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Aufrecht. Bettina Jahnke, die neue Intendantin in Potsdam, fühlt sich Namenspatron Hans Otto verpflichtet.

© Sebastian Gabsch/PNN

Hans Otto Theater Potsdam: Haltung und ihre Spielarten

"Die DDR-Geschichten sind nicht auserzählt": Die Pläne der neuen Intendantin Bettina Jahnke für das Hans Otto Theater in Potsdam.

Nach neun Jahren hat Tobias Wellemeyer die Intendanz des Potsdamer Hans Otto Theaters an Bettina Jahnke weitergegeben. Die neue Chefin setzt bei ihrer künstlerischen Neuausrichtung ganz auf den Namenspatron des Hauses. Nach dem im Jahr 1900 geborenen Schauspieler ist nicht nur das Potsdamer Theater benannt, sondern auch die Leipziger Hochschule, an der Jahnke und ihre Chefdramaturgin Bettina Jantzen zusammen studierten. Wegen seiner linken politischen Gesinnung wurde Hans Otto 1933 von den Nazis ermordet. Bettina Jahnke will daran erinnern, was ihn ausmachte: dass er unbeugsam war, auch angesichts von Gefängnis und Folter. „Haltung“ lautet das Motto, das Jahnke und ihr Team über ihre erste Spielzeit geschrieben haben. „Den Namen Hans Otto Theater tragen wir mit Stolz“, sagt sie.

Zwölf der 23 geplanten Premieren basieren auf zeitgenössischen Vorlagen. Neben der Uraufführung „Gehen oder Der zweite April“ von Jean-Michel Räber kommen drei interessante Theaterautoren von heute erstmals auf die Potsdamer Bühne: der österreichische Kleist-Förderpreis-Träger Thomas Köck (Jahrgang 1986) mit „Paradies spielen (Abendland). Ein Abgesang“, das ab 22. September läuft. Der Regensburger Konstantin Küspert (Jahrgang 1982) stellt mit „Europa verteidigen“ die Frage, inwiefern der Kontinent als Gemeinschaft noch funktioniert (Premiere: 25. Oktober). Und die notorisch böszüngige Sibylle Berg beschreibt in „Viel gut essen“ (8. Dezember) die „Genese eines rechtspopulistischen Wutbürgers“.

Den Spielzeitauftakt macht eine Theateradaption von Eugen Ruges „In Zeiten des abnehmenden Lichts“. Der Erfolgsroman, der vier Generationen DDR umspannt und teilweise in Potsdam spielt, führt die inhaltlich so wichtige Suche nach den Spuren der DDR fort, die Tobias Wellemeyer am Hans Otto Theater bereits mit der Adaption von Tellkamps „Turm“ in Angriff nahm. „Die DDR-Geschichten sind ja keinesfalls auserzählt“, sagt Jahnke.

Annette Pullen bringt Falladas "Jeder stirbt für sich allein" auf die Bühne

Auch Klassiker will sie nach Spielarten von Haltung abklopfen: Einmal Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ (Regie: Malte Kreutzfeldt) und Schillers „Kabale und Liebe“, in der Regie von Tobias Rott, der hier einst Ensemblemitglied war.

Ebenfalls keine Unbekannte in Potsdam ist die Regisseurin Annette Pullen, die Falladas NS-Widerstands-Roman „Jeder stirbt für sich allein“ im April herausbringen wird. Auch die Winteroper wird es weiterhin geben, in diesem Jahr zum letzten Mal in der Friedenskirche, bevor das Schlosstheater wieder geöffnet wird. Auf dem Plan: „Theodora“, ein szenisches Oratorium von Georg Friedrich Händel. Im Mittelpunkt steht auch hier eine, die sich bis zum bitteren Ende in unbeugsamer Haltung übt: Theodora, eine Christin, die für ihren Glauben in den Tod geht.

Eine neue Spielstätte für das Hans Otto Theater will Jahnke im Juni 2019 für das Sommerstück auftun, direkt am Wasser, mit Blick über den See. Dort wird sie eine Komödie inszenieren, „The Queen's Men“ von Peter Jordan nach Shakespeare. Das neue Ensemble, darunter 15 Neuzugänge, besteht aus 14 Männern und elf Frauen. Immerhin eine mehr als zuvor unter Tobias Wellemeyer.

Lena Schneider

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