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Master of the Universe. Mark Wahlberg rettet die Menschheit im Schweiße seines Angesichts.

© Paramount

Im Kino: „Transformers: The Last Knight“: Ritter in recycelter Roboterrüstung

Zerstörungsorgien mit Elektroschrott: „Transformers: The Last Knight“ recycelt nur noch eigene Ideen und verdeutlicht die umgreifende Ermüdungserscheinung des Blockbuster-Kinos.

Von Andreas Busche

Metall trifft knirschend auf Metall, turmhohe Roboterkörper, Autobots und ihre Erzfeinde, die Decepticons, verkeilen sich ineinander, mitten im Kampfgetümmel zücken die Ritter der Tafelrunde ihre überdimensionalen Schwerter, ein außerirdisches Raumschiff erhebt sich vom Meeresgrund in den Himmel, ein Wanderplanet rasiert beim Touchieren der Erdoberfläche eine Millionenmetropole, kanarienvogelbunte Turbocars liefern sich Rennen in den Ruinen Chicagos – und mittendrin ein schwitzender Mark Wahlberg mit Baseballcap: die Verkörperung des all-American hero. Es bleibt kaum Zeit zum Durchatmen, geschweige denn Nachdenken.

Was sich wie ein Pastiche der letzten zwölf Monate Blockbusterkino Marke Hollywood liest, ist tatsächlich nur eine szenische Kurzbeschreibung von Michael Bays neuem „Transformers“-Film mit dem epischen Untertitel „The Last Knight“. Wer sich angesichts des unvermeidlichen Déjà-vus von Genremotiven und Zerstörungsikonografien nicht mehr als ein müdes Lächeln abringen kann, leidet vermutlich unter demselben Problem, das auch Hollywood seit einigen Jahren befallen hat. Franchise fatigue nennen die Branchenblätter dieses Phänomen, Ermüdungserscheinung beim Publikum angesichts immer neuer Remakes, Reboots und Spin-offs.

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Erst in diesem Sommer gesellten sich zu den bewährten Pixar-, Stars-Wars- und Marvel-Produktlinien zwei neue Marken. „Kong: Skull Island“ leitete in der Tradition japanischer Monster Movies einen Crossover mit Godzilla ein. Und Universal hat sein „Dark Universe“ klassischer Filmmonster mit dem krachend gefloppten Tom-Cruise-Vehikel „The Mummy“ ausgegraben. Wer sich wundert, dass die Titel von Oscar-Preisträgern seit einigen Jahren frappierende Ähnlichkeiten mit den Gewinnern der Independent Spirit Awards, den Oscars des unabhängigen Kinos, aufweisen, findet hier eine Antwort. Die großen Studios stecken in einer Krise.

Hollywood konzentriert sich zunehmend auf Risikovermeidung. In die etablierten Marken wird viel Geld gesteckt, es geht vor allem für Produktionskosten und Marketing drauf. Die menschlichen Stars machen heutzutage nur noch einen Bruchteil der Gesamtkosten aus. Und Regisseure sind ohnehin längst disponibel. Galt es anfangs mal als innovativ, Independent-Regisseure für teure Blockbuster zu engagieren, zeichnet sich mehr und mehr ab, dass unbekannte Namen vor allem kosteneffizienter sind. Außerdem reden sie nicht der Marketingabteilung rein. Man muss sich also nicht wundern, dass sich das Publikum angesichts dieser zynischen Auswüchse vom Kino abwendet. Zuletzt wurden – neben Ridley Scotts „Alien: Covenant“ – der fünfte Film der „Fluch der Karibik“-Reihe und das „Baywatch“-Reboot Leidtragende dieser Entwicklung. In den USA starteten beide Filme am „Memorial Day“, traditionell das Wochenende, an dem Hollywood einen Großteil der Ernte fürs Frühjahr einfährt. 2017 waren die Einspielergebnisse allerdings die schlechtesten seit 18 Jahren, schlimmer noch als die katastrophalen Zahlen im Vorjahr.

