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Ein Mann geht an Wahlplakaten des französischen Präsidenten Macron und der Präsidentschaftskandidatin der rechtsextremen Partei Rassemblement National (RN), Le Pen, im Südwesten Frankreichs vorbei. Die Präsidentschaftswahlen werden in zwei Runden am 10. und 24. April 2022 stattfinden.

© Bob Edme/AP/dpa

Vor der Präsidentschaftswahl: In Frankreich entscheidet sich Europas Schicksal

Brüssel hofft auf einen Sieg Macrons bei der Wahl in Frankreich. Ein Triumph Le Pens hingegen wäre eine Katastrophe - auch für Europa. Ein Kommentar.

Ein Sieg von Marine Le Pen bei der Präsidentschaftswahl würde nicht nur Paris in ein politisches Chaos stürzen. Die Folgen eines Triumphes der Rechtsextremen wären auch für die Europäische Union kaum abzusehen.

Vieles erinnert an die Zeit kurz vor der Brexit-Abstimmung oder dem Wahlsieg Donald Trumps. Marine Le Pen hat zwar versucht, ihr Image aufzupolieren. Die kosmetischen Korrekturen können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Programm europa- und fremdenfeindlich bleibt.

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So tritt sie zwar nicht mehr für einen „Frexit“, einen französischen EU-Austritt, ein, sondern für eine Allianz der Nationalstaaten. Doch ihr Ziel bleibt die Zerstörung der EU. Jedes Land solle nur noch bei gemeinsamen Projekten mitmachen, wenn es ihm passt. Das würde das Ende der europäischen Solidarität bedeuten.

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Der Kampf gegen die tiefgreifenden Krisen, die den gesamten Kontinent bedrohen, kann aber nur gemeinsam gewonnen werden. Das gilt nicht nur für die Folgen der Corona-Pandemie, auch der Klimawandel macht nicht an den Grenzen der Nationalstaaten halt. Und was von einer Präsidentin Le Pen im Ukraine-Krieg zu erwarten wäre, die Millionenschulden bei einer russischen Bank hat und Putin als politisches Vorbild preist, lässt sich unschwer ausmalen.

Le Pens Sieg hätte nur einen Vorteil

Die Hoffnung hat aber einen Namen: Emmanuel Macron. Doch auch sein möglicher Wahlsieg wird in der EU und der Nato mit gemischten Gefühlen gesehen. Der Amtsinhaber gilt nach außen zwar als glühender Verfechter Europas, aber er betreibt oft eine rücksichtslose Interessenpolitik.

So propagiert er gebetsmühlenartig die europäische Souveränität. Die ist ihm vor allem dort wichtig, wo sie der französischen Wirtschaft nutzt. Dasselbe gilt für den Klimaschutz, wo er schamlos die Interessen der Atomindustrie durchdrückt. Dass er sich für den Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion einsetzt und vor allem die französische Rüstungsindustrie im Auge hat, stört nicht nur die Nato-Partner.

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Spannende Zeiten würde sein Sieg auch in Sachen Staatsfinanzen bedeuten. Zuletzt hat Macron immer wieder betont, dass er die strengen europäischen Fiskalregeln als überholt ansieht und sich weitere schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme nach dem Vorbild des Corona-Hilfspakets vorstellen kann.

Mit der bisherigen Position der Regierung in Berlin ist das nicht vereinbar. Deutschland und Frankreich müssten ihr Verhältnis also noch einmal grundsätzlich austarieren. Würde dagegen Marine Le Pen in den Élysée-Palast einziehen, wären die Fronten zwischen Paris und Berlin von Anfang an sehr genau geklärt. Das wäre der einzige Vorteil ihres Sieges.

Knut Krohn

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