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Dirigent Giovanni Antonini

© D. Ellis/Decca

Giovanni Antonini: CD-Projekt „Haydn 2032“: Vorfreude ist die schönste Freude

Bis zum 300. Geburtstag von Joseph Haydn will Giovanni Antonini sämtliche 107 Sinfonien des Komponisten neu aufnehmen. Jetzt ist die 2. CD der Reihe erschienen.

Wenn die Redensart „Der kluge Mann baut vor“ stimmt, dann ist Giovanni Antonini ein Weiser. Denn bereits im vergangenen Jahr hat der italienische Dirigent sein Projekt zum 300. Geburtstag von Joseph Haydn gestartet – den die Klassikwelt im Jahr 2032 feiern wird.

Es gilt allerdings auch, 107 Sinfonien auf CD neu einzuspielen. Mit den zwischen 1757 und 1795 entstandenen Werken hat der Komponist die Gattung geprägt, ja zur wichtigsten sinfonischen Ausdrucksform der Wiener Klassik überhaupt erhoben. In den Jahrzehnten, die Haydn am Hof der Fürsten Esterhazy im Burgenland verbrachte, entstanden ganze Versuchsreihen, in denen er jede nur erdenkliche Darstellungsform des viersätzigen Rasters durchgespielte. Während seiner späten zweiten Karriere als freischaffender Künstler in London und der österreichischen Hauptstadt Wien perfektionierte er dann seine Fähigkeit, Humor mit rein musikalischen Mitteln umzusetzen.

„Ein Thema von Haydn merkt man sich nicht sofort. Er war daran nicht so interessiert wie Mozart“, sagt Giovanni Antonini. „Bei Haydn liegt viel mehr in der Struktur. Man muss ihn wie einen Schauspieler aufführen, der Musik darstellt.“ Darum arbeitet der italienische Maestro bei der Neueinspielung jetzt auch mit zwei Spezialensembles der Alten Musik zusammen, die bestens mit den Traditionen der barocken Klangrede vertraut sind, also mit den Regeln der nonverbalen Rhetorik.

Organisatorisch betreut wird „Haydn 2032“ vom Kulturmanager Christoph Müller – und finanziell ermöglicht durch das Schweizer Mäzenaten-Paar Jeanne und Hanspeter Lüdin. Ein bis zwei CDs wird Antonini pro Jahr herausbringen, wechselnd aufgenommen mit dem Kammerorchester Basel sowie „Il Giardino Armonico“. Wobei er jeweils auch einen Seitenblick auf Haydns Zeitgenossen wirft. Auf der zweiten CD der Reihe findet sich eine Sinfonie des ältesten Bach-Sohnes Wilhelm Friedemann. Der ist noch deutlich im Barock verwurzelt: Im Kopfsatz tauchen vor dem inneren Auge Paare beim Schreittanz auf, im Andante frösteln die Streicher fast wie in Vivaldis „Winter“.

Antoninis sehr suggestives, sprechendes Musizieren lässt auch Haydns Sinfonien Nr. 22, 46 und 47 zu packenden Erzählungen werden, voll von klanglichen Überraschungsmanövern, bei denen die bewussten Verstöße des Komponisten gegen die Tonsatzregeln denselben Effekt machen wie ein aus der Bühnenmaschinerie auftauchender deux ex machina im griechischen Theater.

Erschienen beim Label Alpha.

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