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Angela Merkel im Februar bei einer Pressekonferenz in Brüssel.

© imago images / Xinhua

Update

Deutsche Reaktionen zum Strache-Skandal: Merkel ruft zum Kampf gegen Populismus auf

Deutsche Politiker reagieren scharf auf die Entwicklungen in Österreich. Es gibt Warnungen vor Rechten – und klare Forderungen an Kanzler Kurz.

Der österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der rechten FPÖ tritt zurück. Ein brisantes Video legt nahe, dass er einer angeblich reichen Russin öffentliche Aufträge als Gegenleistung für Wahlkampfhilfe in Aussicht stellte. Die Reaktionen in Österreich sind heftig – und auch viele deutsche Politiker meldeten sich am Samstag zu Wort. Die meisten kritisieren die Vorgänge im Nachbarland scharf. Einer zeigt sich solidarisch mit der FPÖ: Jörg Meuthen. Der AfD-Bundesvorsitzende versucht die Affäre kleinzureden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte angesichts des FPÖ-Skandals einen entschiedenen Kampf gegen Rechtspopulismus. "Europa ist eine Vereinigung von Ländern, die sich entschieden haben, auf einer gemeinsamen Wertebasis zusammenzuarbeiten", sagte Merkel in Zagreb auf eine Frage zur Regierungskrise in Österreich. "Wir haben es mit Strömungen, populistischen Strömungen zu tun, die in viel Bereichen diese Werte verachten, die das Europa unserer Werte zerstören wollen. Dem müssen wir uns entschieden entgegenstellen", forderte sie. Zur Frage, ob Österreichs Kanzler Kurz die Koalition mit der FPÖ beenden sollte, nahm sie allerdings nicht Stellung, sondern verwies auf das angekündigte Statement des ÖVP-Politikers am Abend.

Außenminister Heiko Maas (SPD) kritisierte den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen seiner Regierungskoalition mit der rechtspopulistischen FPÖ scharf. "Rechtspopulisten sind die Feinde der Freiheit. Mit Rechtspopulisten gemeinsame Sache zu machen, ist verantwortungslos", sagte Maas der "Bild am Sonntag".

Auch wenn er fest davon überzeugt sei, dass die große Mehrheit in Europa das längst erkannt habe, rief Maas angesichts der Europawahl zu einem deutlichen Bekenntnis: "Wir müssen laut und klar genug gegenhalten, damit Rechtspopulisten in Europa nicht noch mehr Zulauf bekommen."

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil schrieb auf Twitter: "Sebastian Kurz hat keine andere Möglichkeit als diese Regierung sofort zu beenden und sich dafür zu entschuldigen, dass er Spaltern und Hetzern wie Strache Verantwortung übertragen hat."

Sein Parteifreund und SPD-Vize Ralf Stegner kommentierte bei Twitter: "Das Skandalvideo um FPÖ Chef Strache zeigt die Dummheit und moralische Verkommenheit der Rechtsradikalen, wie wir das überall zu sehen bekommen. Korrupt, undemokratisch, gefährlich."

Grünen-Chef fordert Schlussstrich

Auch der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck sagte: "Es muss ein Schlussstrich gezogen werden." Auf einem Wahlparteitag der Grünen zur Europawahl sagte Habeck weiter: "Österreich braucht Neuwahlen, so wie wir neu wählen müssen, welche Politik wir eigentlich haben wollen", fügte er hinzu. Das Beispiel Österreich zeige, "was passiert, wenn man sich mit Populisten einlässt". Scharfe Kritik äußerte Habeck an der ÖVP vom österreichischen Kanzler Kurz, der mit der FPÖ als Koalitionspartner regiert. Es sei ein "Skandal", dass die ÖVP "einfach weitermachen will mit einer Partei, die die Pressefreiheit politisch unterjochen will."

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz.

