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Wahlkampfabschluss der PIS am 11. Oktober in Chelm. In der Mitte: PiS-Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski.

© imago images/ZUMA Press

Parlamentswahl in Polen: Umfragen sagen nationalkonservativer PiS hohen Sieg voraus

Am Sonntag wählen die Polen ein neues Parlament. Die regierende PiS könnte dabei noch deutlich besser abschneiden als 2015. Das sind die Gründe.

Wer versteht die Bürger besser: die liberalen großstädtischen Eliten oder die Nationalkonservativen, die in den Metropolen auf Ablehnung stoßen, aber in den Kleinstädten und auf dem Land große Unterstützung finden? Die Parlamentswahl an diesem Sonntag wird Polen und Deutsche an die sozialgeografischen Machtverhältnisse erinnern. Die Mehrheit lebt nicht in Großstädten, sondern in der Peripherie.

Laut Umfragen wird die Regierungspartei PiS ihren Vorsprung vor der Konkurrenz deutlich ausbauen. 2015 hatte sie die Wahl mit 37,6 Prozent gewonnen. Das reichte wegen Besonderheiten des Wahlrechts – eine Mischung aus Proporz- und Mehrheitswahlrecht – für die absolute Mehrheit im Parlament. 2019 wird sie den Vorsprung wohl auf 46 Prozent der Stimmen ausbauen.

Die liberale Bürgerkoalition, die von 2007 bis 2015 unter dem Namen Bürgerplattform regiert hatte, hat sich nach dem Verlust der Macht gefangen. Vielleicht wird sie sogar leicht zulegen im Vergleich zu den 24,1 Prozent vor vier Jahren.

Vielleicht auch nicht, da sind sich die Demoskopen nicht einig. Jedenfalls wird ihr Rückstand auf die PiS wachsen. Die Rückeroberung der Macht ist nicht in Sicht.

Opposition hat nicht zu alter Stärke zurückgefunden

Weitere Parteien haben sich aus Sorge, an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern, zusammengetan. Der vereinigten Linken werden 13 Prozent vorhergesagt. Der Bauernpartei PSL, die mit der Protestbewegung Kukiz ’15 antritt, um sechs Prozent. Unter der Annahme, dass die extrem rechte „Konfederacja“ unter fünf Prozent bleibt, werden im Sejm vier Parteien vertreten sein statt bisher sechs.

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2015 meinten viele, der Sieg der PiS damals erkläre sich in erster Linie durch die Affären und Skandale am Ende von acht Jahren Regierung der Bürgerplattform. Die sei ausgelaugt, es bestehe aber die Hoffnung, dass sie sich in der Opposition erhole und 2019 an die Macht zurückkehre. So wie vor 12 Jahren. 2005 kam die PiS schon einmal an die Regierung, allerdings nur für zwei Jahre, weil sie Fehler beging und sie damals eine Koalition mit einer noch rechtspopulistischeren Partei bilden musste, die 2007 absprang.

Ein Spaßvogel hat das Ergebnis der Europawahl in Polen auf die Karte des geteilten Deutschland übertragen. Die PiS dominiert im Osten (DDR), die demokratische Opposition im Westen (RFN=Bundesrepublik) sowie in Warschau, das die Stelle West-Berlins einnimmt.
Ein Spaßvogel hat das Ergebnis der Europawahl in Polen auf die Karte des geteilten Deutschland übertragen. Die PiS dominiert im Osten (DDR), die demokratische Opposition im Westen (RFN=Bundesrepublik) sowie in Warschau, das die Stelle West-Berlins einnimmt.

© wiadomosci.pl

So kam die Bürgerplattform an die Macht. Sie setzte auf gute Bedingungen für die Wirtschaft, gute Beziehungen zu Deutschland und zur EU, vernachlässigte aber die Sozialpolitik. Diesen Fehler könne man leicht korrigieren, redete sie sich ein. Die Hoffnung hat sich als Irrtum erwiesen.

Die PiS machte Sozialpolitik zu ihrem Programm und „Dobra zmiana“ zu ihrem Schlagwort: eine „Wende zum Guten“. Das Kindergeld wurde auf 500 Zloty (115 Euro) vervielfacht, zunächst ab dem zweiten Kind. Kurz vor der Wahl wurde die Wohltat auf das erste Kind erweitert. „500 plus“ ist zum Symbol geworden, dass die PiS die Bürger in der Peripherie im Blick hat, die weder studiert noch gut bezahlte Jobs haben. Rentner bekommen im Wahljahr ein „13. Monatsgehalt“, zunächst einmalig.

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Langfristig soll es zur Regel werden, ebenso ein Mindestlohn von 1000 Euro ab 2023. Warnungen, die PiS könne die Sozialpolitik nicht finanzieren, liefen ins Leere. Die Wirtschaft wächst dynamisch, 2018 um fünf Prozent.

Konflikte mit Russland und Deutschland

In der Geschichts- und Außenpolitik knüpft die PiS an Zeiten an, in denen Polen regionale Großmacht war und „von Meer zu Meer“ reichte, von der Ostsee bis fast ans Schwarze Meer. In der „Drei-Meere-Initiative“, die Mittelmeeranrainer einschließt, will die PiS diesen Einfluss erneuern.

In den Museen lässt sie Leiden und Heldentum besingen. Als Belege für ihren Patriotismus inszeniert sie Konflikte mit den angeblich übermächtigen Nachbarn Deutschland und Russland. Man dürfe sich ihnen nicht beugen.

Aus dem Machtverlust von 2007 hat die PiS die Lehre abgeleitet, dass sie alle Machtpositionen mit eigenen Leuten besetzen müsse, darunter das staatliche Fernsehen und das Justizwesen. Das weckt Misstrauen bei Polens Liberalen und bei der EU-Kommission. Sie sehen Demokratie und Rechtsstaat bedroht. Für viele Wähler haben diese Bedenken wenig Gewicht gegenüber den Erfolgen im Sozialen und beim neuen Selbstwertgefühl.

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