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Die frühere Gewerkschaftschefin Monika Wulf-Mathies und WDR-Intendant Tom Buhrow stellen den Abschlussbericht zum Umgang des WDR mit sexueller Belästigung vor.

© dpa

Abschlussbericht zu MeToo beim WDR: Wulf-Mathies mahnt "Kulturwandel" an

Monika Wulf-Mathies hat den WDR nach den MeToo-Vorwürfen durchleuchtet. Sie sieht strukturelle Defizite, sie fordert eine externe Clearingstelle

Nach Vorwürfen sexueller Belästigung gegen einzelne WDR-Mitarbeiter hat die frühere Gewerkschaftsvorsitzende Monika Wulf-Mathies einen „Kulturwandel“ im größten ARD-Sender gefordert. „Es hat sich sehr schnell gezeigt, dass das Thema sexuelle Belästigung nur die Spitze des Eisbergs ist, hinter dem sich Machtmissbrauch, vielfältige Diskriminierungserfahrungen und eine Unzufriedenheit mit dem Betriebsklima verbergen“, sagte sie am Mittwoch in Bonn. Es gehe nicht nur um die MeToo-Debatte über sexuelle Belästigung, sondern um „strukturelle Defizite“. Im Westdeutschen Rundfunk fehle es an klaren Regeln und gegenseitiger Wertschätzung.
Wulf-Mathies stellte in Bonn ihren Abschlussbericht zum Umgang des WDR mit den Belästigungsvorwürfen vor. Die 76-Jährige war von Intendant Tom Buhrow mit dieser Untersuchung beauftragt worden und nahm sich vier Monate Zeit dafür; auf jedwede Vergütung hat sie verzichtet. Der WDR hatte im Mai einem Mitarbeiter wegen Belästigungsvorwürfen fristlos gekündigt, mit einem anderen einigte sich der Sender außergerichtlich auf eine Trennung.

Verantwortung des WDR

Schon der Titel des Abschlussberichts, er fußt auf intensiver Aktenrecherche und 35 ausführlichen Gesprächen, zeigt die Richtung an: „Mehr als #MeToo – die Verantwortung des WDR als Arbeitgeber“. Es habe sich sehr schnell gezeigt, sagte Wulf-Mathies „dass das Thema sexuelle Belästigung nur die Spitze des Eisbergs ist, hinter dem sich Machtmissbrauch, vielfältige Diskriminierungserfahrungen und eine Unzufriedenheit mit dem Betriebsklima verbergen“. Sexuelle Belästigung sei eine sehr hässliche Form von Machtmissbrauch. Trotz aller Gleichstellungsbemühungen besteht noch immer ein strukturelles Machtgefälle zwischen in der Regel männlichen Chefs und weiblichen Untergebenen, das Raum für Grenzüberschreitungen lässt.“ Damit verweist Wulf-Mathies zugleich darauf, dass solche strukturellen Bedingungen ein Nährboden für Machtmissbrauch oder Diskriminierung sind. Das betreffe sicher nicht nur den WDR, sondern auch andere Medien- und Kulturinstitutionen. Dass der WDR bereit war, sich von einer externen Prüferin so intensiv durchleuchten zu lassen und die Ergebnisse nicht in der Schublade verschwinden lässt, „finde ich durchaus mutig“.

Ein Dutzend bekannt gewordener Fälle

Die meisten bisher bekannt gewordenen Belästigungsfälle – WDR-Intendant Tom Buhrow sprach bei der Pressekonferenz von etwa einem Dutzend – datierten noch aus den 90er Jahren. „Generell lässt sich sagen, dass bei diesen Fällen ein größerer Ermittlungseifer notwendig gewesen wäre“, sagte Wulf-Mathies. Inzwischen reagiere der WDR aber sehr viel konsequenter und schneller.
Führungskräfte im WDR würden vor allem nach ihren journalistischen Fähigkeiten ausgesucht, aber nicht nach charakterlichen Eigenschaften. Die Frauen selbst hätten aufgrund des Betriebsklimas kein Vertrauen gehabt, sich an ihren Arbeitgeber zu wenden. Wulf-Mathies regte unter anderem eine dauerhafte externe „Clearingstelle“ und eine neue Dienstvereinbarung mit klaren Regeln gegen Machtmissbrauch an. Außerdem müsse der Arbeitgeber Vorwürfe „gründlich und proaktiv“ untersuchen. Beim Thema "Betriebsklima" im Sender hat Wulf-Mathies einen großen Mangel an gegenseitiger Wertschätzung festgestellt.
WDR-Intendant Buhrow nutzte die Pressekonferenz, um mit Blick auf die Fälle der 90er Jahre „alle Opfer im Namen des WDR um Entschuldigung zu bitten“. Er sagte die Einrichtung einer „Clearingstelle“ zu wie auch die neue Dienstvereinbarung. Das Betriebsklima im Sender müsse auf Defizite hin untersucht werden. Im WDR müsse angstfrei gearbeitet werden können. „Gute Leistung und gute Laune gehören zusammen.“ (mit dpa)

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