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Schneidig. Porträt von Otto Dix aus der Serie „Masken“ von Stefan Moses.

© Stefan Moses

Porträfotografien von Stefan Moses: Maskiert, aber nicht versteckt

Ausstellung in der Galerie Johanna Breede: Stefan Moses hat Künstlerfreunde wie Otto Dix oder Meret Oppenheim hinter Masken fotografiert.

Masken schützen, verwandeln oder verstecken die Personen, die sich dahinter befinden. Doch was passiert, wenn wir maskiert fotografiert werden? Offenbart das Auge der Kamera eine neue Sichtweise auf unsere Identität? Genau diese Fragen stellt man sich vor den Porträtbildern des deutschen Fotografen Stefan Moses bei Johanna Breede Photokunst.

38 Porträts hängen in den zwei Galerieräumen in Charlottenburg. Die meisten gehören zu der Serie „Künstler machen Masken“, die Moses über einen Zeitraum von über vierzig Jahren anfertigte. Bei Atelierbesuchen bat er die Künstlerkollegen, mit einer Maske zu posieren. Die Spontanität der Bildhauer und Maler zeigt sich auf ganz unterschiedliche Weise.

Emil Schumacher benutzte zum Beispiel einfach einen herumstehenden Eimer, schnitt drei Löcher hinein und zog ihn sich über den Kopf. Obwohl sich oft viel Humor bei den Porträtierten überträgt, besticht besonders die Zeitlosigkeit in den schwarzweißen Silbergelatineabzügen: Jedes Jahrzehnt ist lebendig, ein Unterschied kaum zu erkennen. Dieser Reichtum an Präsenz konnte nur entstehen, weil Moses die Momente fein abgepasst hat. Deshalb auch sehen die Maskierungen nie nach Hülle oder Verschleierung aus.

Moses wäre in diesen Tagen 90 geworden

Da ist Meret Oppenheim in ihrem Studio; erst unverhüllt und nachdenklich auf einem von zwei Fotos (1900 Euro), dann geheimnisvoll und sinnlich mit Laken und Kormoranmaske verdeckt. Oder Otto Dix, der verschmitzt durch die Fingeröffnungen einer Schere in die Kamera blickt. Mit einer Leichtigkeit im Kamerawinkel unterstützt Moses den spielerischen Ansatz der Inszenierung. Im Hintergrund von Dix’ Atelier stapeln sich Rahmen und Gemälde. In weiteren Aufnahmen erzählt der Fotograf die Geschichte kurz vor oder nach dem Porträtmoment: Dix an der Leinwand, sitzend oder an der Zigarette ziehend. Mit diesem Spannungsbogen zum kecken Scherenporträt baut Moses zusätzlich Intimität auf.

Hans Hartung, dessen Porträt im Großformat (3400 Euro) gegenüber von Dix hängt, scheint dagegen ein distanzierterer Charakter gewesen zu sein. Er hält sich ein längliches Stück Holzrinde mit gespreizten Fingern vor seinen Unterkiefer. Seine Augen blicken mit Abstand, aber bestimmt über das mit Rillen besetzte Holz zum Betrachter. In beiden Porträts inszeniert Moses die Künstler gerade so, dass sie sich trotz ihrer Maskierung nicht verstecken, sondern ihr Charakter zum Vorschein kommt. Moses, der just in diesen Tagen 90 Jahre alt geworden wäre, hatte die Gabe, das Menschliche per Kamera einzufangen.

Er war an den Vorbereitungen seiner Jubiläumsausstellung in der Galerie noch bis kurz vor seinem Tod im Februar 2018 beteiligt. Ein Grund, weshalb Galeristin Johanna Breede bei der Planung blieb und seine Werke nun zeigt. Sie arbeitete über zwei Jahrzehnte mit dem Fotografen zusammen. Vor zwei Jahren trug seine Einzelausstellung den Titel „Ein Welttheater“. Dort und auch in der aktuellen Ausstellung zeigt sich, dass Moses durchaus in der Welt der Inszenierung zu Hause war – aber noch viel mehr bei den Menschen.

Johanna Breede Photokunst, Fasanenstraße 69; bis 21.9., Di–Fr 11-18 Uhr

Lorina Speder

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