Der Film ist bemüht, sich zum nächsten Spin-Off zu erzählen

Das gilt zumindest für die USA. In Deutschland und Übersee, vor allem auf dem wachsenden chinesischen Kinomarkt, sind Hollywoodfilme weiterhin Publikumsmagneten. Darum hat die amerikanische Filmindustrie ihre Kalkulation in den letzten Jahren auch umgestellt. Diesen Sommer erzielte etwa der achte Teil der „Fast & Furious“-Reihe 80 Prozent des Umsatzes außerhalb der USA. So macht sich die US-Filmindustrie langsam vom heimischen Kinomarkt unabhängig. „Transformers: Ära des Untergangs“ (2014) leistete Pionierarbeit. Der chinesische Star Li Bingbing war in einer Hauptrolle zu sehen, die Produktion wurde teilweise nach China verlegt, um die Importbeschränkungen für ausländische Filme zu umgehen. Zwar wurde der neue „Transformers“-Film wieder ohne chinesische Ko-Stars gedreht, doch die Probleme der Branche bleiben offenkundig.

Prognosen zufolge wird die franchise fatigue den Erfolg von „Transformers: The Last Knight“ auf dem US-Kinomarkt nicht beeinträchtigen. Aber man merkt dem Film die Mühe an, eine eigentlich längst auserzählte Reihe auf Biegen und Brechen weiterzuführen – und sei es, um das erschöpfte Franchise an das nächste Spin-off zu übergeben. (Was längst geplant ist: 2018 kommt ein Film mit dem Autobot Bumblebee in die Kinos.) Derzeit scheint jedes Filmstudio, siehe Universal, im eigenen Bestand nach verwertbaren Ideen für ein Franchise zu suchen. „Transformers: The Last Knight“ treibt derweil das Mythen-Recycling munter weiter. Der zweite Teil von 2009 verortete die Wiege der irdischen Transformers-Population noch in den ägyptischen Pyramiden, nun stellt „Transformers: The Last Knight“ eine Verbindung der Spielzeugfiguren zur Artus-Sage her.

Das Drehbuch könnte von einem Zehnjährigen stammen

Kein Witz, Mark Wahlberg ist ein verschollener Ritter der Tafelrunde. Excalibur, das Schwert des Königs, entpuppt sich als außerirdische Macht, hinter der das halbe Universum her ist. Wahlberg, der den proletarischen Zupacker nicht ganz so glaubwürdig gibt wie Bruce Willis seinen feinrippbewehrten John McClane in „Stirb Langsam“, bleiben wenige Tage, um die Kollision von Cybertron, dem sterbenden Heimatplaneten der Transformer, mit der Erde abzuwenden.

Man muss sich bei der Zusammenfassung des Plots ernsthaft zusammenreißen: Es ist schwer zu sagen, an welche erwachsene Zielgruppe sich „Transformers: The Last Knight“ richtet. Das Drehbuch muss von einem Zehnjährigen verfasst worden sein, dramaturgische Kohärenz interessiert Bay ebenso wenig wie eine räumliche Logik in den Actionszenen, die wie nach dem Zufallsprinzip organisiert wirken. Ärgerlich daran ist, wie bei allen Bay-Filmen, dass sich „Transformers: The Last Knight“, gedreht mit IMAX-Kameras, technisch auf dem neuesten Stand befindet (das schließt auch neueste Militärtechnologie mit ein), die Inszenierung trotz allem aber unfassbar dilettantisch aussieht.

In einem Punkt ist Bay immerhin konsequent: Er hat seinen Film von allem erzählerischen Ballast befreit und füllt die „ruhigen“ Momente zwischen den Zerstörungsorgien mit dümmlichen Dialogen, sexistischen Witzen und protofaschistischem Kriegspathos, das seit „Pearl Harbor“ zu seinen Markenzeichen gehört. Im Grunde sind die „Transformers“-Filme so konsequent auf ihre reine Warenform hin produziert, dass nicht einmal mehr der Befund der franchise fatigue greift. Die Pastichehaftigkeit ist nicht das Manko von „Transformers: The Last Knight“, sondern sein Prinzip. Es geht nur noch um wiedererkennbare Signaturen des Blockbusterkinos, die gedankenlos aneinandergereiht werden. Vielleicht hat Michael Bay damit sogar die zynische Formel gegen die kommerzielle Erschöpfung gefunden.

Ab Donnerstag in 20 Berliner Kinos.

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