zum Hauptinhalt
Uwe Dziuballa beschreibt die Angriffe auf sein jüdisches Restaurant "Schalom" in Chemnitz.

© AFP/John Macdougall

Nach Angriff auf koscheres Restaurant in Chemnitz: Zentralrat der Juden: „Es ist fünf nach zwölf“

Nach dem Anschlag auf ein koscheres Restaurant warnt Präsident Schuster davor, „die Lage in Chemnitz schönzureden“.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland und andere jüdische Organisationen haben den Angriff auf ein koscheres Restaurant in Chemnitz verurteilt. Zugleich bezog der Zentralratspräsident Josef Schuster in ungewöhnlich deutlicher Form Stellung zur Debatte um Äußerungen des Verfassungsschutz-Chefs Hans-Georg Maaßen. „Für die Versuche einiger Politiker und Vertreter der Sicherheitsbehörden, die Lage in Chemnitz schönzureden, habe ich kein Verständnis“, erklärte Schuster am Sonntag. „Die Bestrebungen der Verfassungsbehörden, die Vorfälle offensichtlich zu bagatellisieren, lassen mich ernsthaft an der Arbeit dieser Behörden zweifeln.“ Maaßen hatte gesagt, er sehe „Medienberichte zu rechtsextremistischen Hetzjagden in Chemnitz“ mit Skepsis.

Die rassistischen Ausschreitungen und der Anschlag auf ein koscheres Restaurant in Chemnitz zeigten, wie stark der Rechtsextremismus in der Region verwurzelt sei. Beschwichtigungsversuche und eine mangelnde Distanzierung von Rechtspopulisten spielten genau diesen Kräften in die Hände. „Wir müssen das Problem beim Namen nennen. Das erwarte ich vor allem von denen, die für die innere Sicherheit in Deutschland verantwortlich sind“, betonte Schuster. „Es ist fünf nach zwölf!“

Wie erst durch die Medien bekannt wurde, war das Restaurant „Schalom“ am 27. August, dem Tag rechtsextremer Ausschreitungen in Chemnitz, von etwa einem Dutzend Personen mit Steinen und Flaschen beworfen worden, der Besitzer wurde an der Schulter verletzt. Die Angreifer riefen antisemitische Parolen.

Charlotte Knobloch sieht in dem Angriff ein Warnsignal

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warf der Polizei „mangelnde Sensibilität“ im Umgang mit der Tat vor, die zunächst wie eine normale Sachbeschädigung behandelt worden sei. „Es ist gravierend, wenn die Polizei nicht sofort die Brisanz einer solchen antisemitischen Tat erkennt“, sagte Klein dem Tagesspiegel. „Dass sich vermummte Neonazis zusammenrotten und kaltblütig eine Institution angreifen, die als jüdisch wahrgenommen wird – so etwas hatten wir in den letzten Jahren nicht.“ Zugleich forderte Klein, dass auch das Land Sachsen endlich einen Antisemitismusbeauftragten einsetzen solle. „Das ist im Landtag diskutiert, aber leider abgelehnt worden, bisher auch von der CDU-Fraktion.“

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, sieht in dem Anschlag auf das Restaurant ein Warnsignal: „Ein Angriff auf Juden ist niemals nur ein Angriff auf Juden. Er ist eine Kampfansage an die offene Gesellschaft und die freiheitliche Demokratie, die unser Land ausmacht.“ Ein Rechtsstaat dürfe es nicht hinnehmen, dass „gewalttätige Gruppen durch die Straßen marodieren und Menschen terrorisieren, die sie für minderwertig halten“, sagte Knobloch.

Zur Startseite