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Kubanische Ärzte und medizinische Fachleute kommen in Italien an.

© dpa/Antonio Calanni

Umstrittene Unterstützung in der Corona-Krise: Europa sollte China, Russland und Kuba dankbar sein für ihre Hilfe

Ob uneigennützig oder nicht, Länder wie China und Kuba helfen in der Corona-Krise. Von „europäischer Solidarität“ ist dagegen wenig zu sehen Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Das erste Team aus China kam am 13. März in Rom an. Es brachte 31 Tonnen dringend benötigtes medizinisches Material – Schutzanzüge, Gesichtsmasken, Beatmungsgeräte. Wenige Tage später telefonierten Xi Jinping und Italiens Premier Giuseppe Conte. Das nächste Team aus China flog am 18. März direkt nach Mailand. Hilfsflüge in der Coronakrise gehen auch nach Spanien und Frankreich.

Nach den Chinesen kamen die Russen. Neun Iljuschin-Transportflugzeuge landeten am vergangenen Sonntag in Italien mit Virologen, Epidemiologen und medizinischem Gerät an Bord. „Nie zuvor sind so viele russische Flugzeuge in ein Nato-Land gekommen“, schrieb „La Repubblica“. Andere Zeitungen titelten, in Anspielung auf James Bond, „From Russia With Love“ (Liebesgrüße aus Moskau).

Die Einwände gegen China, Russland und Co türmen sich

Kurz nach den Russen, ebenfalls noch am Sonntag, erreichte eine medizinische Brigade aus Kuba die Lombardei, mit 37 Ärzten und 15 Krankenschwestern. Zuvor waren sie in Afrika zur Bekämpfung der Ebola-Krankheit eingesetzt worden.

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Wann immer solche Nachrichten bekannt werden, schnellen in Europa die warnenden Zeigefinger hoch. Einwand türmt sich auf Einwand. Dann heißt es: Chinesen, Russen und Kubaner wollen bloß ihr Image aufpeppeln, einen Keil zwischen die Länder der Europäischen Union treiben.

Verfolgen die Länder nur geopolitische Interessen?

China will vergessen machen, wie schlimm das Regime auf den ersten Ausbruch der Covid-19-Krankheit reagiert hatte, außerdem erhofft sich Peking zusätzlichen Einfluss, um das Seidenstraße-Projekt voranzutreiben. Und schließlich hat das Land ja selbst nach eigenen Angaben das Schlimmste überwunden. Da fällt Hilfe nicht schwer.

Hilfslieferungen aus China landen in Wien.
Hilfslieferungen aus China landen in Wien.

© dpa/Georg Hochmuth

Russland wiederum spekuliert auf die Hilfe Italiens, Spaniens und Frankreichs, um die wegen der Krim-Annexion verhängten Sanktionen abzuschütteln. Auch Kuba braucht internationale Solidarität. Kurzum: Diese Länder helfen alle nur aus Eigennutz, in Wirklichkeit verfolgen sie knallharte geopolitische Interessen. So heißt es.

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Mag alles sein, aber sie helfen. Diese einfache Replik hebelt die Wucht der Bedenkenträger aus, die das Positive oft auch deshalb nivellieren wollen, weil es sie an die eigene Passivität erinnert. An ihr Wegschauen, an ihr Schweigen. Dabei weiß jeder: Wer einen Ertrinkenden rettet, weil er hofft, dafür eine Anerkennungsmedaille zu bekommen, rettet trotzdem einen Menschen. Das zählt.

Die Notleidenden sind allen dankbar, die helfen

Die Notleidenden in Italien, Spanien und Frankreich fragen nicht nach den Gründen derjenigen, die ihnen helfen. Sie sind allen dankbar, die es tun. Sie vermissen die Hilfe aus Europa und denken an Dutzende von Gelegenheiten, in denen, auch aus Berlin, an „europäische Solidarität“ appelliert worden war. Selten zuvor haben die Worte „Europa“ und „Einheit“ einen derart bitteren Nachgeschmack verursacht wie heute, in der Coronakrise.

China, Russland und Kuba helfen. Sie tun das wahrscheinlich nicht aus uneigennützigen Motiven. Mag sein, aber sie helfen. Das zählt.

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