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Leon R. (rechts) und weitere Eisenacher Neonazis am 29. August in Berlin.

© Julius Geiler

Neonazi-Kämpfer von „Knockout 51“: Wie Rechtsextreme Polizisten jagten

Militant und voller Hass: Offizielle Dokumente belegen, wie brutal Mitglieder einer Thüringer Neonazi-Verbindung vorgegangen sind.

Berlins Mitte gleicht am 29. August 2020 einem Fahnenmeer. Von der Siegessäule bis zur Friedrichstraße sind die Straßen mit Zehntausenden Demonstranten gefüllt, viele von ihnen tragen bunte Friedens- oder Regenbogenfahnen, andere schwarz-weiß-rote Reichsflaggen oder Banner mit Symbolen der „Q-Anon”-Bewegung.

Es ist eine obskure Mischung und gleichzeitig ein mittlerweile gewohntes Bild bei den, zu diesem Zeitpunkt, seit Monaten andauernden Protesten gegen die Corona-Maßnahmen. Am Abend dieses denkwürdigen Protesttages werden mehrere hundert Menschen versuchen, den Reichstag zu stürmen. Das Unterfangen misslingt, kurz vor dem Eingang werden sie von Polizisten gestoppt.

Doch schon früher am Tage kommt es zu Ausschreitungen. Im Fokus: die Straße Unter den Linden vor der Russischen Botschaft. Hier sammeln sich vor allem Unterstützer der Reichsbürgerbewegung, die immer wieder mit Einsatzkräften aneinandergeraten. Mittendrin Leon R. und weitere Mitglieder der rechtsextremen Kampfsportverbindung „Knockout 51”. Die Gruppe um R. hat sich aus dem thüringischen Eisenach mit dem Plan, gezielt Polizisten anzugreifen, auf den Weg nach Berlin gemacht.

Faustschläge auf vorbeilaufende Polizisten

In der Masse auf der Straße fallen sie sofort auf. Sie sind jung, durchtrainiert und tragen als einzige Masken oder sind komplett vermummt. Nachdem sie kurzzeitig die Lage vor der Botschaft sondieren, greifen sie aktiv in das Geschehen ein. Das belegen Videoaufnahmen, die dem Tagesspiegel vorliegen. Mit mehreren brutalen Faustschlägen attackiert die Gruppe vorbeilaufende Polizisten, um daraufhin wieder in der Menge unterzutauchen. 

Seit April sitzen R. und drei seiner Mitstreiter in Untersuchungshaft. Ihnen wird die Bildung einer kriminellen rechtsextremen Vereinigung vorgeworfen. Rädelsführer Leon R. soll zugleich Verbindungen zur rechtsterroristischen „Atomwaffendivision” gepflegt haben.

Laut Bundesgerichtshof habe die straff strukturierte Gruppierung in ihrer Heimatstadt Eisenach den Versuch unternommen, einen sogenannten „Nazi-Kiez” aufzubauen, in denen die Rechtsextremisten das Sagen haben. Aus einem Dokument des Bundesgerichtshofs werden nun weitere erschreckende Details über die Brutalität der „Knockout 51”-Mitglieder bekannt. Zuerst hatte das Nachrichtenportal „t-online” darüber berichtet. 

Die Ermittler kamen der Gruppe offenbar vor allem durch Telefonüberwachung auf die Schliche. So heißt es in dem Papier: „Der dringende Tatverdacht beruht wesentlich auf Erkenntnissen aus Telekommunikations- und Pkw-Innenraumüberwachungen und auf gesicherten Chatnachrichten“.

Durch diese Erkenntnisse wird ersichtlich, dass sich die Polizisten-Attacke der Gruppe bei der Berliner Corona-Demo in eine Reihe von Übergriffen auf Einsatzkräfte einreiht. 

Jagd auf Beamte und Linke

So soll am 4. Februar 2022 ein mutmaßliches Mitglied der Neonazis, Erik K., mit einer weiteren Person in Eisenach einen Polizeibeamten regelrecht gejagt haben. Bei einer privaten Feier in einem Garagenhof soll das Duo gezielt einem privat anwesenden Polizisten mehrmals ins Gesicht geschlagen haben. Dem 19-jährigen Beamten brechen die Kampfsportler das Jochbein, den Kieferknochen und die Augenhöhle.

Die beiden Neonazis hatten zuvor erfahren, dass der Polizist bei der Party anwesend sei und machten sich dann extra auf den Weg. Als der junge Mann nach dem Angriff zu fliehen versuchte, soll K. ein Messer gezückt und angedeutet haben, sein Opfer zu finden, wenn er nicht aus der Stadt wegziehe. 

Zu erkennen an der Vermummung: Mitglieder von „Knockout 51“ bei der Querdenken-Demonstration am 29. August 2020 in Berlin.

© Julius Geiler

Auch bei zahlreichen weiteren Corona-Demonstrationen traten die „Knockout 51”-Mitglieder laut Bundesgerichtshof in Erscheinung. So soll einer der Rechtsextremisten am 7. November 2020 eine leere Glasflasche auf Polizisten geworfen haben. Neben dem Hass auf Polizisten richtete sich die Gewalt der Thüringer Neonazis vor allem gegen Linke. So attackierten die Rechtsextremisten linke Gegendemonstranten bei Protesten der Querdenken-Szene in Leipzig und Kassel.

Bei einem Überfall auf eine Party der linken Szene griff R. mit einer weiteren Person mehrere Gäste der Feier brutal an. Eines der Opfer ging bewusstlos zu Boden. Bei einer Anklage der Bundesanwaltschaft erwartet die Mitglieder von „Knockout 51” Haftstrafen von bis zu fünf Jahren. 

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