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Polizeibeamte führen in Berlin einen Mann ab, der verdächtigt wird, am den Raub einer 100-Kilo-Goldmünze beteiligt gewesen zu sein. Für die Tat werden Kriminelle aus dem Clanmilieu verantwortlich gemacht.

© Paul Zinken/dpa

Update

BKA-Lagebild zum organisierten Verbrechen: Erstmals wird das Ausmaß der Clankriminalität in Deutschland klar

Das BKA geht von rund 650 Tatverdächtigen im Bereich der Clankriminalität aus. Sie richten Schäden in Millionenhöhe an.

Von Frank Jansen

Täter der Organisierten Kriminalität (OK) haben 2018 in Deutschland erheblich mehr Schäden angerichtet als im Jahr zuvor. Polizei und Justiz stellten eine Schadenssumme von 691 Millionen Euro fest, das ist mehr als dreimal soviel wie 2017. Damals ging es um 209 Millionen Euro. Die von den Kriminellen erzielten Erträge betrugen 675 Millionen Euro (2017: 145 Millionen). Die Behörden konnten lediglich Vermögenswerte in Höhe von 72 Millionen Euro (2017: 24 Millionen) sicherstellen.

Die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen sank auf 6483 (2017: 8317). Zwei Drittel sind nichtdeutsche Tatverdächtige. Das geht aus dem Lagebild 2018 des Bundeskriminalamts zur Organisierten Kriminalität hervor. Bundesinnenminister Horst Seehofer und BKA-Präsident Holger Münch haben den Report am Dienstag in Berlin vorgestellt.

Erstmals befasst sich das BKA in einem Lagebild zur OK mit der Kriminalität von Clans. Demnach wurden 2018 bundesweit 45 Verfahren gegen kriminelle Mitglieder „ethnisch abgeschotteter Subkulturen“ geführt. Die Ermittlungen richten sich vor allem gegen arabischstämmige OK-Gruppierungen, das BKA nennt 24 Verfahren.

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Es folgen acht gegen Banden, der Mitglieder aus Staaten des westliche Balkan stammen, und drei Verfahren gegen Gruppierungen türkischer Herkunft.

In Berlin waren fünf OK-Verfahren gegen Clanmitglieder anhängig. Die Behörden der Hauptstadt hatten 2018 mit einem Fünf-Punkte-Plan begonnen, härter gegen die Clans durchzugreifen.

Im Lagebild ist von 654 Tatverdächtigen im Bereich der Clankriminalität die Rede. An der Spitze stehen libanesische Tatverdächtige (152), dann kommen Deutsche (148). Ein Teil von ihnen stammt allerdings auch aus arabischen Familien. Auffällig sei zudem der hohe Anteil Tatverdächtiger mit ungeklärter Staatsangehörigkeit, sagt das BKA und spricht von 37 Personen.

Clans richten schaden von 17 Millionen Euro an

Bei den Straftaten der Clans geht es häufig um Rauschgift (23 OK-Verfahren). In weiteren zwölf Verfahren wird wegen Eigentumsdelikten ermittelt. Der von den Clans angerichtete Schaden liegt bei 17 Millionen Euro. Die Kriminellen konnten 28 Millionen Euro „erwirtschaften“, der Staat nahm ihnen allerdings Vermögenswerte in Höhe von 22 Millionen weg.

Die meisten Schäden richteten deutsch dominierte OK-Gruppierungen von Betrügern bei Geldanlagen, Krediten, Konkursen und Steuerhinterziehung an, außerdem Fälscher, Diebesbanden und weitere Kriminelle. Das BKA spricht von 336 Millionen Euro. Polizei und Justiz ermittelten zudem, dass deutsche OK-Gruppierungen kriminelle Erträge in Höhe von 324 Millionen Euro erzielten.

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Die Behörden konnten allerdings nur Vermögenswerte in Höhe von knapp 29 Millionen Euro sicherstellen. Es folgen türkische OK-Gruppen, hier beträgt die Schadenssumme mehr als 94 Millionen Euro. Die kriminellen Erträge lagen bei 40 Millionen Euro. Konfisziert werden konnten immerhin Vermögenswerte in Höhe von etwa 30 Millionen Euro.

Erstmals Zahlen zur Clan-Kriminalität

Den enormen Anstieg der „Gesamtschadenssumme“ im Bereich der OK auf 691 Millionen Euro erklärt das BKA mit neuen Fällen bei Steuer- und Zolldelikten, Betrügereien im Wirtschaftsleben und Eigentumskriminalität. Allein in einem OK-Verfahren im Jahr 2018, es ging um groß angelegten Steuerbetrug, entstand ein Schaden in Höhe von 201 Millionen Euro.

Bei Polizei und Justiz waren 2018 insgesamt 535 Ermittlungsverfahren zu OK-Gruppierungen anhängig. Es dominierte die Rauschgiftkriminalität, hier werden 201 Verfahren gegen Dealer und Schmuggler geführt.

Im Lagebild wird auch das erste Mal die Kriminalität von „Zuwanderern“ genannt. Dabei handelt es sich meist um Flüchtlinge. Das BKA erwähnt 87 OK-Verfahren. Bei 37 Ermittlungen stand der Handel mit Drogen im Vordergrund, gefolgt von Eigentumsdelikten und Schleusungen. Die meisten der insgesamt 464 tatverdächtigen Zuwanderer sind Libanesen (122), gefolgt von Syrern (55) und Türken (45).

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