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Der unterlegene CDU-Vorsitzkandidat Friedrich Merz

© Peter Steffen / dpa

Political Animal: Friedrich Merz unterliegt einem Irrtum

Für die CDU will Friedrich Merz jetzt lieber doch nicht wahlkämpfen – das nutzt am Ende Jens Spahn. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ob er sich das gut überlegt hat? Friedrich Merz, Beinahe-Vorsitzender der CDU, jedenfalls nicht ganz so weit davon entfernt, will nicht für seine Partei wahlkämpfen. Gar nicht. Seine Begründung: Wahlkämpfe müssten von denen geführt werden, die sich um Mandate bewerben. Und er habe kein Mandat, nicht in der CDU, nicht im Parlament, auch nicht in der Regierung.

Das klingt nicht gut. Jetzt kann jeder Schlechtes von ihm denken. Erstens, weil es aussieht, als wolle Merz abwarten, wie die kommenden Wahlen ausgehen, in Europa, Bremen, Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Sind sie für die Christdemokraten kein Erfolg, oder höchstens ein kleiner, könnte eine Debatte einsetzen, ob Annegret Kramp-Karrenbauer wirklich die Richtige ist. Und auf wen schauen die CDUler dann? Auf den knapp Unterlegenen. Das ist eine Spekulation, aber sie passt zu Merz, dem Mann der Wirtschaft.

Die Verheißung, die AfD zu halbieren

Zweitens werden sich die Christdemokraten im Osten revanchieren, und zwar dann, wenn es darauf ankäme: eben bei Neuwahlen zum Parteivorsitz. Hatte eben jener Friedrich Merz doch den ostdeutschen Parteifreunden versprochen, an ihrer Seite zu stehen. Die Verheißung, die AfD zu halbieren, ist in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gern gehört worden. Mehr noch: Viele haben Merz ernst genommen und auf ihn gebaut. Zumal im Osten die AfD enorm gewachsen ist, Volksparteigröße hat, sogar die Nummer eins werden kann. Die Enttäuschung über Merz’ Absage ist dementsprechend.

Drittens: Beleidigte Leberwurst ist nie eine erfolgversprechende Strategie. Dass Merz von AKK in ihren „Bibliothekskreis“ zur Sozialen Marktwirtschaft berufen worden ist, muss der nicht als Auszeichnung verstehen, eher im Gegenteil. Aber er musste die Berufung ja nicht annehmen. Gezwungen hat nur Merz sich.

Was bedeutet: Diese Entscheidung zählt gewiss nicht zu seinen klugen. Schließlich hat er damit seinen jüngeren konservativen Konkurrenten Jens Spahn noch einmal gestärkt. Der wird ganz bestimmt Wahlkampf für die CDU machen, mit Freuden, denn das liegt ihm. Und Spahn kann sich, sollte AKK Kanzlerin werden, dann zum Dank womöglich ein anderes als das gegenwärtige Ressort für Gesundheit aussuchen. Vielleicht Wirtschaft oder Verteidigung.

Oder das Innenministerium? Was kaum einer weiß: Spahn ist seit 16 Jahren auch Mitglied der CSU. Das geht, weil die beiden Parteien nicht gegeneinander antreten. Was bedeutet, dass hinter Jens Spahn eigentlich schon heute CDU/CSU stehen könnte.

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