zum Hauptinhalt
Auch Sven Plöger, Wetter-Moderator der ARD, wird wegen zu ausführlicher Wetterberichte angefeindet.

© Boris Roessler/dpa

Wie ideologisch ist das Wetter?: Die Bild-Zeitung wittert hinter Klimatabellen unerlaubte Wahlkampfhilfe

Mobilmachung gegen die Wetterberichte bei ARD und ZDF - weil sie politisch angeblich den Grünen nützen. Es wird skurril. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Gerd Appenzeller

Kann man den Nachrichten in den Zeitungen und im Fernsehen trauen? Je mehr Informationsquellen den Bürgerinnen und Bürgern durch das Internet zur Verfügung stehen, desto stärker wird die Tendenz, ungeprüften, aber ins eigene Weltbild passenden Nachrichten Glauben zu schenken.

Und seit amerikanische Präsidenten, in Negierung der tatsächlichen Ereignislage, über ihre Sprecher so genannte alternative Fakten verkünden ließen und russlandnahe Dienste Wahlen in den USA zu manipulieren trachten, ist Orientierungshilfe in diesem Dschungel des Geraunes und Behaupteten dringlicher nötig denn je.

Dass das Vertrauen in die klassischen Medien in Deutschland im vergangenen Jahr gestiegen ist, hat etwas Beruhigendes. Das ist die Erkenntnis aus einer Langzeitstudie des Institutes für Publizistik der Universität Mainz und des Institutes für Sozialwissenschaften der Universität Düsseldorf. 56 Prozent der Befragten sagten im November und Dezember, dass sie den Medien mehr oder minder vertrauen, wenn es um Umweltprobleme, Gesundheitsgefahren oder politische Skandale geht.

Nach dem Wetterbericht hat da offenbar niemand gefragt. Ein Fehler, wie man jetzt einer sorgenvollen Betrachtung der Bild-Zeitung entnehmen konnte. Die hat nämlich, eine Manipulation ihrer Leserinnen und Leser befürchtend, die Wetterberichte von ARD und ZDF als verkappte Stimmungsmacher für die Grünen identifiziert.

Bitte keine Erklärungen oder Hintergründe mitliefern - so lautet die Forderung

Wie das? Eigentlich sollten Özden Terli im ZDF und Karsten Schwanke in der ARD nur das Wetter der nächsten Tage vorhersagen. Sagt Bild. Tatsächlich würden sie aber immer öfter die Temperaturkurven der letzten Jahre und den Klimawandel erklären. Terli baue Statistiken zur Erwärmung der letzten Jahre ein. Auch Schwanke rede gerne über die Ursachen des menschengemachten Klimawandels. Und voller Zweifel grämt sich die Redaktion: Ist das sachliche Aufklärung oder heimlicher Klimawahlkampf?

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die Antwort gibt Hermann Binkert, der Chef des Umfrageinstitutes Insa, das auch für die Bild-Zeitung die Sonntagsfrage stellt. Insa steht für „Institut für neue soziale Antworten“, und die werden gerne auch für rechtskonservative Medien aufbereitet. Gründer Binkert, ein früherer CDU-Politiker, sympathisiert mit der CDU-nahen, konservativen Werteunion, er hat früher die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag beraten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Der Redaktion von Bild sagt Binkert: Je stärker das Thema Klimaschutz im Bewusstsein der Bevölkerung ist, desto eher werden die Grünen von der Kompetenz, die man ihnen hier zuspricht, profitieren.

Aber natürlich steht Binkert nicht allein. ZDF- Intendant Thomas Bellut wird mit dem Satz zitiert „Klima ist wichtig, aber danach kommt das nächste Thema“, und RTL-Wetter-Moderatorin Maxi Biewer findet „Politische Nachhilfe braucht hier niemand, die Menschen können allein denken“.

Nachrichten einzuordnen, Zusammenhänge zur erklären, galt und gilt bis heute als eine der Kernaufgaben des verantwortungsvollen Journalismus. Wer das Benennen von Hintergründen als Manipulation bezeichnet, zeigt ein elitäres und vordemokratisches Verhältnis zur Aufgabe von Medien in der Demokratie. Das „Warum“ sollen demnach zur jene verstehen, die durch Funktion oder Bildung ohnedies einen Informationsvorsprung haben. Daher: Özden Terli, Karsten Schwanke, Sven Plöger – bitte weiter so.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false