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Krimi-Comic „November“: Im Netz der Gewalt

Der Noir-Krimi-Comic „November“ kann zeichnerisch überzeugen. Die Erzählweise von Autor Matt Fraction erfordert jedoch Geduld.

Eines Tages bekommt die drogensüchtige Dee ein Angebot, das zu gut scheint, um wahr zu sein. Ein Mann will ihr ein kleines Vermögen dafür zahlen, dass sie jeden Tag ein Rätsel in der Zeitung löst, im Verbund mit einer Anzeige einen Code daraus generiert und diesen aus dem Taubenschlag auf dem Dach ihres Mietshauses durchfunkt.

Das kann nichts Legales sein, aber Dee nimmt die Kohle gern und gibt sie für Stoff und Tänzerinnen aus. Bis der Job eine fatale Wendung nimmt.

Zum Auftakt der zweibändigen Krimi-Reihe „November“ (Übersetzung Stephanie Grimm, Schreiber & Leser, 150 S., 29,80 €) werden verschiedene Schicksale durch Zufall und Gewalt miteinander verknüpft. So wie das von Emma-Rose, die nach dem Einkaufen eine Pistole in einer Pfütze findet.

Eine Seite aus dem ersten Band von „November“.

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Dass die Cops so schnell bei ihr sind, bedeutet in diesem Fall nichts Gutes. Was wiederum Kay aus der Notrufzentrale auf den Plan ruft, die nach einer Höllenschicht voller Halloween-Wahnsinn und Explosionen ihren korrupten Kollegen nachspürt...

So linear, wie es anfangs scheint, erzählt der preisgekrönte Autor Matt Fraction („Hawkeye“, „Iron Man“) diese Geschichte allerdings bei Weitem nicht. Irgendwo zwischen experimentell, kühn und überambitioniert, wirbelt der Amerikaner die Teile seines Story-Puzzles durcheinander.

Die Verbindungen und Klarheiten klicken erst nach und nach, viel am Gesamtbild ist eher implizit als explizit. Die deutsche Edition fängt das ein bisschen ab, indem sie zwei der vier dünnen Originalausgaben in einem Band zusammenfasst.

Das Titelbild des ersten Bandes der Reihe.

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Die klaren Noir-Zeichnungen von Elsa Charretier („Star Wars Adventures“, „Love Everlasting“) erinnern an Comic-Meister Darwyn Cooke und dessen geniale Panel-Adaptionen diverser „Parker“-Romankrimis von Richard Stark. Nicht nur Cooke-Fans dürften Charretiers Bilder mit den Farben von Matt Hollingsworth („Daredevil“) genießen.

Wenn sich Autor Fraction doch nur auch etwas mehr an Starks und Parkers Geradlinigkeit orientiert hätte. So steht und fällt die Lektüre des ersten Bandes der Reihe mit dem Untertitel „Die Frau auf dem Dach“ damit, wie geduldig man ist und wie gern man seine komplizierte Krimi-Handlung zusammenknobelt.

Fractions Erzählweise hat unbestritten ihren Reiz, gibt dem Comic durch den Impuls zum doppelten und dreifachen Lesen sogar einen Mehrwert – kann aber auch dezent frustrieren. Gut, dass dank Charretier und Hollingsworth wenigstens jede Seite zum eindeutigen visuellen Genuss wird. 

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