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„Mister ZDF“. Dieter Stolte war 20 Jahre lang Intendant des zweiten Deutschen Fernsehens.

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Der frühere ZDF-Intendant Dieter Stolte ist tot: Der Diplomat

Dieter Stolte war 20 Jahre Senderchef des Zweiten Deutschen Fernsehens. Er hat die Anstalt entscheidend geprägt, indem er die Programmangebote erweiterte und mit den parteipolitischen „Freundeskreisen“ umzugehen wusste.

Dieter Stolte wurde 1982 Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF). Er war nach Karl Holzamer und Karl-Günther von Hase der dritte Senderchef auf dem Mainzer Lerchenberg. Als Stolte ins Spitzenamt kam, mit seiner erfolgreichen Programmdirektion im ZDF hatte er das Fundament dafür gelegt, stand die öffentlich-rechtliche Anstalt unverändert unter parteipolitischem Einfluss. Der rote und der schwarze „Freundeskreis“ beherrschten die Besetzungspolitik bis auf die Abteilungsebene hinab, manche Karriere fußte auf dem Bekenntnis zu SPD oder Union.

„Kennzeichen D“ versus „ZDF Magazin“

Dieter Stolte konnte oder wollte dieses System nicht ändern, er wählte einen anderen Weg. Er machte dieses System für den Sender fruchtbar. „Kennzeichen D“, mehr linksliberal gestrickt, wurde mit dem (antikommunistischen) „ZDF Magazin“ von Gerhard Löwenthal gekontert. So ging Ausgewogenheit im ZDF, so handelte Dieter Stolte.

Es wäre nun ein grober Fehler, diesen ZDF-Intendanten als Abhängigen von „Partei-Apparatschiks“ zu sehen. Stoltes Natur war die eines Diplomaten. Er agierte mit den Gremienmitgliedern, er charmierte, er handelte und verhandelte, wesentliches Ziel war immer, das ZDF als ein zuschauergängiges Programm im Wettbewerb mit der ARD und ab 1984 mit den kommerziellen Wettbewerbern zu etablieren.

In Stoltes Amtszeit fiel der Start vieler bekannter ZDF-Produktionen wie „Terra X“ sowie „ZDF-Morgenmagazin“ und „ZDF-Mittagsmagazin“. Auch die bereits 1981 unter Stolte als damaligem Programmdirektor gestartete Spielshow „Wetten, dass..?“ erlebte unter seiner Intendanz ihre Blütezeit. Und das ZDF machte Geschäfte mit dem von vielen schief angesehenen Filmhändler Leo Kirch. Ein guter Spielfilm ist ein guter Spielfilm, so Stoltes Credo. Für den ernsten wie ernsthaften Dieter Stolte war die Unterhaltung ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Fernsehen.

Der Intendant suchte die Expansion öffentlich-rechtlichen Fernsehens, wann immer und wo immer er konnte. Wichtige Entscheidungen und Ereignisse waren Gründungen der Gemeinschaftsprogramme 3sat (1984), Arte (1991), Kinderkanal und Phoenix (beide 1996). Auch die Eröffnung des Sendebetriebsgebäudes auf dem Mainzer Lerchenberg im Jahr 1984 wurde unter seiner Intendanz gefeiert.

Waren seine vier Amtszeiten, seine 20 Jahre als ZDF-Intendant ein reiner Erfolgslauf? Nicht ganz. Als der DDR-Rundfunk im Zuge der Wende 1989 aufgelöst wurde, sah Stolte die Chance gekommen, das ZDF um ein Radio-Standbein zu ergänzen. Das konnte die ARD erfolgreich verhindern. Auch der Plan, auf dem Lerchenberg einen ZDF-Vergnügungspark mit den bekannten Programm-Figuren des Senders zu etablieren, scheiterte - an einer Bürgerinitiative, an der sich zahlreiche Ex-ZDF-Mitarbeiter beteiligten, die ihre Pensionistenruhe nicht durch vergnügungssüchtige Park-Spaß-Besucher gestört sehen wollten.

Für Dieter Stolte war das Fernsehen nicht nur Berichterstatter, sondern auch Motor der deutschen Einheit.

ZDF-Intendant Norbert Himmler

Der aktuelle Intendant Norbert Himmler würdigte Stolte als einen „der prägenden Architekten des ZDF und seiner Programmangebote“. Er habe das ZDF zu einem modernen, wettbewerbsfähigen Medienunternehmen aufgebaut. „Für Dieter Stolte war das Fernsehen nicht nur Berichterstatter, sondern auch Motor der deutschen Einheit. Er war ein überzeugter Verfechter des öffentlich-rechtlichen Systems“, betonte Himmler.

Der CDU-Mann war darüber hinaus in der Aktion Sorgenkind - später Aktion Mensch -, der Deutschen Krebshilfe und der Welthungerhilfe engagiert. Nach der Wiedervereinigung 1990 sorgte er für die Einrichtung von ZDF-Büros in denkmalgeschützten Häusern in Ostdeutschland. Und weil Dieter Stolte stets ein tätiger Mensch war, ging er nach seinem ZDF-Abschied nach Berlin. um als Herausgeber von „Welt“ und „Berliner Morgenpost“, damals noch im Besitz des Springer-Konzerns, zu arbeiten.

Mister ZDF

Stolte, geboren am 18. September 1934 in Köln, kam 1962 als persönlicher Referent des Gründungsintendanten Karl Holzamer zum ZDF. 1967 wurde er Leiter der neu geschaffenen Hauptabteilung Programmplanung. Nach einem Zwischenspiel als Fernsehdirektor und stellvertretender Intendant des damaligen Südwestfunks trat Stolte im März 1976 im ZDF das Amt des Programmdirektors an. Anfang 1982 wurde Stolte Intendant des Senders. Im März 2002 übergab „Mister ZDF“ das Amt an seinen Nachfolger Markus Schächter. Das Haus war wohl bestellt.

Dieter Stolte ist am Sonntag mit 89 Jahren in Berlin gestorben.

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