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Peter-Jürgen Boock: „Maßlose Wut auf Baader“

Der "Karl May der RAF" tingelt durch die Talkshows. Doch ein idealer Zeitzeuge ist er nicht.

Mitte April hat der frühere RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock in einem „Spiegel“-Interview davon berichtet, wie er kurz zuvor am Grab von Andreas Baader und Gudrun Ensslin mit der eigenen Gefühlswelt ins Reine gekommen sei. Boock will, spät genug, so etwas wie Wut auf die RAF-Gründer verspürt haben, das erste Mal in seinem Leben.

Das mag so sein – aber ob es die Wahrheit und nichts als die Wahrheit ist, das weiß der Mann, der als einziger aus der damaligen Terrortruppe intensiv ins Aufarbeitungsgeschäft des Deutschen Herbstes eingestiegen ist, wahrscheinlich selbst nicht so genau. Für die ARD-Dokumentation „Die RAF“ ist Boock nun noch einmal auf den Friedhof gegangen und hat die Szene nachgestellt, vermutlich des besseren Eindrucks wegen.

Besonders genau mit der Wahrheit hat es der wegen der Beteiligung an der Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer zu lebenslanger Haft verurteilte Boock allerdings nie genommen. Ermittlern galt er lange Zeit als „Karl May der RAF“, auch deshalb, weil er es zunächst verstanden hatte, seine Rolle während der Terrorzeit herunterzuspielen. Für frühere RAF-Genossen ist er ein „Schauschämer“, sie nehmen ihm noch heute übel, dass er ihnen damals vorgespielt habe, schwer krank zu sein, um seine Medikamentensucht zu befriedigen. Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker, ursprünglich zum Gnadenerweis entschlossen, lehnte nach einem persönlichen Gespräch mit Boock 1988 dessen Ersuchen ab.

Das alles weist Boock nicht gerade als idealen Zeitzeugen aus, in Ermangelung anderer redebereiter Ex-Terroristen wird er dennoch gerne genommen. Im Fall des im April 1977 in Karlsruhe ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback tingelte er durch die Talkshows, weil er den Namen des Todesschützen zu kennen glaubt: Es soll Stefan Wisniewski sein, der ebenfalls für die Beteiligung an der Ermordung Schleyers verurteilt worden war. Boock, so viel kann man sicher sagen, war damit schlagartig wieder im Geschäft.

Und der mediale Hype, der derzeit um den RAF-Terror gemacht wird, ist ja auch noch nicht vorbei. Als Ideengeber und Koautor ist Boock derzeit an dem Film „Schattenwelt“ beteiligt, die Geschichte eines Terroristen, der nach der Haft auf ein früheres Opfer trifft. Geld dafür gab es von der Filmförderung Baden-Württemberg sowie von Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Axel Vornbäumen

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