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George Clooney als Astronaut in "Gravity".

© Warner Bros.

"Gravity": Wiedergeboren im All

Sandra Bullock und George Clooney erleben in „Gravity“ eine spektakuläre Orbit-Odyssee. Sehr überzeugend setzt Regisseur Alfonso Cuarón die 3 D-Technik ein.

Matt Kowalski (George Clooney) liebt seinen Arbeitsplatz. „Die Aussicht ist unschlagbar“, sagt der Astronaut mit Blick auf die Erde, die sich einige hundert Kilometer unter ihm befindet. Er hat recht: Der blaue Planet sieht wunderschön und majestätisch aus, wie er sich da vom Rand ins Bild schiebt. Unschlagbar gut anzusehen ist Alfonso Cuaróns Weltraumabenteuer „Gravity“ aber insgesamt. Seit „Avatar“ und „Life of Pi“ wurde die 3-D-Technik kaum je so überzeugend eingesetzt. Von den Space Shuttles über die Astronautenanzüge bis hin zum frei flottierenden Weltraumschrott wirkt alles ungemein plastisch und glaubhaft im Raum verteilt. Einer der größten Wow-Momente des Kinojahrs: Im Hintergrund explodiert eine Raumstation – völlig ohne Ton.

Schon die Eröffnungsszene, die aus einer einzigen eleganten Gleitbewegung zu bestehen scheint, vermittelt ein Gefühl von Schwerelosigkeit. Die Kamera begleitet Kowalski, der mit einem Raketenrucksack rund um das US-Raumschiff düst. Die Medizintechnik-Ingenieurin Ryan Stone (Sandra Bullock) und ein weiterer Astronaut befinden sich ebenfalls außerhalb des Schiffs. Sie führen eine Reparatur durch. Während sie werkeln, scherzt Kowalski über Funk mit der Bodenkontrolle in Houston und lässt dazu Countrymusik dudeln.

Die Idylle endet abrupt, als Teile eines zerfetzten russischen Satelliten heranrasen. Sie zerstören das Shuttle, töten den dritten Astronauten und katapultieren Doctor Stone in die Weiten des Alls. Sie trudelt und trudelt – absolut allein. Bis irgendwann Kowalskis Stimme zurückkehrt. Er beruhigt die unerfahrene Kollegin über Funk und schwebt wenig später zu ihr. Gemeinsam erreichen sie eine schwer beschädigte russische Raumstation. Doch dann versagt der Raketenrucksack seinen Dienst, und Kowalski driftet nach einer dramatischen Abnabelungsszene in die Unendlichkeit.

Stone ist nun tatsächlich vollends auf sich gestellt. Eine Orbit-Odyssee beginnt, deren Dramaturgie weniger mit der genreüblichen Sternenkriegs- und Alien-Spannung zu tun hat als mit SurvivalThrillern wie „So weit die Füße tragen“, „Open Water“ oder „127 Hours“. Diesmal in der Version: Eine Frau kämpft sich durchs Weltall. Improvisierend, hyperventilierend, aber im entscheidenden Moment mit einer an Sigourney Weavers Ripley erinnernden coolen Rationalität – und einmal sogar, wie die „Alien“-Kollegin damals, in Unterwäsche. Packend, wie Sandra Bullock das alles auf schnörkellos ernsthafte Weise spielt.

Der mexikanische Regisseur Alfonso Cuarón – zusammen mit seinem Sohn Jonás schrieb er auch das Drehbuch – gibt „Gravity“ noch eine über die Überlebensstory hinausgehende Dimension. So zeigt er Stone einmal in einer fötusgleichen Haltung vor einer runden Raumkapseltür. Das zitiert das Baby-Motiv aus Stanley Kubricks „2001“ – und deutet zum anderen darauf hin, dass die Ingenieurin während ihrer Mission auch eine persönliche Wiedergeburt erlebt. Denn seit dem Unfalltod ihrer vierjährigen Tochter hat Stone ihren Lebenswillen verloren. Erst flüchtete sie sich in nicht enden wollende Autofahrten, dann ins All. Nun will sie, nach dem Schwebezustand, zurück zur Schwerkraft.

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