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Wladimir Putin macht keinen Hehl daraus, dass er die Krim als Teil Russlands sieht.

© imago images/SNA

Putin lässt Macron in Moskau auflaufen: „Wollen Sie, dass Frankreich in den Krieg mit Russland zieht?“

Der französische Präsident verkauft seine Moskaureise als Erfolg. Tatsächlich bewegt sich Wladimir Putin in der Sache nicht, wie seine Aussagen zeigen.

Wladimir Putin machte nach seinem Treffen mit dem französischen Präsidenten, Emmanuel Macron, in Moskau am Montagabend deutlich, dass Russland im Ukraine-Konflikt weiterhin auf seinen Forderungen nach Sicherheitsgarantien gegenüber der Nato beharre.

Er wies Vorwürfe zurück, von Russland würden militärische Aggressionen ausgehen und erklärte, dass Russland die Krim als Teil der Russischen Föderation sehe und diese Zugehörigkeit auch militärisch verteidigen würde. Auch gegen die Nato.

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Macron wiederum betonte, dass Putin und er übereingekommen seien, dass eine Eskalation des Ukraine-Konflikts vermieden werden müsse. „Es ging mir darum, das Spiel zu blockieren, um eine Eskalation zu verhindern und neue Perspektiven zu eröffnen“, sagte der französische Präsident am Tag nach dem Treffen. „Dieses Ziel ist für mich erreicht.“

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Mehr als fünf Stunden dauerte das Gespräch zwischen Putin und Macron in Moskau, sodass die beiden Staatspräsidenten erst einige Stunden vor Mitternacht vor die Presse traten. In seinem Statement erklärte Putin, dass man sich im Kreml bewusst sei, dass Macron „in erster Linie nach Russland gekommen ist, um dringende Fragen der europäischen und globalen Sicherheit zu erörtern“.

Putin beharrt auf Forderungen gegenüber der Nato

In diesem Zuge nannte Putin erneut die bekannten russischen Maximalforderungen an die USA und Nato: Zum einen den Aufnahmestopp weiterer Länder in die Nato. Er sagte dazu auf Nachfrage später: „Wir bewegen uns nicht auf die Nato zu, die Nato bewegt sich auf uns zu. Die Behauptung, Russland verhalte sich zumindest aggressiv, entbehrt also jeglicher Logik.“

Damit bezieht Putin sich auf die Nato-Osterweiterung, also die Aufnahme von ehemaligen Warschauer-Pakt-Mitgliedern in das Bündnis. Die Nato betonte in der Vergangenheit allerdings, dass nie rechtlich verbindliche Zusagen zu einer Osterweiterung der Nato gemacht wurden.

Weitere Forderungen Russlands sind, erklärte Putin, ein Verzicht auf die Stationierung von Waffensystemen an den russischen Grenzen und eine Rückführung der militärischen Infrastruktur des Bündnisses auf den Stand von 1997. Dies würde einen Abzug von Nato-Truppen aus südosteuropäischen Staaten wie Rumänien und Bulgarien beinhalten.

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„Wenn alle Frieden, Ruhe, Wohlstand und Vertrauen wollen, was ist dann falsch daran, keine Angriffssysteme in der Nähe unserer Grenzen zu stationieren? Kann mir jemand sagen, was daran falsch ist?“, fragte Putin im Nachgang. Die Stationierung russischer Soldaten an der ukrainisch-russischen und der ukrainisch-belarussischen Grenze erwähnte er in diesem Zuge nicht.

Er versuchte in seinem Pressestatement außerdem zu suggerieren, die Nato sei keine „friedliche“ Organisation. „Wie sehr das zutrifft, haben viele Nationen aus erster Hand erfahren“, sagte Putin und nannte als Beispiele die Nato-Missionen in Irak, Libyen, Afghanistan und Ex-Jugoslawien.

„Wir glauben, dass die Krim Teil der Russischen Föderation ist.“

Zu den Forderungen Russlands sagte Putin außerdem: „Genau diese zentralen Anliegen wurden in den Antworten der USA und Nato vom 26. Januar leider ignoriert“, sagte Putin. Er bezog sich dabei auf ein Papier, in dem die USA und Nato schriftlich auf oben genannte Sicherheitsforderungen Russlands reagierten und das Anfang Februar öffentlich wurde.

