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Eine Person wird im Impfzentrum geimpft.

© Friso Gentsch/dpa

Urlaub 2021: Die Zweitimpfung für eine Reise vorverlegen – geht das?

In Deutschland sind bisher nur wenige vollständig geimpft. Um trotzdem einfacher Urlaub machen zu können, versuchen manche, früher an ihre Zweitimpfung zu kommen.

Endlich wieder an den Strand oder in die Berge fahren, sich in den Flieger setzen und am Hotelbuffet schlemmen – und das ohne negativen Corona-Test vorzuweisen und mit weniger Ansteckungssorgen, weil man vollständig geimpft ist. Davon träumen derzeit wahrscheinlich viele Menschen in Deutschland.

Bislang sind laut Impfdashboard der Bundesregierung allerdings nur rund elf Prozent vollständig geimpft, rund 38 Prozent sind mindestens einmal geimpft. Und mit der vollständigen Impfung bis zu den Sommerferien dürfte es für viele knapp werden.

Die Impfpriorisierung soll in Deutschland erst am 7. Juni aufgehoben werden. Dann können sich alle Bürger unabhängig von Alter, Vorerkrankung oder anderen Risikofaktoren einen Impftermin geben lassen. In Berlin, Brandenburg und Hamburg beginnen die Schulferien allerdings schon am 24. Juni, in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sogar schon am 21. Juni.

Wer in diesen Tagen seine Erstimpfung bekommt, dessen Zweitimpfung fällt sehr wahrscheinlich mitten in die Sommerferien. Für alle Reiselustigen also mehr als ungünstig. Einige scheinen die Zweitimpfung nun vorziehen zu wollen. Das jedenfalls berichten in einigen Bundesländer die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Gesundheitsministerien.

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Die Kassenärztliche Vereinigung in Thüringen berichtet davon, dass für etwa 1000 bereits vereinbarte Zweittermine in Impfzentren der Wunsch besteht, diese vorzuziehen. Auch Christian Wehry, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung in Brandenburg, weiß von einem "vermehrten Bürgerwunsch auf Vorverlegung". Eine genaue Anzahl an Terminen, auf die das zutrifft, konnte er auf Anfrage aber nicht nennen.

Berlin sind keine Impfverschiebungen bekannt

"In unseren Impfzentren erscheinen Menschen tatsächlich weit vor ihrem Zweittermin und fordern einen früheren Termin ein, um schneller durchgeimpft zu sein", erzählt Martin Helfrich, Sprecher der Hamburger Gesundheitsbehörde.

Im Gesundheitsministerium in Rheinland-Pfalz wiederum ist von vereinzelten Fällen die Rede. Auch der Senatsgesundheitsverwaltung sind solche Wünsche nach Terminverschiebungen wegen Urlaub derzeit nicht bekannt, wie sie auf Anfrage mitteilt. Auch die KV Berlin kann dazu nichts sagen.

Aber geht das so einfach, den Zweittermin vorzulegen? Der Hamburger Behördensprecher Helfrich winkt ab. Zum einen sei das allein schein aus praktischen Gründen nicht möglich. Wer ohne Termin zum Impfzentrum komme und sofort die Zweitimpfung wünsche, für den sei der Impfstoff gar nicht sofort vorhanden. Bei der KV in Brandenburg heißt es dazu: "Würde es Verschiebungen in großem Umfang geben, dann käme das gesamte System der Terminvergabe durcheinander."

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Zum anderen ist eine Vorverlegung auch aus Wirksamkeits-Gründen nicht zu empfehlen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt für die Impfungen mit den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna ein Intervall von sechs Wochen, bei Astrazeneca sind es zwölf Wochen. Seit kurzem ist für Astrazeneca auch ein Intervall von vier bis zwölf Wochen möglich. Das können die Praxen flexibel handhaben.

Die Stiko empfiehlt allerdings das Intervall von zwölf Wochen auszuschöpfen, um eine bessere Wirksamkeit zu erreichen. Die Wirksamkeit einer zweimaligen Impfung im Abstand von vier bis acht Wochen liegt laut einem Bericht der europäischen Zulassungsbehörde EMA bei 50,4 Prozent. Bei zwölf und mehr Wochen steigt sie auf 72,1 Prozent bis 82,4 Prozent an.

Die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek betonte zuletzt im NDR-Podcast "Das Coronvirus-Update", wie wichtig die Zweitimpfung sei. Erst zwei Wochen nach dem zweiten Termin habe man vollen Impfschutz. Sie plädierte dafür, die Menschen besser darüber aufzuklären, „dass nicht sofort ein Schutz besteht“. Der Impfschutz werde mit der zweiten Dosis nicht nur gesteigert, sondern auch erst langfristig verankert.

Arztpraxen haben es in der Hand

In Niedersachsen, so erklärt Detlef Haffke, Sprecher der dortigen Kassenärztlichen Vereinigung, können Zweitimpfungen mit Astrazeneca in den Praxen vorübergehend auch ab der neunten Woche stattfinden. Nach einer Verkürzung auf vier Wochen würden einige Patienten aber auch fragen. "Damit sie mit größeren Freiheiten einen Urlaub antreten können." Die genauen Terminplanungen lägen letztlich in den Händen der Arztpraxen.

Haffke gibt aber zu Bedenken: "Grundsätzlich müssen sich Bürgerinnen und Bürger fragen, welche Prioritäten Sie setzen wollen: Ein Schutz gegen schwerwiegende Erkrankungen durch das Corona-Virus oder einen Urlaub."

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In Hamburger Impfzentren etwa, so berichtet der Sprecher der Gesundheitsbehörde, ist der Zweittermin für Astrazeneca weiterhin nur nach zwölf Wochen zu bekommen. "Es ist auch medizinischer Sicht einfach nicht sinnvoll, wenn jemand schon nach drei Wochen seine Zweitimpfung haben möchte", sagt Martin Helfrich.

"Wenn sehr viele Menschen früher als geplant geimpft werden, bedeutet das auch, dass weniger ihre Erstimpfung erhalten können, die auch schon sehr gut schützt." Hinter der Frage steckt also auch ein solidarischer Aspekt.

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, wirbt dafür, Impftermine nicht aufgrund von Urlaub zu verschieben. "Wenn jetzt jeder die Termine so plant, wie es ihm am besten passt, kommt es zu Buchungsproblemen", sagte Buyx jüngst bei der Online-Diskussion "Zusammen gegen Corona live" des Bundesgesundheitsministeriums. Derzeit nimmt sie allerdings nicht wahr, dass es viel Egoismus bei der Terminvergabe gäbe.

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Was sind Gründe für eine Verschiebung?

In welchen Fällen aber kann der Zweittermin verschoben werden? Ein geplanter Urlaub ist in jedem Fall kein Grund. Letztlich gibt es nur wenige Fälle, in denen eine Verschiebung infrage kommt: Bei einer Erkrankung, einem Krankenhausaufenthalt, einer Reha oder einem Todesfall in der Familie.

Und was ist, wenn jemand einfach nicht zur Zweitimpfung erscheint? Städte und Landkreise - zum Beispiel in Bayern - kündigen an, dass sie ein solches Verhalten nicht akzeptieren werden. „Urlaubs- und Freizeitpläne sind der Impfung unterzuordnen“, sagt ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums. Es könne auch bitter für Terminschwänzer werden: „Die Impfzentren wurden darauf hingewiesen, Impflingen, die aus solchen Gründen den Termin verschieben wollen, keinen Ersatztermin anzubieten.“ (mit dpa)

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