zum Hauptinhalt
Die Berliner Philharmoniker

© Stefan Höderath / Musikfest

Philharmoniker beim Musikfest: Mit stillem Lächeln

Er kann die Menschen für Musik begeistern: Sir George Benjamin dirigiert die Berliner Philharmoniker beim Musikfest.

Nach der ersten Festivalwoche, nach Orchestergastspielen aus Rotterdam, Amsterdam, Boston und München, nach Werken von Bruckner, Mahler und Zimmermann erscheint der Erkenntnisgewinn des Musikfests noch überschaubar. Sicher ist: Für jeden Abend gibt es ausreichend Karten, von einem magischen Sog ist bislang wenig zu spüren.

Nun spielen die Berliner Philharmoniker ihren ersten Musikfest-Beitrag, heimgekehrt von einer aufwühlenden Tournee unter Kirill Petrenko. Die Leitung übernimmt ein einschüchternd umfassend gebildeter Musiker. Sir George Benjamin ist Pianist, Dirigent und Komponist – und das von Kindesbeinen an. Als Teenager wird er Schüler von Oliver Messiaen, der ihn als neuen Mozart preist. Alles Können hat Sir George Benjamin als Tonsetzer immer skrupulöser und langsamer werden lassen und als Interpreten zu einem freundlichen Zuhörer gemacht.

Das fein austarierte, aber zu ausgedehnten Umbaupausen führende Programm startet mit Pierre Boulez, mit dem Benjamin den Mentor Messiaen teilt. Sein Werk mit dem Titel „Cummings ist der Dichter“ zeigt Boulez, eine zentrale Figur auch dieses Musikfests, von einer heiteren, sinnlichen Seite.

Magie, die schmunzeln macht

Eines der betörenden, kaum zu fassenden Gedichte von Edward Estlin Cummings wirbelt durch einen 16-stimmigen Chor und ein bläserdominiertes Orchester. Benjamin leitet das Chorwerk Ruhr und die Philharmoniker mit stillem Lächeln durch die Partitur. Der vor Spannung schier berstende Pianist Cédric Tiberghien schenkt danach Maurice Ravels Klavierkonzert für die linke Hand eine abgründige Grandezza, während Benjamin die Kollision mit dem Jazzidiom mit großer Klarheit herbeiführt.

Nach der Pause folgt ein in Stimmungen und Besetzungen ähnlich gemischtes Doppel. György Ligetis „Clocks und Clouds“ lässt Frauen- und Orchesterstimmen durch Mikrointervalle und Polyrhythmik aus klar umrissenen Wiederholungen hinübergleiten in zartes Strömen. Die Aggregatzustände der musikalischen Materie verändern sich unaufhörlich, Magie, die schmunzeln macht. Und auch bei Benjamins abschließenden „Palimpsests“, die ohne romantische Vermittlung vom leisesten zum lautesten Klang peitschen können, meint man durch alle gläsernen Schichtungen hindurch einen Hauch Humor vernehmen zu können. Der dirigierende Komponist weiß wirklich, wie er Menschen für Musik gewinnen kann.

Zur Startseite