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Zahlreiche Gnadengesuche landen jedes Jahr beim Bundespräsidenten.

© imago/Metodi Popow / IMAGO/M. Popow

Exklusiv

Freiheit für RAF-Terroristen: Steinmeier darf darüber schweigen, wen er begnadigt

Transparenz-Aktivisten sind mit einer Klage gescheitert, den Präsidenten zur Auskunft über seine Entscheidungen zu verpflichten. Damit gilt das Prinzip Freiwilligkeit.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier darf geheim halten, welche Straftäter er begnadigt. Das Berliner Verwaltungsgericht hat eine Klage des Transparenzportals „Frag den Staat“ zurückgewiesen, mit der Steinmeier zur Auskunft über seine Entscheidungen verpflichtet werden sollte, wie der Tagesspiegel erfuhr (Az.: VG 27 K 285/21). Gründe wurden zunächst nicht mitgeteilt, sie folgen in einigen Wochen schriftlich.

 Weder Gerichte noch Parlamente können die Gnadenentscheidungen des Bundespräsidenten überprüfen.

Arne Semsrott von „Frag den Staat“

Arne Semsrott von „Frag den Staat“ reagierte enttäuscht auf das Urteil: „Weder Gerichte noch Parlamente können die Gnadenentscheidungen des Bundespräsidenten überprüfen. Deswegen müsste zumindest der Presse öffentliche Kontrolle ermöglicht werden“, erklärte Semsrott.

Dass das Verwaltungsgericht dies anders sehe, sei problematisch, zumal es in Zukunft auch Bundespräsidenten geben könnte, die ihr Gnadenrecht noch öfter und abseits der Öffentlichkeit einsetzten.

Der Bundespräsident übt laut Grundgesetz das Begnadigungsrecht für den Bund aus und kann diese Befugnis auch auf andere Behörden übertragen. In der Praxis sind die Anwendungsfälle stark beschränkt.

Regelmäßig handelt es sich um Gnadengesuche von Bundesbeamten in Disziplinarsachen. Gnadengesuche von Straftätern fallen meist in die Zuständigkeit der Länder, nur in Ausnahmefällen sind sie eine Angelegenheit des Präsidenten.

Dazu zählen aber auch die Fälle etwa von RAF-Terroristen, die sich in der Vergangenheit häufiger an das Staatsoberhaupt gewandt haben, um nach Jahrzehnten der Strafhaft auf freien Fuß zu kommen.

Meist gibt es nur statistische Auskünfte

Über solche prominenten Gnadengesuche und ihre Entscheidungen pflegen die Bundespräsidenten bisher die Öffentlichkeit zu informieren. Sie sind dazu aber nicht verpflichtet. Zu den weiteren Fällen gibt es nur statistische Auskünfte.

Das Portal „Frag den Staat“ will mit der Klage eine prinzipielle Öffnung dieser präsidialen Zuständigkeit erreichen. Nach Ansicht der Transparenz-Aktivisten handelt es sich bei den Gnadenentscheidungen um bloßes Verwaltungshandeln, dessen Einzelheiten auf Grundlage des Presse-Auskunftsanspruchs offengelegt werden müssten.

Dem waren die beiden Vertreter des Bundespräsidialamts bei der mündlichen Verhandlung der Klage am Freitag deutlich entgegengetreten. Das Gnadenrecht des Präsidenten sei ein „Gestaltungsrecht besonderer Art“, für das es keine Kontrolle gebe.

Eine Auskunft über die Identität Betroffener, wie „Frag den Staat“ sie verlangt, verletze zudem deren Rechte. Das Aufkommen habe ohnehin stark abgenommen, meist handele es sich um „banale Fälle“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob das Gericht eine Berufung zugelassen hat, ist nicht bekannt.

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