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Asaf Avidan bei seinem Berliner Konzert im Huxleys Neue Welt.

© imago/Martin Müller

Asaf Avidan im Huxleys: Die bescheidene Diva

Seine Stimme ist eine Naturgewalt. Der israelische Sänger Asaf Avidan liefert ein eindrucksvolles Konzert im Huxleys Neue Welt.

Wer Asaf Avidan nur von seinen Studio- Aufnahmen kennt, kennt ihn bloß zur Hälfte: Tonträger sind zu klein für diese Stimme, die sich erst auf offener Bühne zu der Naturgewalt entfalten kann, die sie ist. Davon konnte man sich jetzt wieder einmal in Huxleys Neuer Welt überzeugen. Die Halle ist gut gefüllt, das mittlere Alter dominiert. Viele Paare, was nicht verwundert, da Avidans Songs fast sämtlich von der Liebe handeln. Schon als der Sänger – wie gewohnt mit Karottenjeans und Irokesenschnitt – die Bühne betritt und den ersten Laut ins Mikro juchzt, fängt das Publikum an zu jubeln – zu Recht. Die ebenso raue wie feminine Stimme des 37-jährigen Israelis füllt sofort den ganzen Raum. Wie eine große Souldiva überspringt Avidan mühelos die Oktaven und erreicht dabei eine solche Plastizität, dass man den Gesang beinahe zu sehen glaubt.

Die ersten Stücke stammen von Avidans aktuellem Album „Study On Falling“, für das er für drei Auftritte nach Deutschland gekommen ist. Die eher betulichen Americana-Songs wie „My Old Pain“ sind zwar gefällig, verblassen instrumental aber neben Avidans Vokal-Akrobatik, die fast nie die Grenze zum Überkandidelten überschreitet. Zwischen all den Jauchzern, Krächzern und erstickten Schreien offenbart er ein klangliches Spektrum, das an Tim Buckley heranreicht. Eindrucksvoll: Avidan hält das Mikro mitunter einen halben Meter vom Mund entfernt, ohne dass der Gesang merklich leiser wird.

Nach jedem Song ein schüchternes „Thank you“

Er hat sich zu einem echten Showmaster entwickelt: Großartig, wie er zu den Bolero-Rhythmen von „The Jail That Sets You Free“ mit exaltieren Gesten über die Bühne tänzelt, wie eine Mischung aus Tom Waits und Freddie Mercury. Nach und nach können die Songs auch instrumental überzeugen, vor allem das überlange „Bang Bang“: Die Band hält die Spannung am Köcheln, Avidan schnappt sich ein elektrisches Banjo, spielt ein Solo, hält sich das Instrument anschließend ganz nah an den Mund und schreit muezzinartige Rufe in den Tonabnehmer, die als hallende Schwingungen die Lautsprecher verlassen.

Nach jedem Song bedankt sich Avidan mit einem schüchternen „Thank you“ für die Ovationen. „Kann ich etwas Licht haben, damit ich all die schönen Menschen hier sehen kann?“, fragt er und hebt das einzig richtige Getränk für diesen Abend in die Höhe: ein Glas Rotwein. „Prost!“, sagt er. Mit den Zugaben „Reckoning Song“ und Nat King Coles „Nature Boy“ geht sein starker Auftritt zu Ende.

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