Darin machten die Amerikaner und das Nordatlantik-Bündnis deutlich, dass die meisten russischen Forderungen für sie inakzeptabel seien. Sie erklärten sich allerdings bereit, eine dauerhafte Stationierung von Truppen und bodengestützten Raketenabwehrsystemen in der Ukraine auszuschließen.

Nach einem gut fünfstündigen Gespräch treten Macron und Putin in Moskau vor die Presse.

© imago images/Russian Look

Putin erklärte daraufhin, warum er eine Aufnahme der Ukraine in die Nato als „gefährlich“ ansehe. „Es gibt ein Problem“, sagte er. „Die europäischen Länder, auch Frankreich, meinen, die Krim gehöre zur Ukraine. Aber wir glauben, dass sie Teil der Russischen Föderation ist.“ Sollte die Ukraine die Krim militärisch zurückerobern wollen, würde es „zu einer militärischen Konfrontation zwischen Russland und der Nato kommen.“

In diesem Zuge blickte Putin in Richtung Presse und sagte: „Fragen Sie Ihre Leser, Zuschauer und Nutzer im Internet: Wollen Sie, dass Frankreich in den Krieg mit Russland zieht?“ Russlands Sorgen würden auch von Fragen der gesamteuropäischen Sicherheit diktiert, fügte Putin hinzu.

Der Westen betreibe eine „eine russlandfeindliche Politik“

Putin kritisierte die Darstellung der Nato, Russland sei der Aggressor in der Ukraine-Krise. Er äußerte Unverständnis dafür, warum Militärübungen Russlands nahe der ukrainischen Grenze als „Bedrohung durch eine russische Invasion“ gesehen würden und betonte, dass die Truppen „auf unserem eigenen Territorium“ bewegt würden.

Dass sich die baltischen Staaten durch die russischen Truppenbewegungen in Gefahr sähen, konnte Putin ebenfalls nicht verstehen. Stattdessen sehe er darin einen Vorwand, „um eine russlandfeindliche Politik zu betreiben“ – ein Narrativ, dessen sich der Kreml und staatsnahe Medien regelmäßig bedienen, um die Antwort der Nato auf die russischen Truppenbewegungen an der ukrainischen Grenzen zu delegitimieren.

„Die Nato-Staaten liefern weiterhin moderne Waffen an die Ukraine, finanzieren die Modernisierung der ukrainischen Armee und entsenden Militärspezialisten und Ausbilder“, sagte Putin, um eine angebliche „russlandfeindliche“ Politik der Nato zu begründen.

„Halt es aus, meine Schöne"

Auf die Frage eines Journalisten, ob das Minsker Abkommen noch gültig sei, äußerte sich Putin salopp über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Im Minsker Abkommen ist ein Waffenstillstand in den separatistischen Gebieten der Ukraine vereinbart, sowie eine Amnestie für Kämpfer in den Gebieten Donezk und Lugansk. Diese Gebiete sollen laut Minsk-Abkommen außerdem autonom werden und eigene Regionalwahlen abhalten können.

Dieser Teil des Abkommens ist für den ukrainischen Präsidenten innenpolitisch schwer zu rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund sagte Putin bei der Pressekonferenz über Selenskyj: „Der derzeitige Präsident sagte kürzlich, dass ihm kein einziger Punkt dieser Minsker Vereinbarungen gefällt. Ob es gefällt oder nicht - halt es aus, meine Schöne". Man müsse nun den Mut aufbringen, zuzugeben, was im Abkommen geschrieben stehe.

Der französische Präsident Macron sagte in seinem Statement, Frankreich sehe, dass Russland „eine sehr starke Position“ habe, „die nicht immer mit der europäischen und westlichen Position übereinstimmt“. Man müsse schnell handeln, um eine Eskalation zu vermeiden, sagte Macron.

„Weder Russland noch die Europäer wollen Chaos und Instabilität in einer Zeit, in der die Menschen und der Kontinent so sehr von der Pandemie betroffen sind.“ Am darauffolgenden Dienstag, bevor Macron zu einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Ukraine eintraf, erklärte er, er habe von Putin die Zusicherung erreicht, dass es „weder zu einer Verschlechterung noch zu einer Eskalation kommt“. Wer Putin auf der Pressekonferenz genau zuhörte, konnte durchaus einen anderen Eindruck bekommen. (mit AFP)

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