-West-Geschichte. Und Erinnerungen en masse.

Vor 60 Jahren, im Mai 1963, wurde das von Fritz Bornemann entworfene Haus in der Schaperstraße eröffnet. Helle Fassade, viel Glas, einladende Grünflächen und ein breites Portal. Gegenüber das legendäre Restaurant „Pierre“. Wirklich ein großes Schauspielhaus. Ihm war nur eine relativ kurze Spielzeit beschieden. Nach der Wende, in den Neunzigern, dümpelte es dahin, bis der Bund übernahm und es zum Haus der Berliner Festspiele machte. So heißt es bis heute.

Geht man zurück in der Historie, dann tauchen Bilder grandioser Theaterabende auf. Klaus Michael Grüber inszenierte hier seinen „Faust“ mit Minetti und „Sechs Personen suchen einen Autor“ von Pirandello. Später übernahm Hans Neuenfels Regie und Intendanz, mit einem kaum verhüllten künstlerischen Vatermord an dem großen Kurt Hübner, der die Freie Volksbühne von 1973 bis 1986 leitete.

Sophie Rois, Wolfram Koch, Heino Ferch – eine ganze Generation startete hier ihre Karriere. Und es war an der Freien Volksbühne immer etwas anders als anderswo. Man konnte sich Repertoire nicht leisten. Jede Produktion war irgendwie entscheidend. Und schon immer wurden die Inszenierungen des Theatertreffens in der Freien Volksbühne gezeigt. Sie war von Beginn an das Haus für Neues und Bemerkenswertes.

Dafür stand der aus dem Exil zurückgekehrte Intendant Erwin Piscator (1893-1966). Er hatte in den Zwanzigern mit der Volksbühne neue Formen erprobt und politisches Theater etabliert. „Die Ermittlung“ von Peter Weiss, das Stück über den Frankfurter Auschwitzprozess, wurde im Oktober 1965 an über einem Dutzend Theatern uraufgeführt, in West-Berlin in Piscators Regie.

Die Berliner Festspiele erinnern mit einer Veranstaltung jetzt an die Freie Volksbühne. Dabei ist auch ihr letzter Intendant Hermann Treusch. Er hatte keine Chance, das Haus als eigenständige Bühne zu erhalten. Damals übernahm an der (älteren) Volksbühne (Ost) ein gewisser Frank Castorf das Kommando. Auch das ist Geschichte, im Schnelldurchlauf. Was wird man in 60 Jahren aus dem Hier und Jetzt wohl mitgenommen haben?

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