© Leonhard Foeger/Reuters

Seine Kollegin Annalena Baerbock sagte in der "Welt am Sonntag": "Dieser ungeheuerliche Skandal zeigt, Rechtspopulisten verachten unsere Werte wie Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit und arbeiten an der systematischen Aushöhlung der Demokratie."

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sagte, das Video zeige, dass Rechtspopulisten in Europa, egal in welchem Land, bereit seien, das Interesse ihres Landes für ihr eigenes Wohlergehen zu verkaufen. "Und wenn es für ein Butterbrot ist. Diese Menschen dürfen in Europa keine Verantwortung übernehmen."

"Partei der Reichen, korrupt und dreist"

Linken-Chef Bernd Riexinger kommentierte bei Twitter: "Die österreichischen Rechten um Strache inszenieren sich gern als 'Partei des kleinen Mannes'. Doch die Fassade reicht nicht mal bis Ibiza. Beim Plausch mit russischen Oligarchen kommt das wahre Gesicht der FPÖ zum Vorschein: Partei der Reichen, korrupt und dreist."

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Auch FDP-Chef Lindner meldete sich beim Kurzbotschaftendienst: "Das Video von Strache bestätigt schlimme Befürchtungen. Die Entscheidung von Kanzler Kurz ist konsequent und richtig. Die AfD sah sich verwandt im Geiste. Wird sie sich jetzt von der FPÖ distanzieren?" Die Spitzenkandidatin der Partei für die Europawahl, Nicola Beer, teilte mit: "Der Skandal, in den der österreichische Vizekanzler verwickelt ist, zeigt ungeachtet der dubiosen Herkunft des Videos, mit welch windigen Politikern und Parteien die AfD in Europa gemeinsame Sache machen will."

Die Verbindung zur AfD – besonders mit Blick auf eine Kundgebung einer rechten Allianz in Italien – zog auch der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Achim Post, in einem Statement: "Dass AfD-Chef Meuthen heute Seite an Seite mit den Neo-Faschisten Salvini und Le Pen in Mailand auftritt, zeigt das wahre Gesicht der AfD. Die Rechtsallianz, die in Mailand aus der Taufe gehoben werden soll, ist in Wahrheit eine Rechtsradikalen-Allianz, deren einzige europapolitische Gemeinsamkeit der Wunsch ist, die Europäische Union zu zerschlagen."

Der Fall Strache in Österreich lege auf drastische Weise "die dreiste und unvorstellbare Doppelzüngigkeit bloß", mit der diese "vermeintlichen nationalen Saubermänner Politik machen", so Post. Der österreichische Bundeskanzler Kurz müsse die Koalition mit der rechtsextremistischen FPÖ endlich beenden. "Ein bloßer Rücktritt von Strache reicht bei weitem nicht aus. Bei der Europawahl kommt es umso mehr auf jede Stimme für Demokratie und Zusammenhalt in Europa an."

Die Alternative für Deutschland hält trotz der Videoaffäre in Österreich zur FPÖ. „Die FPÖ ist uns ein enger Partner“, sagte AfD-Chef Meuthen am Samstag am Rande einer Kundgebung europäischer Rechtsparteien in Mailand. Er werde der österreichischen Partei nun nicht „in den Rücken fallen“ auf Grund einer „singulären Angelegenheit“, sagte Meuthen.

Damit folgt er ganz der Linie Straches, der in seiner Pressekonferenz versucht hatte, die Affäre ganz auf sich persönlich zu reduzieren und damit Schaden von der FPÖ abzuwenden. Dabei gibt es, abgesehen davon, dass Strache nicht irgendein Parteimitglied ist, auch die Frage, ob es systematische Verstöße gegen die Regeln der Parteienfinanzierung gab – durch den im Video genannten Verein, an den Spenden gehen sollen. Meuthen sagte, Straches Rücktritt „war in dieser Situation vermutlich angezeigt“. Er kenne das in Rede stehende Video noch nicht und müsse es erst analysieren. „Und damit ist es dann aber auch gut“, sagte der AfD-Chef. (mit dpa, AFP, Reuters)

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