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Die Thelonious Bar in der Weserstraße.

© Laura Maria Marsueschke

Ausgehen in Neukölln: Walnüsse auf Weltreise

Nordneukölln kann sich nicht über Kneipen-Mangel beklagen. Die Thelonious Bar in der Weserstraße ist trotzdem eine Bereicherung.

Eine neue Bar auf der Weserstraße? Und dann auch noch auf dem mit Kneipen vollgestopften Abschnitt zwischen Friedelstraße und Pannierstraße? Was soll das bringen? Die Antwort ist einfach: Abwechslung. Denn etwas wie die kürzlich eröffnete Thelonious Bar gibt es tatsächlich noch nicht auf der Nordneuköllner Amüsiermeile.

Als es in der Gegend noch etwas schmuddeliger zuging, war hier mal die Tuk Tuk Thai Music Karokebar angesiedelt. Später folgte die Galerie Su de Coucou. Nun erlebt der lang gestreckte schmale Laden also seine Wiedergeburt als elegante Cocktailbar. Im Zentrum steht der etwa zehn Meter lange Tresen, den die schwach glimmenden Glühfäden von zwölf kleinen Glasbirnen in ein angenehmes Schummerlicht tauchen. Am hellsten strahlt die Hintergrundbeleuchtung der beiden Flaschenregale – und das Lächeln von Barchefin Laura Maria Marsueschke. Sie ist Naturtalent darin, den Raum hinter dem Tresen zu ihrer Bühne zu machen. Dafür muss sie gar nicht mit Gläsern herumwerfen oder mit Flaschen jonglieren, wie man es aus klischeehaften Filmen kennt. Kleine Gespräche, Scherze und vor allem detaillierte Cocktailberatung reichen der 29-Jährigen, um eine große Präsenz zu entwickeln.

Besonders schön sind die geschliffenen Kristallgläser und Aschenbecher

Rund 50 Cocktails hat sie auf der Karte. Darunter sind auch einige Eigenkreationen und Abwandlungen klassischer Rezepte. Dazu gehört auch, dass Marsueschke und ihr vierköpfiges Team selbst Alkohol infusionieren, also etwa Walnüsse oder Feigen für die leckeren Whisky-Sour-Varianten einlegen. In Zukunft wollen sie zudem einige Sirupe selbst machen, erzählt Marsueschke, deren Gesicht Reuterkiez-Ausgehern eventuell bekannt vorkommt. Das liegt daran, dass die gebürtige Potsdamerin lange in der Yuma Bar gearbeitet hat, die seit ihrem Umzug schräg gegenüber liegt. Die neue Bar ist so etwas wie deren jüngerer etwas schickerer Bruder. Neben Marsueschke stecken nämlich auch die beiden Yuma-Betreiber hinter der Eröffnung. Verwandt sind die beiden Läden ansonsten nur in ihrer Stilsicherheit. Denn anders als bei der auf belgische Biere spezialisierten großen Schwester gibt es bei Thelonious lediglich eine kleine Bierauswahl. Auch der musikalische Fokus ist anders: Wie der Name schon andeutet, läuft vor allem Jazz – allerdings nicht nur von Namensgeber Thelonious Monk.

Im Gedenken an den großen Pianisten, der dafür bekannt war, exzentrische Kopfbedeckungen zu tragen, hat Laura Maria Marsueschke einen kleinen Hut auf das linken Barregal geklemmt. „Der bekommt noch einen besseren Platz“, sagt die Frau mit der blonden Kurzhaarfrisur, die ihre Bar mit sehr schön geschliffenen Kristallgläsern und dazu passenden Aschenbechern ausgestattet hat. Man merkt, dass der Laden ihr Herzensprojekt ist. Schließlich hat sie all ihre Ersparnisse, die eigentlich für eine Weltreise gedacht waren, hier reingesteckt. „Jetzt gehe ich eben jeden Abend in der Bar auf Weltreise,“ sagt sie. „Mit Gästen und Alkohol aus aller Welt – nur ohne Rucksack.“

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