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Elon Musk.

© REUTERS/Mike Blake

Welche Ziele verfolgt der Tesla-Chef?: Elon Musks Einstieg bei Twitter kann der Welt nicht egal sein

Der spleenige Milliardär Elon Musk hält sich für einen Meinungsfreiheits-Absolutisten. Trump-Anhänger freuen sich schon. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Oliver Voß

Elon Musk ist einer der visionärsten Unternehmer unserer Zeit und zugleich ein unglaubliches Großmaul. Damit passt er zu Twitter, wo sich jede Menge Lautsprecher finden, die auf der Jagd nach Likes immer neue Zuspitzungsspiralen befeuern. Dass Musk nicht nur eifriger Twitterer ist, sondern, wie Anfang April bekannt wurde, mit einer Beteiligung von 9,2 Prozent auch größter Anteilseigner der Twitter Inc., passt daher einerseits gut zusammen. Doch andererseits hat das Netzwerk jetzt ein Problem.

Der Großaktionär ist hier weiterhin laut. So forderte er bereits „bedeutende Verbesserungen“ oder fragte, ob man die Firmenzentrale in eine Obdachlosenunterkunft umwandeln sollte. Vielleicht eine gute Idee, mag jeder denken, der die apokalyptische Armut rund um das Twitter-Hauptquartier im Herzen San Franciscos schon einmal mit eigenen Augen gesehen hat. Doch dass sich der reichste Mann der Welt nicht plötzlich in einen barmherzigen Samariter verwandelt hat, zeigt sich schon daran, dass er den entsprechenden Tweet wieder gelöscht hat.

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Schon früher sorgte Musk, der auch der Tesla-Chef ist, mit wilden Tweets für Chaos. Dabei weiß man oft nicht, ob Musk aus Langeweile, Witz oder Trollerei schreibt. Klar ist nur, dass Twitter für ihn der wichtigste und billigste Marketingkanal ist. Immer wieder hat er mit Tweets die Aktienkurse seiner eigenen Firmen massiv beeinflusst und dafür Ärger mit der US-Börsenaufsicht bekommen.

"Reißerische Produktanpreisung"

Wohin seine falschen Versprechen führen, zeigt auch Tesla: Seit mehr als fünf Jahren verspricht er selbstfahrende Autos und lässt die Kundschaft für die „Autopilot“- Funktion kräftig zahlen, doch die ist nicht unbedingt überzeugt. Das Lenkverhalten gleiche dem eines „betrunkenen Fahranfängers“, klagte ein Käufer gerade vor dem Landgericht Darmstadt. In anderen Fällen sorgte der unausgegorene Fahrassistent gar für Verletzte und Tote. Einzelne Angaben von Musk zur Fahrzeugleistung seien nicht verbindlich, argumentieren dessen Anwälte, sondern eine „reißerische Produktanpreisung im Sinne einer Werbeaussage“.

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Auch Twitter wird seinen größten Aktionär und vielleicht wichtigsten Nutzer in solchen Fällen kaum in die Schranken weisen. Die Interessenskonflikte des Mitbesitzers potenzieren sich. Da ist es einerseits gut, dass er, anders als angekündigt, nun doch nicht in den Verwaltungsrat des Unternehmens einzieht und direktes Mitspracherecht erhält. Auch dies erfuhr die Welt via Twitter. Andererseits darf Musk so seine Anteile von derzeit neun Prozent weiter ohne Obergrenze aufstocken, was ihm sonst nicht möglich gewesen wäre.

Beobachter fürchten zudem, dass Musk sich in die Frage einmischt, wie Twitter mit Desinformation und politischer Meinungsmache umgeht. Eine Umfrage, ob Twitter die Meinungsfreiheit genug unterstütze, hat er schon gestartet. Trump-Anhänger fordern Musks Hilfe, um die Twitter-Sperre für den Ex-US-Präsidenten aufzuheben. Sollte der selbst ernannte „Meinungsfreiheits-Absolutist“ dazu beitragen, den größten und gefährlichsten Twitter-Lautsprecher zu reaktivieren, wäre das weitaus problematischer als jedes falsche Marketingversprechen.

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